Reizgasgranaten
von der türkischen Polizei aus nächster Nähe in einen vollbesetzten Parteibus
der BDP geschossen
InsassInnen nach dem Verlassen
des Busses schwer mißhandelt, darunter der türkische Parlamentsangehörige
Ahmet Türk, die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir sowie
die ehemalige Europaparlamentsabgeordnete Felecnaz Uca.
Die BDP (Partei für
Frieden und Demokratie), die in den meisten kurdischen Städten die BürgermeisterInnen
stellt, hatte zum traditionellen kurdischen Neujahrsfest Newroz in allen
kurdischen Städten, aber auch in den türkischen Metropolen mit einem großen
kurdischen Bevölkerungsanteil wie Istanbul oder Adana, Großveranstaltungen
unter freiem Himmel angemeldet, die aus technischen und organisatorischen
Gründen an drei Tagen, dem 18., dem 20. und dem 21.3. stattfinden sollten
und entsprechend langfristig vorbereitet worden waren.
Wenige Tage vor den Feierlichkeiten untersagten die vom Innenministerium
eingesetzten Gouverneure alle Feiern, die nicht für den 21.3. vorgesehen
waren.
Am Sonntag, den 18.3., setzte die Bevölkerung, insbesondere in Diyarbakir,
unter Beteiligung von einer Millionen Menschen trotz des Verbots und massiver
Behinderungsversuche seitens der Polizei die Feierlichkeit durch, weil
das kurdische Volk sich nicht vorschreiben lassen will, wann und zu welchen
Bedingungen es seinen größten Feiertag zu begehen hat.
Ähnliches sollte am heutigen 20.3. für die genauso langfristig angesetzte
Newrozfeier in Batman erfolgen. Doch die offenbar auf Rache eingestellte
Polizei ging mit enormen Kräften un äußerster Härte mit gepanzerten Fahrzeugen
(Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und Schützenpanzern) gegen die sich vielerorts
sammelnden Menschenmengen vor. Trotz aller Verhinderungsversuche gelang
es dem nach oben offenen, mit einer Plattform versehenen Mobilisierungsbus
der BDP, den Festplatz zusammen mit einigen Tausend Menschen zu erreichen.
Nach einigen Redebeiträgen begannen die zum Teil festlich gekleideten
Menschen zu kurdischer Musik zu tanzen und zu singen.
Im Bus befanden sich neben Ahmet Türk und führenden Mitgliedern der örtlichen
BDP auch die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir und eine
vom Hamburger Bundestagsabgeordneten der Linkspartei Jan van Aken als
Beobachtergruppe beauftragte Hamburger Delegation.
Als der Bus wegen des immer massiver werdenden Beschusses der Menge mit
Tränengas- und Reizgasgranaten die Veranstaltung abbrach und wegfahren
wollte, wurde er von herannahenden Panzerfahrzeugen aus nächster Nähe
von beiden Seiten unter Beschuss genommen. Nachdem die Fensterscheiben
anfangs noch weitgehend standhielten, durchschlug eine Granate die Scheibe
und detonierte mitten im Bus. In Panik versuchten die InsassInnen aus
dem auf diese Weise gestoppten Bus heraus zu kommen und wurden unter Erbrechen
und halbblind von den herbeieilenden Polizisten zusammen geschlagen und
teilweise festgenommen. Während sich die 12köpfige deutsche Gruppe, mit
Ausnahme der beschimpften und getretenen Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten
Canzu Özdemir, nach Verlassen des Busses zwar würgend und mit tränenden
Augen relativ ungeschoren zurückziehen konnte, wurden die KurdInnen –
unter ihnen Ahmet Türk – schwer mißhandelt und abgeführt.
Wir sehen diesen Angriff als einen neuerlichen Versuch des türkischen
Staates an, unter Inkaufnahme von Toten, darunter ausländischen und eigenen
oppositionellen parlamentarischen VertreterInnen, seine Unterdrückungspolitik
gegenüber dem kurdischen Volk mit barbarischen Methoden ungebrochen fortzusetzen.
Hamburger Delegation,
Batman, 20.3., 16 Uhr
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