Pressemitteilung Vorwürfe des türkischen Ministerpräsidenten: Haltlos und politisch gefährlich 4. Oktober 2011 Ralf Fücks und Ulrike Dufner Zu den wiederholten Anschuldigungen des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, die deutschen politischen Stiftungen würden indirekt die in der Türkei verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) finanzieren, erklären Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, und Ulrike Dufner, Büroleiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Istanbul, die sich beide gegenwärtig auf einer Informationsreise in den kurdischen Gebieten der Türkei befinden: "Die Anschuldigungen des türkischen Ministerpräsidenten entbehren jeder sachlichen Grundlage. Weder finanzieren die deutschen Stiftungen Infrastrukturprojekte, noch vergeben sie Kredite. Die Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet in der Türkei vor allem mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, mit Menschenrechtsgruppen, wissenschaftlichen Instituten und Berufsverbänden zusammen. Im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Projektes zur Energieeffizienz in Kommunen gibt es eine Zusammenarbeit mit Gemeinden, die nicht parteipolitisch ausgerichtet ist. Dabei unterhält die Heinrich-Böll-Stiftung auch enge Kontakte zu Gemeindeverwaltungen, die der Regierungspartei AKP nahe stehen. Aus unserer Sicht zielen die Vorwürfe des türkischen Ministerpräsidenten darauf ab, Kontakte der Stiftungen zur politischen Opposition in der Türkei in die Grauzone der Unterstützung der PKK zu rücken. Das gilt insbesondere für die pro-kurdische zivile Opposition. In den letzten zweieinhalb Jahren wurden über 3.000 kurdische Politiker und zivilgesellschaftliche Akteure verhaftet und wegen Unterstützung der PKK angeklagt, darunter zahlreiche Bürgermeister, lokale Abgeordnete und andere Kommunalpolitiker. Wir sehen die Beschuldigungen gegen die deutschen Stiftungen als Teil einer Strategie zur Kriminalisierung der zivilen kurdischen Opposition. Dies wird auch in der tendenziösen Berichterstattung einiger türkischer Medien über unser Gespräch mit dem Bürgermeister des Altstadtbezirks von Diyarbakir, Abdullah Demirbas, deutlich, das wir am 2. Oktober geführt haben. Daraus einen Beleg für unsere angebliche Unterstützung der PKK zu konstruieren, ist abwegig. Es gibt keinerlei finanzielle Zuwendungen der Heinrich-Böll-Stiftung für diese Gemeindeverwaltung. Dagegen halten wir es für selbstverständlich, politische Gespräche mit gewählten Repräsentanten der Kurden zu führen. Wenn man eine friedliche Beilegung des "Kurdenkonfliktes" will, muss man gerade die zivilen Kräfte auf allen Seiten stärken und in Gespräche einbinden. Im Übrigen rief Abdullah Demirbas in unserem Gespräch zu einem Ende der Gewalt auf, um den Raum für eine politische Lösung zu schaffen. Das entspricht auch unserer Haltung. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich in dieser Sache eindeutig vor die deutschen politischen Stiftungen stellt." Interviews und Rückfragen: Pressekontakt: |