Die
Ermittlungen der französischen Behörden zu den politischen Morden in Paris
verlaufen in Zusammenarbeit mit der Türkei!
Die kurdische Gemeinschaft
ist ernsthaft um die Unabhängigkeit der französischen Ermittlungen zu
den Morden besorgt, da seid Anbeginn der Untersuchungen viele Informationen
an die Medien herangetragen worden sind, die eben diesen Aspekt gänzlich
in Frage stellen.
Hüseyin Celik, Sprecher der türkischen Regierung, hatte bereits am Morgen
nach den Morden (10. Januar 2013), ohne jegliche Untersuchungsergebnisse
abzuwarten, behauptet: „Bei diesen Morden handelt es sich um eine Abrechnung
innerhalb der Organisation“. Hiermit war uns allen auch klar, in welche
Richtung die Untersuchungen gelenkt werden sollten.
Obwohl ein breiter Konsens dazu besteht, dass dieses Verbrechen die sich
andeutende friedliche Lösung der kurdischen Frage sabotieren sollte, ist
es uns ein Rätsel, weshalb die französischen Behörden keinerlei Dementis
zu den in den türkischen und französischen Medien kursierenden Verdächtigungen
abgeben haben, die sich allesamt auf die französischen Sicherheitsbehörden
berufen. Hierbei wird die kurdische Seite mit Berufung auf den französischen
Sicherheitsapparat als Täter offen präsentiert und die Wahrscheinlichkeit
einer türkischen Täterschaft außen vor gelassen. Daher mehren sich bei
uns die Zweifel an der Unabhängigkeit der Ermittlungen.
Wir möchten anhand
von zwei Beispielen den Sachverhalt etwas konkretisieren:
Die Zeitung Le Figaro schreibt in ihrer Ausgabe vom 10. Januar 2013 folgendes:
„Nach unserem Kenntnisstand sind die drei Exekutionen nicht vom türkischen
Geheimdienst verübt worden, sondern scheinen sie viel mehr eine Abrechnung
innerhalb der PKK-Organisation zu sein. Laut französischen Sondereinheiten
ist eine Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an dieser Operation
innerhalb Frankreichs eher undenkbar. Die polizeiliche Koordination zwischen
Paris und Ankara läuft gut. Zwischen den Antiterrorabteilungen der jeweiligen
Länder gibt es einen Informationsaustausch. In diesem Rahmen ist eine
Beteiligung des türkischen Geheimdienstes undenkbar, viel mehr Unsinn
…“
(Le Figaro, 10.Januar 2013)
(http://www.lefigaro.fr/actualite-france/2013/01/10/01016-20130110ARTFIG00423-trois-militantes-kurdes-abattues-a-paris.php?cmtpage=8)
Die türkische Zeitung
Star schreibt dazu am 20. Januar 2013: „Nach der Tötung der drei PKK´lerinnen
hat der französische Geheimdienst in seiner vorab Mitteilung nach Ankara
mitgeteilt, dass dies eine Abrechnung innerhalb der PKK ist. In Zusammenhang
zu diesem Anschlag haben die Geheimdienste und Polizei in Paris und Ankara
Informationen ausgetauscht und sehr wichtige Verbindungen zu den Verdächtigten
innerhalb der PKK-Organisation aufgedeckt. …
(Star, 20. Januar 2013)
(http://haber.stargazete.com/guncel/paris-cinayetlerinde-flas-gelisme/haber-720999)
Wir fordern die französischen Behörden auf folgende Fragen zu antworten:
• Wie kann es sein, dass die Behörden, welche diese Untersuchungen leiten
und noch kein Ergebnis präsentieren können, die Türkei als möglichen Täter
freisprechen, obwohl deren Unschuld noch nicht ein Mal bewiesen ist.
• Wieso teilen die französischen ihre Informationen in dieser Intensität
mit einem verdächtigten Staat, obwohl nicht ein Mal die Familien und ihre
Anwälte konsultiert wurden.
Um unsere Bedenken
besser umschreiben zu können wollen wir auch folgende Fakten mit der Öffentlichkeit
teilen:
• Der französische Staat hat 2009 ein Verfahren gegen viele Kurden eingeleitet,
indem Sakine Cansiz als Führungskader benannt wird.
• Die Öffentlichkeit weiß seit den Wikileaks-Veröffentlichungen, dass
auch die USA sich auf Sakine Cansiz konzentriert hatten. Ross Wilson schreibt
dazu am 7. Dezember 2007 in einer geheimen Depesche folgendes an das US-Außenministerium
und den Generalkonsul in Bagdad: „Wir müssen zu aller erst feststellen,
wie das Geld der PKK in den Nordirak fließt und es dann stoppen. Und dies
bedarf einer schärferen Kontrolle an Flughäfen in den USA, Irak und Europa.
Desweiteren müssen die im Nordirak ansässigen Institution in einer Koordination
eingebunden werden, um so den Geldfluss zu behindern. Zweitens werden
wir die Türken dazu drängen, den Geldfluss stärker zu überwachen und zu
stoppen. Die MASAK ist die einzige Struktur in der Türkei, die die Finanzierung
des Terrorismus überwacht. Damit diese Institution effektiver arbeiten
kann, muss die Finanzpolizei mit den Staatsanwälten und Richtern enger
zusammen arbeiten. Drittens müssen wir die Europäer bzgl. unserer Anstrengungen
stärker unter Druck setzen. Unser Momentanes Ziel sind zwei Führungskader,
das wären Riza Altun und Sakine Cansiz. Es gilt diese zwei Terroristen
zu inhaftieren, indem wir der europäischen Gerichtsbarkeit und ihren Geheimdiensten
umfangreiche Akten zukommen lassen.“
• Sakine Cansiz wurde auf den internationalen Haftbefehl der Türkei hin
am 19. März 2007 in Hamburg verhaftet und am 16. April 2007 aufgrund mangelnder
Beweise wieder frei gelassen.
• Der türkische Ministerpräsident Erdoğan hat am 12. Januar 2013 auf der
Hauptversammlung des Unternehmerverbandes ASKON folgendes ausgesagt: „
Wir haben zu letzt am 05. November dem französischen Interpol mitgeteilt,
dass sich Sakine Cansiz in Paris aufhält. Leider hat die französische
Regierung nichts unternommen. (…).“
• Wir sind an die Information gelangt, dass Sakine Cansiz wenige Tage
vor dem Anschlag einen Bekannten von ihrem deutschen Anschluss aus angerufen
hat. Da dieser jedoch eine französische Nummer auf dem Display seines
Handys angezeigt bekommen hat, liegt es nah, dass der Anschluss von Cansiz
abgehört und der Anruf umgeleitet wurde. Diesen Umstand gilt es zu untersuchen,
aufzuklären und das Ergebnis den Ansprechpartner mitzuteilen.
• Da Sakine Cansiz erst am 06. Februar 2013 (3 Tage vor dem Anschlag)
nach Frankreich eingereist ist, ist es undenkbar, dass diese äußerst professionell
ausgeführte Tat aus Spontanität entstanden ist. Aufgrund dieser Tatsache
kann man ganz klar betonnen, dass hier eine längere Vorbereitungsphase
vorliegt.
• Der Eingang zum Gebäude, indem sich auch das Kurdistan Informationszentrum(CİK)
befindet, wird durch die vielen Kameras in der Umgebung mit erfasst. Da
wäre z.B. die 360° Kamera des Supermarktes Carfour, welche auch eben den
Eingangsbereich zum Büro erfasst. Hierzu gab es bis heute unverständlicherweise
keine Erklärung der Ermittlungsbehörden.
Wie aus den oben aufgeführten
Fakten ersichtlich wird war Sakine Cansiz bei allen europäischen Behörden,
da wären z.B. die Geheimdienste, Polizei, Interpol und Europol, als PKK-Führungskader
bekannt, so dass wir uns fragen wie es denn dann möglich war, dass die
Anschlagspläne gegen sie nicht registriert wurden?
In der Hoffnung um Aufklärung haben die kurdischen Institutionen den französischen
Ermittlungsbehörden jegliche Hilfe und Information zum Fall zukommen lassen.
Um die Ermittlungen keinesfalls zu gefährden haben sie auch keine Informationen
mit der Öffentlichkeit geteilt. Diese Tatsachen wird auch die ermittelnde
Polizei bestätigen können. Wir wissen um die Bedeutung dieses Vorfalls
und verhalten uns dementsprechend, so dass wir vor allem von den ermittelnden
Polizei, den französischen Behörden und Medien auch die nötige Sensibilität
und Taktgefühl einfordern.
FEYKA – Föderation
der kurdischen Vereine in Frankreich
20. Februar 2013
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