Jan van Aken
Mitglied des Deutschen Bundestages
Außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon030 227 – 73486
Fax030 227 – 76486
E-Mail: jan.vanaken@bundestag.de

 

Gewaltorgie zum Neujahrsfest in Kurdistan

Bei den kurdischen Neujahrsfeiern in der Stadt Batman im Südosten der Türkei ist die dortige Polizei mit brutalster Gewalt gegen die Bevölkerung vorgegangen. Unter anderem griffen Polizisten am 20. März den Bus einer deutschen Delegation mit Tränengasgranaten an und verletzten dabei mehrere Mitglieder. Unter ihnen befanden sich die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir und der türkische Parlamentsabgeordnete Ahmet Türk. Polizisten schossen eine Reizgas-Granate in den Bus, die Delegation konnte sich gerade noch aus dem Bus retten.
Dazu Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag: „In der Türkei wird die Demokratie gerade im Tränengas erstickt und brutal niedergeknüppelt. Ich bin zutiefst besorgt, denn bei der Explosion von Tränengasgranaten in einem Bus hätte es leicht Tote geben können. Im Jahr 2010 war ich noch selbst in Batman und konnte ein friedliches Fest für den Frieden erleben. Jetzt scheint die Regierung Erdogan nur noch auf brutale Gewalt, Verhaftungen und Tote zu setzen - selbst gegenüber neutralen Beobachtern aus der Hamburger Bürgerschaft.
Die Ereignisse in Batman stehen am Ende eines blutigen Wochenendes in der Türkei: Bereits in den vergangenen Tagen ging die Polizei mit massiver Gewalt in Istanbul, Diyarbakir und anderen Städten gegen die kurdischen Newroz-Feste vor. Dabei schoss die Polizei auch scharf auf eine andere deutsche Beobachterdelegation in Yüksekova. Mehrere Menschen wurden in den vergangenen Tagen getötet und viele weitere zum Teil schwer verletzt. Ich würde mir wünschen, dass jetzt alle Fraktionen in Bürgerschaft und Bundestag eine gemeinsame Delegation zusammenstellen, um die Vorfälle vor Ort zu untersuchen.“

Jan van Aken, 21.3.2012

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Jan van Aken
Mitglied des Deutschen Bundestages
Außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE
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An seine Exzellenz
Herrn Hüseyin Avni Karslıoğlu
Botschafter der Republik Türkei
Runge Strasse 9
10179 Berlin

Berlin, 20.03.2012

Sehr geehrter Herr Botschafter,

ich wende mich an Sie aufgrund besorgniserregender Berichte aus der Türkei, die mich heute erreicht haben. Anlässlich der Feierlichkeiten zum kurdischen Neujahrsfest, das an diesem Wochenende in verschiedenen Städten und Regionen der Türkei gefeiert wurde, war auch eine von mir mandatierte Delegation aus Hamburg im Südosten Ihres Landes unterwegs. Der Bus dieser Delegation – unter den TeilnehmerInnen ist auch die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir – wurde von der örtlichen Polizei in Batman auf brutalste Weise angegriffen und mit Tränengasgranaten beschossen. Eine dieser Granaten explodierte im Inneren des Fahrzeugs, was schwere Verletzungen der Insassen billigend in Kauf nahm. Die aus dem Bus fliehenden Delegationsteilnehmer wurden geschlagen und drangsaliert.


Sehr geehrter Herr Botschafter,

als Mitglied einer Delegation im Jahr 2010 habe ich selbst erfahren, dass die Türkei ja durchaus in der Lage ist, die kulturellen Freiheiten ihrer kurdischem Minderheit in einem gewissen Maße zu gewähren. Die damaligen, friedlichen Feierlichkeiten sind mir in sehr positiver Erinnerung geblieben. Die Kernbotschaft aller Beteiligten war seinerzeit, dass nur friedliche Verhandlungen die Kurdenfrage lösen können. Auf den Newroz-Feiern wurde sich ausdrücklich gegen Gewalt als politisches Mittel ausgesprochen. Die Ereignisse wie nun in Batman und anderen Städten wie Yüksekova sind das absolute Gegenteil! Ich möchte auf diesem Wege auf das Schärfste gegen ein derartiges Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten, Feiernde aber auch gegen internationale Beobachter und Beobachterinnen der Newroz-Feiern protestieren. Es kann und darf nicht sein, dass die Türkei ihr Minderheitenproblem mit derartigen Gewaltexzessen zu lösen versucht. Die Verhaftungswellen und Repressionen der letzten Monate gegen linke türkische und kurdische Organisationen und Einzelpersonen geben jedoch Anlass zu der Sorge, dass genau dies nun der erklärte Wille Ihrer Regierung ist.


Sehr geehrter Herr Botschafter,

Ich bin angesichts dieser Geschehnisse wirklich erschüttert und in hohem Maße besorgt über die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei.
Ich möchte Sie daher bitten, diesen Brief als Anlass zu nehmen, diese meine Sorgen, die von vielen anderen Menschen in Europa geteilt werden, auch Ihrer Regierung mitzuteilen. Die weitere Eskalation der Gewalt bei den Newroz-Feiern durch die türkische Polizei muss sofort gestoppt und ein weiterer, friedlicher Verlauf garantiert werden.
Die Geschehnisse, die sich am gestrigen Tag in Batman zugetragen haben, müssen lückenlos aufgeklärt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden. Ich möchte Sie bitten, mich darüber zu informieren, ob und wie die Verantwortlichen für den Angriff auf Leib und Leben meiner Delegation bestraft werden.


Mit hochachtungsvollen Grüßen

Jan van Aken