Recht auf juristische Verteidigung in kurdischer Sprache: Ein Entgegenkommen à la AKP Pressemitteilung: Von Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. / am 16.11.2012 Der Hungerstreik in den Gefängnissen der Türkei geht weiter. Wir schreiben heute den 66.Tag. Und der Gesundheitszustand der Hungerstreikenden nimmt dramatische Züge an. Laut Angaben einer unabhängigen Gefängnisbeobachtungskommission, zu dem unter anderem Mitglieder des türkischen ÄrztInnenverbandes (TTB) und des Menschenrechtsverbands IHD angehören, befinden sich 221 Gefangene gegenwärtig in einem lebensbedrohlichen Zustand. Auch deshalb wächst der Druck, national wie international, auf die AKP-Regierung den 10.000 Hungerstreikenden und ihren Forderungen entgegenzukommen.
Zugeständnis unter Bedingungen Die Antwort der Hungerstreikenden hierauf ist ein unmissverständliches Nein. Das verkündete der Sprecher der Hungerstreikenden Deniz Kaya am 14. November über eine schriftliche Erklärung durch seine Anwälte. Die Gründe für dieses Nein, werden schnell ersichtlich, wenn man sich die Gesetzesvorlage Mal genauer anschaut: In der Vorlage heißt es zu Anfang noch, dass sich die Angeklagten in derjenigen Sprache verteidigen dürfen, in welcher sie sich besser ausdrücken können. Doch der Haken an der ganzen Sache kommt in den Folgesätzen. Demnach werden ausschließlich für diejenigen die Dolmetscherkosten vor Gericht übernommen, die der türkischen Sprache überhaupt nicht mächtig sind. Alle anderen, die zumindest ein paar Worte Türkisch sprechen können, müssen ihre Dolmetscherkosten selbst tragen, wenn sie darauf beharren, sich in einer anderen Sprache verteidigen zu wollen. Den meisten kurdischen Angeklagten dürfte die Aufbringung dieser Kosten vermutlich schwerfallen, wodurch sie von diesem neuen Recht ausgeschlossen wären. Doch es bleibt nicht allein bei dieser Einschränkung. Selbst wenn die Angeklagten das Geld für einen Dolmetscher zusammenkriegen, wird ihnen während des gesamten Gerichtsverfahrens bloß an zwei Stellen das Recht auf eine kurdischsprachige Verteidigung gewährt: Einmal nach Verlesung der Anklageschrift und das zweite Mal beim Abschlussplädoyer. Hinzu kommt, dass es durch die kurdischsprachige Verteidigung sowie ihrer Übersetzung ins Türkische zu keiner Prozessverzögerung kommen darf. Dieser Satz in der Gesetzesvorlage überlässt das ohnehin stark eingeschränkte Recht auf die juristische Verteidigung des Angeklagten in seiner Muttersprache zusätzlich der Willkür des Richters. Denn es ist offensichtlich, dass die Verteidigung in einer anderen Sprache samt ihrer Übersetzung vor Gericht mehr Zeit in Anspruch nehmen wird. Hat der Richter es besonders eilig oder ist ihm der Angeklagte nicht sympathisch, kann er dies zum Anlass nehmen, um aufgrund von vermeintlicher Prozessverzögerung dieses Recht diesem gleich wieder zu entziehen. Täuschungsmanöver der AKP Es ist nicht weiter verwunderlich, dass auch die Hungerstreikenden von keinem Entgegenkommen der Regierung, sondern vielmehr von einem Täuschungsmanöver sprechen. Doch lassen wir den Sprecher der Hungerstreikenden Deniz Kaya hierzu zu Wort kommen: „Das ist ein bloßer Betrug.
Dieses Manöver bedeutet so viel wie: ‚Wenn ihr kurdisch spricht, werdet
ihr eine Geldstrafe zahlen müssen.‘ […] Es ist nicht vorstellbar, dass
wir solch einen Schritt akzeptieren. Wir akzeptieren keinen kurdischen
Wahlfachunterricht an der Schule, wir akzeptieren keine privaten entgeltlichen
kurdischen Sprachkurse und wir akzeptieren auch nicht, dass wir Geld bezahlen
sollen, um uns in unserer Muttersprache vor Gericht verteidigen zu können.
Wir fordern, dass unsere Muttersprache und unsere Kultur verfassungsrechtlich
geschützt werden und dass wir mit unserer Muttersprache und unserer Kultur
in unserem Heimatland leben können. Die gesamte Öffentlichkeit soll wissen,
dass wir außer dessen nichts anderes akzeptieren werden und uns auf keine
Spielchen oder Manipulationen einlassen werden.“
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