amnesty international Urgent Action Keine medizinische Versorgung Türkei UA-329/2012 FAST 700 HUNGERSTREIKENDE HÄFTLINGE SCHREIBEN SIE BITTE Hunderte Häftlinge befinden sich in 67 türkischen Gefängnissen im Hungerstreik, einige bereits seit dem 12. September. Rechtsbeistände der Hungerstreikenden teilten Amnesty International mit, dass die betreffenden Gefängnisbehörden vielen ihrer MandantInnen den Zugang zu medizinischer Versorgung verwehren. Dies stellt eine zusätzliche Gefahr für ihre Gesundheit dar. Am 12. September traten etwa 60 Häftlinge in sieben Gefängnissen in der Türkei in den Hungerstreik. Sie wollen so ihren Protest darüber ausdrücken, dass die Behörden Abdullah Öcalan, dem Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), bereits seit einigen Jahren ein Treffen mit seinen Rechtsbeiständen untersagen. Außerdem fordern sie die Einführung von Bildungsmöglichkeiten in kurdischer Sprache. Die Anzahl der Hungerstreikenden ist seitdem stark angestiegen. Laut des Justizministeriums befanden sich am 2. November insgesamt 682 Häftlinge aus 67 Gefängnissen im Hungerstreik. Rechtsbeistände der hungerstreikenden Häftlinge erklärten gegenüber Amnesty International, dass GefängnisärztInnen die Untersuchung von Hungerstreikenden, einschließlich der Blutdruckmessung, regelmäßig ablehnen. Außerdem sollen einige der Hungerstreikenden die lebenswichtigen Vitaminpräparate nicht erhalten, die ihre Rechtsbeistände ihnen ins Gefängnis bringen. Ein Häftling aus einem Hochsicherheitsgefängnis in Sincan soll zu einer Anhörung gebracht worden sein, zu der die Fahrt 36 Stunden dauerte, obwohl seine Beweglichkeit stark eingeschränkt war und in einem Arztbericht von der Reise abgeraten wurde. Amnesty International ist besorgt über Berichte, denen zufolge hungerstreikende Häftlinge in Gefängnissen in Silivri and Şakran in Einzelhaft untergebracht wurden. Wachpersonal des Gefängnisses von Tekirdağ soll Häftlinge misshandelt haben, weil sie dem Hungerstreik beigetreten waren. SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN Ich möchte Sie daran
erinnern, dass Hungerstreik eine gewaltfreie Art des Protests ist. Die
türkischen Behörden haben die Pflicht, das Recht der Häftlinge auf freie
Meinungsäußerung zu respektieren, was auch ihr Recht auf Proteste einschließt. APPELLE AN JUSTIZMINISTER VORSITZENDER DER PARLAMENTARISCHEN
MENSCHENRECHTSKOMMISSION KOPIEN AN Bitte schreiben Sie
Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch, Türkisch
oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität
verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Dezember 2012 keine Appelle
mehr zu verschicken. In türkischen Gefängnissen werden Hungerstreiks immer wieder als Mittel zum Ausdruck von Protest genutzt. Am 20. Oktober 2000 traten mehr als 1200 Häftlinge in den Hungerstreik, um gegen Pläne der Regierung zu protestieren, sie in neue Gefängnisse zu verlegen. Dort sollten sie nicht mehr in Schlafsälen, in denen bis zu 60 Häftlinge leben, sondern in kleinen Zellen untergebracht werden. Die Gefangenen befürchten, dass sie isoliert in größerer Gefahr wären, angegriffen oder gefoltert zu werden. Am 19. Dezember 2000 begannen die türkischen Behörden Gefängnisse zu stürmen, um die Hungerstreiks gewaltsam zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch 200 Häftlinge im Hungerstreik, von denen viele dem Tode bereits nahe gewesen sein sollen. Im Rahmen der "Zurück zum Leben" genannten Operation wurden bei der Stürmung von 20 Gefängnissen 30 Häftlinge und zwei Soldaten getötet. Der damalige Justizminister sagte Berichten zufolge, dass "mindestens 16 Häftlinge starben, von denen sich die meisten selbst verbrannten". Er äußerte sich jedoch nicht zu den Umständen unter denen die anderen Gefangenen ums Leben gekommen waren. In den folgenden zwei Jahren kam es immer wieder zu Hungerstreiks, die zum Tode von dutzenden Menschen führten, bei denen es sich nicht nur um Häftlinge handelte. Amnesty International unterstützt Hungerstreiks nicht, versucht jedoch auch nicht, die Hungerstreikenden zum Beenden ihres Protests zu bringen. Die Organisation lehnt sowohl jede Art der Bestrafung von Hungerstreikenden als auch Versuche, die Gefangenen zur Aufgabe ihres Hungerstreiks zu zwingen, ab, da solche Maßnahmen gegen das Recht der Häftlinge auf freie Meinungsäußerung verstoßen und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung gleichkommen könnten. Die Behörden sind dazu verpflichtet, den Häftlingen ihre Rechte auf Leben und Gesundheit zu garantieren. Daher müssen sie dafür sorgen, dass sowohl Hungerstreikende als auch alle weiteren Häftlinge Zugang zu FachärztInnen und ärztlicher Begutachtung und Beratung, sowie zu jeglicher medizinischen Behandlung erhalten, der sie auf Grundlage der ärztlichen Begutachtung zugestimmt haben. PLEASE WRITE IMMEDIATELY Reminding the authorities
that hunger strikers are engaging in a peaceful form of protest and the
Turkish authorities have an obligation to respect their right to freedom
of expression, including their right to protest. http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-329-2012/keine-medizinische-versorgung
|