Pressemitteilung
DIE LINKE. Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen
Düsseldorf,
den 9.11.2011
Festnahme
Ismail Akbuluts „offensichtlicher Racheakt der Regierung Erdogan“
Am Sonntag, 5. November,
wurde der Vorsitzende des Menschenrechtsvereins IHD in Hakkari, Ismail
Akbulut, am Depin-Kontrollpunkt von türkischen Sicherheitskräften festgenommen.
Die Soldaten und Polizisten an diesem berüchtigten Kontrollpunkt wurden
schon mehrfach wegen Folter angezeigt. Akbulut wurde zunächst für 24 Stunden
ohne Kontakt zur Außenwelt und Anwälten/-innen in Haft gehalten. „Bei
seiner Festnahme handelt es sich offensichtlich um einen Racheakt der
türkischen Behörden gegen eine kritische Stimme“, sagte Bärbel Beuermann,
Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Landtag NRW.
Ismail Akbulut hatte mit anderen den Verdacht auf Einsatz von Chemiewaffen
durch die türkische Armee Ende Oktober 2011 untersucht, einen Bericht
darüber angefertigt und der Presse vorgestellt. Bei 24 in der Leichenhalle
des staatlichen Krankenhauses in Malatya liegenden und teils verstümmelten
Toten, allesamt in einem Gefecht in der Region Hakkari/Cukurca gestorbene
Kämpfer/-innen der Guerilla der PKK, waren keinerlei Schusswunden, dafür
aber Spuren eines offensichtlichen Einsatzes von Chemiewaffen festgestellt
worden.
Eine Kommission aus Vertretern der im türkischen Parlament vertretenen
Demokratischen Friedenspartei BDP, des IHD und des Vereins der Angehörigen
von Gefallenen hatte einen Bericht zu den Vorkommnissen in Hakkari/Cukurca
vorgelegt, vor Ort weitere Leichen geborgen und mit Augenzeugen gesprochen,
die aufgrund ihrer Beobachtungen ebenfalls von einem Einsatz chemischer
Substanzen ausgehen. Die türkischen Behörden verweigern bis heute Informationen
über die Obduktionen und weitere Erkenntnisse.
„Ismail Akbulut und weitere 3900 inhaftierte Aktivisten/-innen, darunter
sechs Parlamentarier/-innen, 16 Bürgermeister/-innen, Journalisten/-innen,
mehrere Vorsitzende von regionalen Verbänden des IHD sowie Frauentherapeuten/-innen
müssen sofort frei gelassen werden“, forderte die Bundestagsabgeordnete
Ulla Jelpke die erst kürzlich von einem Kurdistanbesuch zurückgekommen
ist. „Die Praxis der juristischen Sanktion gegen politische Wirksamkeit
und menschenrechtliches Engagement ist ein Anzeichen einer Diktatur.“
Die Festnahme eines Menschenrechtlers, der sich um die Aufklärung eines
Kriegsverbrechens bemüht, solle allem Anschein nach von dem Verbrechen
selbst ablenken, so Jelpke: „Das ist mehr als zynisch.“
Seit 2009 häufen sich Berichte über den möglichen Einsatz von verbotenen
Waffen durch die türkische Armee. Die Vorfälle in Cukurca müssten lückenlos
aufgeklärt werden, forderten Beuermann und Jelpke. „Die türkische Regierung
muss ihre Politik der Aggression gegen die Kurden/-innen beenden und einen
Friedensdialog und Schritte zur Demokratie realisieren, wenn sie nicht
vollständig ihre Glaubwürdigkeit verlieren will.
Florian Kaiser
Pressesprecher
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