Wer schweigt, stimmt zu!

– Warum schweigt Europa zu den Angriffen auf Kurdinnen und Kurden in der Türkei?

Im Vorfeld der Parlamentswahlen eskaliert die AKP-Regierung den Krieg und die Angriffe gegen Kurdinnen und Kurden in der Türkei. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass in allen Teilen des Landes Razzien und Verhaftungswellen gegen kurdische PolitikerInnen und AktivistInnen sowie UnterstützerInnen des Wahlbündnisses „Block für Arbeit, Demokratie und Freiheit“ andauern. Im Zuge von Massenprotesten der kurdischen Bevölkerung war der Hohe Wahlrat der Türkei gezwungen gewesen, seine anti-demokratische Entscheidung, die KandidatInnen des Wahlblocks von den Wahlen auszuschließen, wieder rückgängig zu machen. Demgegenüber wurden allein in den Tagen zwischen dem 24. März und dem 11. Mai 2011 mindestens 2.506 Personen verhaftet; unter ihnen befinden sich auch Kinder und Jugendliche sowie Frauen im Alter von bis zu 70 Jahren. Während die Gefängnisse überfüllt sind, kommen täglich neue Festnahmen hinzu. Die kurdischen Gebiete befinden sich defacto im Ausnahmezustand.

Obwohl die kurdischen Volksverteidigungskräfte seit August 2010 eine Defensivposition eingenommen haben, um Initiativen für einen Dialog zum Frieden zu unterstützen, weitet die türkische Armee ihre Militäroperationen unter Einsatz von schweren Waffen, Helikoptern und Giftgas in den kurdischen Gebieten aus. Seitdem wurden Dutzende Guerillas von Soldaten getötet, ihre Leichen geschändet, die Augen ausgestochen, Ohren bzw. Nase abgeschnitten. Nachdem das türkische Militär bei seinen Angriffen zwischen dem 12. und 14. Mai 2011 die Grenze in den Irak überschritten und erneut 12 Guerillakämpfer getötet hatte, gingen zehntausende DorfbewohnerInnen in das Gefechtsgebiet, um die Leichname begraben zu können. Auch sie wurden durch das Militär und Polizei mit Schusswaffen angegriffen.

Insbesondere Aktivistinnen der kurdischen Frauenbewegung, Bürgermeisterinnen sowie Parlamentsabgeordnete der Friedens- und Demokratiepartei BDT, die gemeinsam mit der kurdischen Bevölkerung für ihr Recht auf Bildung in der kurdischen Muttersprache, für ihre Freiheit als Frauen und die Lösung der kurdischen Frage demonstrieren, werden durch staatliche Organe angegriffen, verfolgt und inhaftiert. So wurde die BDP-Abgeordnete Sevahir Bayindir bei einem Polizeiangriff auf eine Friedensdemonstration in Silopi am 3.6.2010 so schwer am Bein verletzt, dass sie seitdem gehbehindert ist. Eine weitere kurdische Abgeordnete, Ayla Akat Ata, wurde am 21.4.2011 nach einer Presseerklärung im Rahmen der Zeltaktion für eine demokratische Lösung in Batman von der Polizei gezielt mit einer Gasbombe angegriffen und verletzt. Auch bei ihr besteht die Gefahr, dass sie bleibende körperliche Schäden davonträgt.

In allen kurdischen Städten und Dörfern protestiert die Bevölkerung seit Tagen ununterbrochen gegen die Angriffe der AKP-Regierung und für Anerkennung ihrer demokratischen Rechte. Obwohl die kurdische Bevölkerung und ihre gewählten VertreterInnen hierbei schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, schweigt die Mehrheit der europäischen Medien und PolitikerInnen bislang zu diesen Vorfällen. Deshalb wendet sich das Kurdische Frauenbüro für Frieden CENI e.V. mit diesem Aufruf an die Öffentlichkeit: Lasst uns gemeinsam das Schweigen brechen!

Die Wahlen in der Türkei, von denen ein wichtiges Signal für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage ausgehen kann, dürfen nicht durch staatliche Repression oder Wahlbetrug manipuliert werden!

Düsseldorf, 19. Mai 2011

Ceni -Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.

 
Flugblatt – PDF-Datei