Internationale Delegation zur Aufklärung von Kriegsverbrechen und Anklage der Täter Über 120 Massengräber, in denen die Leichen von mehr als 1.500 Menschen vermutet werden, zeugen von der Grausamkeit und den Kriegsverbrechen an der kurdischen Bevölkerung. Seit über 10 Jahren bemühen sich die Samstags- und Friedensmütter, Menschenrechtsvereine und Angehörigenorganisationen wie IHD, TIHV oder MEYA-Der unter schwersten Bedingungen um eine Aufklärung der Massaker der türkischen Armee in den Regionen Siirt, Bitlis, Diyarbakir, Van, Batman, Hakkari, Bingöl, Sirnak, Mardin, Elazig, Agri, Dersim, Igdir und Antep. Erstmalig wurde nun in Zusammenarbeit mit verschiedenen Initiativen, Menschenrechts- und Frauenorganisationen aus Deutschland und der Schweiz eine internationale Delegation zusammengestellt, die im Zeitraum zwischen dem 14. und 25. September 2011 Massengräber in der Region Van bei Catak untersuchen wird. Dort waren am 23. Oktober 1998 bei einer Operation des türkischen Militärs ca. 40 GuerillakämpferInnen der Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) eingekreist und getötet worden. AugenzeugInnen berichten, dass einige der GuerillakämpferInnen unbewaffnet von den Soldaten gefangengenommen und kurz darauf grausam zu Tode gefoltert wurden. Unter den Ermordeten befindet sich auch die Internationalistin Andrea Wolf (Ronahî), die sich den YAJK-Fraueneinheiten in der Guerilla angeschlossen hatte, um für ein Leben in Freiheit und Würde zu kämpfen. Laut Aussagen von AugenzeugInnen wurde Andrea Wolf, die ihre politische Identität als Internationalistin zum Ausdruck brachte, nach der Gefangennahme durch türkische Soldaten zu Tode gequält, gefoltert und vergewaltigt. Folter und Ermordung von wehrlosen Kriegsgefangenen werden durch die Genfer Konvention und internationales Recht als Kriegsverbrechen verurteilt. Trotz vieler intensiver Bemühungen von Menschenrechtsorganisationen, Angehörigen und FreundInnen der Ermordeten wurde dieses Massaker – wie viele andere auch – nach 13 Jahren noch immer nicht rechtskräftig verurteilt. Die Täter leben unbehelligt weiter; bis zum heutigen Tag wurden sie für ihre Verbrechen nicht zur Verantwortung gezogen. Insbesondere angesichts der erneuten Eskalation des Krieges und des immensen Anstiegs von Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und Kurdistan, sind eine Aufklärung der begangenen und die Verhinderung von neuen Kriegsverbrechen dringender denn je zuvor. Dazu ist es einerseits notwendig, dass die militärische, politische und ökonomische Unterstützung der deutschen Regierung und Waffenindustrie für die Türkei umgehend eingestellt wird. Andererseits haben die Erfahrungen in vielen Ländern gezeigt, dass Friedens- und Demokratisierungsprozesse nur über einen offenen Dialog aller Parteien sowie eine Aufarbeitung und Verurteilung der Kriegsverbrechen möglich ist. Hierfür ist eine Vorraussetzung, dass die fachgerechte und qualifizierte Öffnung der Massengräber im Rahmen der UN-Protokolle zur Verhinderung und Aufklärung außergerichtlicher, summarischer oder willkürlicher Hinrichtungen sichergestellt wird. Vor diesem Hintergrund beteiligen sich das Kurdische Frauenbüro für Frieden – CENÎ e.V., die Informationsstelle ISKU e.V., der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. und der Verein für Demokratie und Internationales Recht MAF-DAD e.V. in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis “Andrea Wolf”, der IUK und weiteren engagierten Einrichtungen sowie Gruppen an der Vorbereitung und Durchführung einer Internationalen Delegation, um zur Aufklärung des durch die türkische Armee am 23.Oktober 1998 begangenen Massakers beizutragen und die strafrechtliche Verfolgung der Täter zu erreichen. Wir sehen dies zugleich als einen Schritt dahin, auf den Aufbau einer Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission in der Türkei hinzuwirken, die den Genozid und den Feminizid in der Türkei und Kurdistan ans Tageslicht bringen und den Weg für eine politische Lösung der kurdischen Frage ebnen kann. 1. September 2011 Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V., Informationsstelle ISKU e.V., Rechtshilfefonds AZADÎ e.V., Verein für Demokratie und Internationales Recht MAF-DAD e.V.
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