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international Urgent Action Iran UA-095/2011 Herr SHERKO MOAREFI Der Kurde Sherko Moarefi soll am 1. Mai in der Provinz Kurdistan im Nordwesten des Iran hingerichtet werden. Sherko Moarefi war wegen seiner mutmaßlichen Mitgliedschaft in einer verbotenen kurdischen Oppositionsgruppe der "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) für schuldig befunden worden. Sherko Moarefi war im Oktober 2008 festgenommen und wegen "Handeln gegen die staatliche Sicherheit" und der "Feindschaft zu Gott" zum Tode verurteilt worden. Im Oktober 2009 drohte Sherko Moarefi und zwei weiteren Kurden, Habibollah Latifi und Ehsan Fattahian, die baldige Hinrichtung, nachdem ein Richter in Sanandadsch - der Provinzhauptstadt Kurdistans - ein entsprechendes Urteil ausgesprochen hatte. Hierbei handelte es sich vermutlich um einen Akt der Vergeltung als Reaktion auf die Welle von Attentaten und Attentatsversuchen auf iranische RegierungsbeamtInnen, die sich im September 2009 ereignete. Die Behörden machten damals die verbotene bewaffnete kurdische "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan" (PJAK) für die Attentate verantwortlich. Die PJAK stritt jedoch jede Beteiligung ab. Ehsan Fattahian wurde am 11. November 2009 hingerichtet. Das Todesurteil gegen Sherko Moarefi wurde zunächst von einem Berufungsgericht und anschließend auch von dem Obersten Gerichtshof des Iran bestätigt. Sein Pflichtverteidiger erklärte am 18. Oktober 2009 in einem Interview, dass das Gnadengesuch für seinen Mandanten von der Amnestie- und Begnadigungskommission abgelehnt worden sei. Sein Antrag auf gerichtliche Überprüfung sei ebenfalls abgelehnt worden. Die Hinrichtung von Habibollah
Latifi, ein Wirtschaftsingenieursstudent an der Ilam-Universität im Westen
des Landes, war ursprünglich für den 26. Dezember 2010 anberaumt worden.
Aufgrund internationalen Drucks durch Amnesty International und andere
Organisationen fand die Hinrichtung allerdings nicht statt. Habibollah
Latifi droht zwar nach wie vor die Hinrichtung; bislang ist nach vorliegenden
Informationen jedoch kein neuer Termin für die Exekution festgelegt worden
(siehe UA-271/2009 und Folge-UAs). Nach vorliegenden Erkenntnissen befinden
sich derzeit noch 14 weitere kurdische politische Gefangene im Todestrakt. SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN Ich fordere Sie auf, die für
den 1. Mai 2011 anberaumte Hinrichtung gegen Sherko Moarefi auszusetzen. APPELLE AN RELIGIONSFÜHRER OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT KOPIEN AN BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK
IRAN Bitte schreiben Sie Ihre Appelle
möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch,
Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell
an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. Mai 2011 keine
Appelle mehr zu verschicken. Die Kurden sind eine der zahlreichen ethnischen Minderheiten im Iran und leben vor allem im Westen und Nordwesten des Landes, in der Provinz Kurdistan und in Nachbarprovinzen, die an kurdische Gebiete in der Türkei und im Irak grenzen. Sie sind religiöser, wirtschaftlicher und kultureller Diskriminierung ausgesetzt (siehe Human rights abuses against the Kurdish minority http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/088/2008/en). Daher stehen kurdische Organisationen wie die "Demokratische Partei Kurdistan-Iran" (KDPI) und die marxistische Gruppe Komala seit Jahren in bewaffneter Opposition zur Islamischen Republik Iran. Farhad Taram, ein mutmaßliches Mitglied der KDPI, wurde kurdischen Quellen zufolge heimlich im Februar 2011 exekutiert. Die 2004 gegründete "Partei für ein Freies Leben in Kurdistan" (PJAK) verübte anfänglich Anschläge gegen iranische Sicherheitskräfte, hat aber 2009 einen Waffenstillstand verkündet. Es kommt allerdings nach wie vor zu bewaffneten Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften, die die PJAK als "Selbstverteidigung" bezeichnet. Hossein Khezri, ein Mitglied der kurdischen Minderheit im Iran, ist vermutlich am 15. Januar 2011 im Nordwesten des Landes hingerichtet worden. Er war aufgrund seiner Mitgliedschaft in der PJAK der "Feindschaft zu Gott" für schuldig befunden worden. Die iranischen Behörden haben verlauten lassen, dass am 15. Januar 2011 ein PJAK-Mitglied hingerichtet worden ist, den Namen der betreffenden Person jedoch nicht mitgeteilt. Am 16. Januar 2011 hat die PJAK eine Erklärung veröffentlicht, in der sie eine "angemessene Reaktion" auf die nach Meinung der Partei definitiv stattgefundene Hinrichtung von Hossein Khezri am 15. Januar ankündigt und zu einer Woche des "Widerstands" gegen den Iran aufruft. Amnesty International verurteilt ohne Einschränkung Angriffe auf Zivilpersonen, zu denen auch RichterInnen, Geistliche und lokal oder national gewählte BehördenvertreterInnen gehören, da Angriffe auf Zivilpersonen gegen grundlegende Prinzipien des humanitären Völkerrechts verstoßen. Diese Grundsätze verbieten jegliche Angriffe auf Zivilpersonen sowie willkürliche und unverhältnismäßige Angriffe. Solche Gewalttaten sind durch nichts zu rechtfertigen. Im Iran gelten viele Vergehen als Kapitalverbrechen, unter anderem auch "Feindschaft zu Gott" (moharebeh). Gegen letzteres können vier mögliche Strafen verhängt werden, unter anderen auch die Todesstrafe. Der Anklagepunkt moharebeh wird oft bei bewaffnetem Widerstand gegen den Staat erhoben, aber auch bei anderen Verstößen gegen die nationale Sicherheit, z. B. Spionage. Mindestens 13 weitere kurdische Männer und eine Frau sollen derzeit wegen Mitgliedschaft und Mitwirkung in verbotenen kurdischen Organisationen im Todestrakt einsitzen. Zu ihnen gehören Sami Hosseini, Jamal Mohammadi, Rashid Akhkandi, Rostam Arkia, Anvar Rostami, Mostafa Salimi, Mohammad Amin Abdollahi, Ghader (oder Aziz) Mohammadzadeh, Hassan Talai, Habibollah Golparipour, Abdollah Sorouri, Loghman (oder Loqman) Moradi, Zaniar Moradi (zum Zeitpunkt seiner Festnahme erst 17 Jahre alt) sowie Zeynab Jalalian. In einigen Fällen wurden zuvor verhängte Gefängnisstrafen in Todesurteile umgewandelt. Im Dezember 2010 und im Januar 2011 war ein alarmierender Anstieg der Hinrichtungen im Iran zu verzeichnen, mehrheitlich wegen illegalen Drogenhandels und -besitzes.. Die Zahl der offiziell angekündigten Hinrichtungen ging im Februar und März zurück, möglicherweise angesichts einer Resolution des UN-Menschenrechtsrates, in der die Entsendung eines Sonderberichterstatters für Menschenrechte in den Iran gefordert wurde. Iranische MenschenrechtsverteidigerInnen befürchten allerdings, dass nach Ende der Nouruz-Ferien (Neujahr) Anfang April wieder mehr Hinrichtungen vollstreckt werden könnten. Berichten zufolge wurden Dutzende Gefangene des Qezel Hesar-Gefängnisses, darunter auch Insassen der Todeszellen, ins Evin-Gefängnis überstellt. Mitte März kam es im Qezel Hesar-Gefängnis zu einem Aufstand; offizielle Medien sprachen von etwa 14 Toten. Wie es hieß, sollen die Aufstände unter anderem durch Versuche der Behörden ausgelöst worden sein, Insassen des Todestraktes hinrichten zu lassen (weitere Informationen finden Sie auf Englisch unter Deaths in Iranian prison must be investigated, http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/deaths-iranian-prison-must-be...). Im Jahr 2010 gaben die iranischen Behörden in 252 Fällen Hinrichtungen bekannt. Unter anderem wurden fünf Frauen und ein jugendlicher Straftäter exekutiert. Amnesty International hat glaubwürdige Angaben über 300 weitere Exekutionen erhalten, die nicht offiziell bestätigt wurden. Die meisten der hingerichteten Personen waren Insassen des Vakilabad-Gefängnisses, die wegen mutmaßlicher Drogendelikte verurteilt worden waren. PLEASE WRITE IMMEDIATELY Urging the Iranian authorities
to halt the execution of Sherko Moarefi, scheduled for 1 May.
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