Polizeirazzia
bei kurdischer Trauerfeier
Ausgerechnet
am heutigen Totensonntag hat die Berliner Polizei eine Gedenk- und Trauerfeier
für gefallene kurdische Freiheitskämpfer gestürmt. Eine Hundertschaft
der Polizei hatte am Nachmittag die Räume des Deutsch-Mesopotamischen
Bildungszentrums in Berlin-Kreuzberg abgeriegelt. Die über Hundert Anwesenden
– darunter Angehörige von getöteten Freiheitskämpfern - wurden durchsucht.
Dabei wurden alle mitgeführten Bargeldmittel, die 50 Euro überstiegen,
beschlagnahmt. Offenbar wollte die Polizei so mögliche Spendensammlungen
für den kurdischen Freiheitskampf verhindern. Eine Spendensammlung fand
in der Tat an diesem Tag im Verein statt: für Erdbebenopfer in der kurdischen
Stadt Van.
Laut Polizei habe es sich bei der Razzia um eine Routinekontrolle gehalten.
Dass diese „Routinekontrolle“ ausgerechnet an einem Sonntag stattfindet,
hängt möglicherweise mit der für den kommenden Samstag in Berlin geplanten
Großdemonstration „PKK-Verbot aufheben – Demokratie stärken“ zusammen.
Die Polizei hat diese von der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland
Yek- Kom organisierte Demonstration mit der Begründung verboten, dass
sie einen Tag vor dem Jahrestag der Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans
(27.November 1978) stattfindet. Hintergrund der Demonstration ist allerdings
der 18. Jahrestag der Verkündung des PKK-Verbots vom 26. November 1993
durch das Bundesinnenministerium. Dass dies ein Tag vor dem Jahrestag
der Parteigründung geschah, ist nicht in unserer Verantwortung. Die für
den kommenden Samstag geplante Demonstration, zu der Zehntausend Teilnehmer
aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet werden, wird unter anderem von
einem Dutzend Europa-, Bundestags- und Landtagsabgeordneten der Partei
DIE LINKE, dem Studierendenverband DIE LINKE.SDS sowie der Internationalen
Liga für Menschenrechte unterstützt. Wir haben gegen das Verbot der Demonstration
Widerspruch eingelegt, auf ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts
warten wir seit über einer Woche. Wir sind allerdings zuversichtlich,
dass das Gericht unsere Demonstrationsfreiheit verteidigen wird.
Die türkische Armee ging in den letzten Wochen erneut mit international
geächteten chemischen Waffen gegen Freiheitskämpfer vor. Gleichzeitig
wurden die seit rund 2 ½ Jahren laufenden Massenverhaftungen prokurdischer
Politiker fortgesetzt. Auch renommierte Persönlichkeiten wie der türkische
Menschenrechtsaktivist und Verleger Ragip Zarakolu und die Universitätsdozentin
und Verfassungsrechtlerin Büsra Ersanli wurden unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft
in einer terroristischen Vereinigung verhaftet. Parallel zu diesem repressiven
Vorgehen in der Türkei hat der türkische Ministerpräsident Erdogan vor
drei Woche bei seinem Staatsbesuch in Berlin von der Bundesregierung ein
schärferes Vorgehen gegen die kurdische Freiheitsbewegung in Deutschland
eingefordert. Mit dem Verbot der Großdemonstration und der heutigen Razzia
im kurdischen Kulturverein in Berlin scheint der deutsche Staat diesem
Wunsch von „Sultan Erdogan“ nachzukommen.
Umso mehr werden wir jetzt für die Aufhebung des undemokratischen PKK-Verbots
als Hindernis für eine Integration von Kurden in Deutschland und als Hindernis
einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage in der Türkei/Kurdistan
eintreten.
Berlin
20.11.11
Deutsches-Mesopotamisches
Bildungszentrum e.V.
Volksrat der Kurden in Berlin
i.A. Ismail Parmaksiz
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