Kriegsverbrecher als türkischer Generalstabschef?
Designierter
Generalstabschef Necdet Özel befehligte Giftgaseinsatz
Gemeinsame Presseerklärung
von:
Ulla Jelpke, MdB DIE
LINKE.
Andrej Hunko, MdB DIE LINKE.
Ingrid Remmers, MdB DIE LINKE.
Heidrun Dittrich, MdB DIE LINKE.
Harald Weinberg, MdB DIE LINKE.
Cansu Özdemir, MdBü Hamburg DIE LINKE.
Barbara Cardenas, MdL Hessen DIE LINKE.
Bärbel Beuermann, MdL NRW DIE LINKE.
Murat Cakir, Kolumnist Özgür Gündem
Yilmaz Kaba, Landesvorstand DIE LINKE.Niedersachsen
„Wenn der türkische Militärrat tatsächlich am Donnerstag General Necdet
Özel zum neuen Generalstabschef ernennt, wird damit ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher
zum obersten Soldaten der Türkei. Dies wirft ein bezeichnendes Licht auf
die angebliche Demokratisierung der türkischen Armee. Wenn der türkische
Ministerpräsident Erdogan die Streitkräfte so weiterhin in die Hände eines
kompromisslosen Hardliners legt, behindert er damit eine Friedenslösung
für die kurdische Frage. Die bislang von Özel geführte Jandarma ist nicht
nur für unzählige Morde, Folterungen und Grausamkeiten in den kurdischen
Landesteilen verantwortlich. Özel persönlich hat 1999 einen Giftgaseinsatz
gegen kurdische Guerillakämpfer angeordnet. Die PDS hatte damals eine
Kleine Anfrage zu diesem Kriegsverbrechen an die Bundesregierung gestellt.
Während die Bundesregierung damals keine Anhaltspunkte für einen Chemiewaffeneinsatz
durch die türkischen Streitkräfte sehen wollte, beweisen inzwischen Videoaufnahmen
den Einsatz solcher international geächteter Waffen.“
Hintergrund:
In der europäischen
und Teilen der türkischen Öffentlichkeit wird der Rücktritt des Generalstabschefs
Isik Kosaner sowie der Befehlshaber der Armee, der Marine und der Luftwaffe
am Freitag den 29.Juli 2011 überwiegend als Ende der unverhältnismäßigen
Macht des Militärs und Schritt zur Demokratisierung des Landes gewertet.
Zum vorläufigen Generalstabschef und Befehlshaber der Landstreitkräfte
wurde der bisherige Kommandeur der Jandarma (Militärpolizei), Necdet Özel,
ernannt. Özel ist als kompromisslos bezüglich der kurdischen Frage bekannt.
Bereits im Mai 1999 befehligte er als Brigadegeneral einen Einsatz gegen
GuerillakämpferInnen, nahe des Dorfes Balikaya bei Silopi in der Provinz
Sirnak. 20 PKK Guerillas starben in einer Höhle, die mit Gasgranaten beschossen
wurde.
Berichten zufolge kamen dabei chemische Waffen zum Einsatz. Dies ist auch
auf einem Filmmitschnitt, der aus Armeekreisen stammt, zu sehen. Davon
existieren eine 42 Sekunden lange Version, auf You tube (1) und eine ca.
5minütige Version, die u.a. vom Fernsehsender Roj TV ausgestrahlt wurde.
Auf einem Funkmitschnitt ist zunächst zu hören, wie der Befehlhabende
den Befehl gibt, „die notwendigen Maßnahmen“ gegen Guerillas in einer
Höhle „zu ergreifen.“ Dann ist zu sehen und zu hören, wie die Soldaten
sagen, „dass sie nicht in die Höhle gehen könnten, weil die Wirkung des
Gases noch andauere.“ Die Soldaten, die auf einer weiteren Sequenz des
Mitschnitts am folgenden Tag zu sehen sind, erklären, dass sie „eigentlich
noch immer nicht in die Höhle steigen könnten, da der Einfluss des Gases
noch andauert.“ Sie bekommen den Befehl dies trotzdem zu tun und erklären,
„dass sie in permanenter Gefahr wären, sich zu vergiften.“ Die Guerilla
bereits 1999 erklärt, dass auf zwei Arten chemische Kampfstoffe zum Einsatz
gekommen seien. Fotos von der Bergung der Leichen zeigen keine Äußerlichen
Verletzungen. (2) Ulla Jelpke, damals Bundestagsabgeordnete der PDS, hatte
den Vorfall in einer Anfrage an die Bundesregierung thematisiert. Wie
bei weiteren Verdachtsfällen 2010, antwortete die Regierung sehr ausweichend
und verwies darauf, „dass die Türkei, wie die Bundesrepublik Deutschland
Vertragsstaat des am 29. April 1997 in Kraft getretenen Abkommens über
das Verbot Chemischer Waffen (CWÜ) sei und somit den Überwachungsmechanismen
der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) unterliege.“(3)
(1) http://www.youtube.com/watch?v=qqPhbs3rNZo&feature=player_embedded
(2) http://www.firatnews.com/index.php?rupel=nuce&nuceID=47480
(3) (Drucksache 14/1197)
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