KJB wird an der Frauenkonferenz in Hewler nicht teilnehmen

Heute gab der Hohe Frauenrat KJB in einer schriftlichen Erklärung bekannt, dass er sich nicht an der 2. Kurdischen Frauenkonferenz in Hewler beteiligen werde, obwohl er selbst die Einberufung einer nationalen kurdischen Frauenkonferenz vorangetrieben hatte, mit dem Ziel die Solidarität und Zusammenarbeit unter kurdischen Frauenorganisationen zu stärken. Der Exekutivrat des KJB erklärte hierzu, dass der KJB nicht an einer Konferenz teilnehmen werde, die “der Freiheit und der Einheit der Bevölkerung und der Frauen Schaden zufügt.”
Der KJB ist die Dachorganisation der kurdischen Frauenbewegung und kurdischer Frauenorganisationen, in denen sich in den vier Teilen Kurdistans und in der Diaspora Hunderttausende von Frauen organisieren.
In der Presseerklärung des KJB, die am 5. Mai 2012 von der Nachrichtenagentur ANF veröffentlicht wurde, bewertet der KJB die kritische Phase der Neugestaltung des Mittleren Ostens, in der globale und regionale hegemoniale Kräfte daran arbeiten, die nationale Einheit der KurdInnen zu verhindern, um sie weiterhin ohne politischen Status zu belassen, sie gegeneinander auszuspielen und zu die Reichtümer Kurdistans weiterhin ausbeuten zu können. Demgegenüber bestünde aus Sicht der kurdischen Frauen mehr denn je die Notwendigkeit, zusammenzukommen und sich gemeinsam gegen den Sexismus und patriarchale Herrschaft nationaler und regionaler Strukturen zu stellen. Es sei immer ein Grundprinzip der Freiheitsbewegung der Frauen Kurdistans gewesen, sich auf die eigene Lösungskraft zu verlassen und sich mit den Frauen aus allen Teilen Kurdistans sowie den Frauen aus der Region zu einer demokratischen Einheit zusammenzuschließen. Bewusstsein, Organisierung und der Kampf gegen Sexismus und Herrschaft seien für diesen Prozess unverzichtbar.
Der Exekutivrat des KJB erklärte die Gründe für ihren Boykott der Konferenz folgendermaßen: “(...) Als KJB haben wir auf unserer 3. Vollversammlung 2007 beschlossen, eine nationale Frauenkonferenz einzuberufen, auf der Frauen aus den vier Teilen Kurdistans zusammenkommen können. Hierzu haben wir uns mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit gewandt. 2010 griffen kurdische Frauenorganisationen in Europa und in der Türkei diesen Aufruf auf und unternahmen die ersten konkreten Schritte für eine Nationale Kurdische Frauenkonferenz. Die 1. Kurdische Nationale Frauenkonferenz in Amed 2010 war die erste praktische Umsetzung des Aufrufs des KJB. An der Konferenz in Amed beteiligten sich Vertreterinnen aus den vier Teilen Kurdistan und Europa. Als erste Konferenz in der Geschichte, war diese Konferenz erfolgreich in der Hinsicht, dass sie eine Wegbereiterin für die Einheit der kurdischen Frauen und für die Überwindung von Schwierigkeiten im Kampf gegen den Sexismus war und damit Bildung eines gemeinsamen Willen führte. Einer der Beschlüsse, die auf der 1. Nationalen Frauenkonferenz gefasst wurde, war, dass diese Konferenz der Reihe nach jedes Jahr in einem anderen Teil [Kurdistans] stattfinden sollte. Dementsprechend wurde beschlossen, die 2. Konferenz in Hewler durchzuführen. Um die in Hewler vorgesehene 2. Konferenz zu organisieren, wurde ein Vorbereitungskomitee zusammengestellt, in dem Frauen aus allen Teilen [Kurdistans] gleichmäßig vertreten waren. Die 2. Konferenz hätte 2011 stattfinden sollen. Mitglieder des Vorbereitungskomitees unternahmen wiederholt Anstrengungen, diese Konferenz zu verwirklichen. Unter dem Vorwand, dass einige der Vertreterinnen aus Südkurdistan nicht anwesend seien, wurde die Konferenz immer wieder verschoben. Als KJB haben wir an unseren Anstrengungen festgehalten, die Konferenz zu realisieren. Im März [2012] fingen dann die Vertreterinnen der KDP und der PUK, die bis dahin darauf beharrt hatten, die Konferenz zu verschieben und sich nicht an den Vorbereitungen beteiligt hatten, die Arbeiten an sich zu reißen. Ohne das Vorbereitungskomitee versammelt und informiert zu haben und ohne Zustimmung des Komitees begannen sie diese Arbeit mit zentral und einseitig gefällten Beschlüssen. Von Beginn an wurde diese Arbeit ohne Berücksichtigung unseres Willens durchgeführt. Wir waren mit ausgrenzenden, anti-demokratischen, intransparenten und willkürlichen Methoden konfrontiert.
Dem Selbstverständnis der Konferenz entsprechend war beabsichtigt gewesen, dass alle kurdischen Vertreterinnen daran teilnehmen. Jedoch wurde die Zusammensetzung der Konferenz durch diese südkurdischen Kreise dahingehend verändert, dass der Wille von Frauenbewegungen und zivilgesellschaftlichen Fraueneinrichtungen ignoriert wurde, die sich außerhalb der Frauensektionen politischer Parteien organisieren. Dadurch, dass der KJB ausgegrenzt wurde, obwohl wir als KJB dieses Projekt begonnen hatten, führt dazu, dass die Nationale Kurdische Frauenkonferenz ihres Zieles beraubt, die Einheit und der Freiheitskampf der Frauen für politische Spiele funktionalisiert werden. Die Freien Frauenbewegung KJB verfügt über jahrzehntelange Erfahrungen und Werte des Kampfes, Tausende ihrer Kämpferinnen sind im Kampf für die Freiheit der Frauen und die nationale Befreiung gefallen und Millionen von Frauen der Basis aus den vier Teilen Kurdistans und außerhalb des Landes sind dieser Bewegung verbunden. Trotz dieser wichtigen Position, die der KJB in Kurdistan hat, wurde versucht, den KJB von den Arbeiten zur Konferenz auszuschließen. Wir haben große Anstrengungen unternommen, damit diese Herangehensweise verändert wird und die Konferenz mit einer demokratischen Einstellung stattfinden kann. Jedoch wurden alle unsere Anstrengungen und ehrlichen Annäherungen mit einer verantwortungslosen und einer unernsten Haltung beantwortet.
Auch bei der Festlegung der Kontingente und der Aufteilung der Delegiertinnen wurde die gleiche ausgrenzende Haltung eingenommen. Das Vorbereitungskomitee wurde außer Kraft gesetzt, die Kontingente der Delegiertinnen von Frauenorganisationen und –einrichtungen wurden auf unrechtmäßige Weise stark reduziert. Um ihre eigene politische Line aufdrücken zu können, haben sie mit zentralistischen und unrechtmäßigen Methoden die Delegiertinnenanzahl zu ihren Gunsten bestimmen wollen. Von Anfang an haben diese Kräfte versucht, den Arbeiten zur Konferenz eine patriarchale Mentalität und Herangehensweisen aufzuzwängen.
Obwohl wir und die anderen Frauen aus dem Vorbereitungskomitee unsere Anstrengungen fortgesetzt haben, die Konferenz ihrem Ziel entsprechen zu organisieren, wurden diese unaufrichtigen Herangehensweisen fortgesetzt. Es ist offensichtlich, dass dies nicht von den politischen Haltungen und Spielen unabhängig ist, die innerhalb und außerhalb Kurdistans gegen unsere Bewegung vorangetrieben werden. Aufgrund der oben erwähnen Gründe hat sich herausgestellt, dass die angestrebte Konferenz weder der Befreiung der kurdischen Frau noch der demokratischen nationalen Einheit Kurdistans dienen wird. Anstatt der Freiheit der Frau und der demokratischen nationalen Einheit zu dienen, wird sie eher den Profiten einiger Parteien in Südkurdistan und äußerer Mächte dienen und der nationalen Einheit der Frauen Schaden zufügen. Die Befreiung der Frau und die nationale Einheit kann nur mit einer demokratischen Mentalität erreicht werden, mit der Beteiligung des Willens von Frauenorganisationen aus den vier Teilen Kurdistans und indem vom patriarchalen Herrschaftsdenken Abstand genommen wird. Obwohl es unser Projekt ist, die Arbeiten für die nationale Einheit der kurdischen Frauen voranzubringen, sehen wir es in der gegenwärtigen Situation als unsere historische Verantwortung und Aufgabe, Herangehensweisen abzuwenden, die diesem Ziel entgegenstehen sowie Frauen und unsere Bevölkerung zum Opfer verschiedener Spiele machen. Aus diesem Grund verkünden wir, dass wir eine solche Arbeit, die der Freiheit und der Einheit unserer Bevölkerung und der Frauen Schaden zufügt weder akzeptieren, noch werden wir uns daran beteiligen. Zugleich werden wir gegen diese Mentalität und gegen diese Haltungen ankämpfen. Auf dieser Grundlage sind wir davon überzeugt, dass die 2. Nationale Kurdische Frauenkonferenz mit einer richtigen Einstellung und Herangehensweise von Neuem angegangen werden muss und meinen, dass sie dann zu richtigen Ergebnissen kommen kann, wenn sie im Rahmen der unten genannten Prinzipien durchgeführt wird:
1- Die Arbeiten zur Konferenz müssen auf der Basis demokratischer Prinzipien durchgeführt werden, die Prinzipien der Frauenbefreiung und der demokratischen nationalen Einheit müssen zur Grundlage genommen werden.
2- Alle kurdischen Frauenorganisationen und –einrichtungen aus den vier Teilen Kurdistans und dem Exil müssen auf gleiche und gerechte Weise vertreten sein.
3- KJB muss als eine der grundlegenden Kräfte für die nationale Einheit der kurdischen Frauen anerkannt werden.
4- Die Verteilung der Kontingente für Delegiertinnen muss der Bevölkerungszahl und ihrem Organisationsniveau entsprechend demokratisch und gerecht sein und darf nicht auf engem Profitdenken beruhen.
5- Die Konferenz soll zugleich eine Vorreiterrolle für die Entwicklung einer Demokratischen Kurdischen nationalen Einheit spielen
6- Kreise und Personen, die der nationalen Einheit Schaden zufügen oder feindlich gegenüber stehen, sollen keine Erlaubnis erhalten, an der Konferenz teilzunehmen
Deshalb erklären wir noch einmal, dass die gegenwärtig angestrebte Konferenz auf keinerlei Weise zur Frauenbefreiung und der nationalen Einheit betragen wird. Wir rufen alle kurdischen Frauenorganisationen und Persönlichkeiten dazu auf, die gleiche Haltung einzunehmen, sich an dieser Konferenz nicht zu beteiligen und gegen diese Mentalität anzukämpfen.”

Korrektur und Nachtrag zum Cenî Info Nr. 9
In unserem Cenî Info vom 1.5.2012 war uns ein Fehler unterlaufen, den wir an dieser Stelle berichtigen wollen: In der Kurznachricht zur „2. Kurdische Frauenkonferenz in Hewler“ hatten wir fälschlicher geschrieben, dass die ’1. Nationale Kurdische Frauenkonferenz im April 2012 in Amed getagt’ habe. Richtig ist jedoch, dass die 1. Nationale Kurdische Frauenkonferenz bereits vor 2 Jahren, im April 2010 in Amed getagt hatte.
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CENÎ
Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Kurdish Women's Office for Peace