Neu-Isenburg, den 22. August 2011
Sehr geehrte Kollegen
und Kolleginnen, Aufgrund einer Anzeige der türkischen Botschaft in Berlin wurde von der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen die Europaweit einzige kurdische Tageszeitung Yeni Özgür Politika Anklage erhoben. Die Verhandlung hierzu wird am 31. August 2011 am Amtsgericht Offenbach am Main geführt werden. Gegenstand des Verfahrens ist eine Presseberichterstattung der Zeitung mit Sitz in Neu-Isenburg/Hessen. In vier Fällen wird der Zeitung ein Verstoß gegen das Vereinsgesetz (§ 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1) vorgeworfen. Die gesamte Verfahrensgeschichte kann nur als problematisch bewertet werden. Ausgangspunkt ist ein Schreiben der türkischen Botschaft an das Auswärtige Amt, in dem die Tageszeitung Yeni Özgür Politika als „PKK Propagandaorgan“ bezeichnet wird. Im Schreiben wird auf eine Meldung aufmerksam gemacht, in der im Rahmen der üblichen Berichterstattung im Layout das Symbol der PKK abgedruckt worden ist und folgende Forderung gestellt: „Die Botschaft der Republik Türkei erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des § 9 der Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 26. November 1993, verboten ist, Kennzeichen der PKK öffentlich in Abbildungen und Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, zu verwenden. (...) Die Botschaft der Republik Türkei bittet, dass die notwendigen rechtlichen Schritte gegen die Zeitung Yeni Özgür Politika eingeleitet werden.“ Daraufhin wurde über das Hessische Ministerium für Justiz und Integration in Europa der Leitende Oberstaatsanwalt in Darmstadt angeschrieben. Dieses Schreiben enthält im Betreff folgenden Inhalt: „Rechtshilfeverkehr in strafrechtlichen Angelegenheiten mit der Türkei“. Fakt ist, dass es in der Druckpresseberichterstattung in der Türkei (wie auch in vielen anderen Ländern) üblich ist, bei Berichten über Institutionen, Parteien und Organisationen deren Embleme abzudrucken. Fakt ist außerdem, dass betreffende Symbole ebenso desöfteren von beispielsweise deutschen und türkischen Printmedien abgedruckt worden ist/wird. Aber darüber hinaus ist es ungeheuerlich, dass die Botschaft einer Regierung, der von der EU als Beitrittshindernis u.a. mangelnde Pressefreiheit attestiert wird, in einem EU-Mitgliedsstaat versucht, ein Vorgehen gegen Presseorgane zu initiieren. Zuletzt hatte sich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angesichts der Inhaftierung Dutzender Journalisten besorgt über die Pressefreiheit in der Türkei geäußert. OSZE erklärte „Derzeit sitzen 57 Journalisten in der Türkei in Haft und die Anzahl der laufenden Prozesse, die zur Inhaftierung von Journalisten führen kann, wird auf 700 bis 1000 geschätzt.“ Nun versucht die türkische
Regierung außerhalb ihrer eigenen Grenzen eine kritische Presseberichterstattung
zum Schweigen zu bringen. Besorgniserregend ist in dieser Sache die Rolle
der deutschen Justiz. Wir bitten Sie darum, auf dieses Verfahren aufmerksam zu machen, diese Erklärung weiterzuleiten und darüber hinaus die Verhandlung zu beobachten. Die Verhandlung findet statt: Am Mittwoch, den 31.
August 2011
Medya Presse und Werbeagentur
GmbH Bankverbindung :
|