An
die Presse und Öffentlichkeit
Angriffe
auf kurdische Institutionsvertreter/innen und Politiker/innen in Europa
sind nicht hinnehmbar
Am 24. März 2013
wurde der stellvertretende Vorsitzende der Konföderation kurdischer Vereine
in Europa (KON-KURD) und Mitglied des Kurdistan Nationalkongresses (KNK),
Yilmaz Orkan, am Flughafen von Brüssel auf dem Weg zum Weltsozialforum
nach Tunesien auf Ersuch der spanischen Behörden festgenommen.
Im Oktober 2012 war bereits der bekannte kurdische Diplomat und Mitglied
des Exekutivrats des Kurdistan Nationalkongresses (KNK), Adem Uzun, mittels
eines Komplotts und konstruierter Anschuldigungen in Frankreich verhaftet
worden.
Mit Bestürzung beobachten wir eine Zunahme von Kriminalisierung und Angriffen
in Europa gegenüber kurdischen Institutionsvertreter/innen und Personen,
die sich im Bereich der Diplomatie betätigen. Kurdische Politiker/innen
werden mit haltlosen und unwahren Anschuldigungen zum Angriffsziel gemacht
und inhaftiert. Mit diesen Festnahmen wird versucht, legale kurdischen
Institutionen (wie z.B. KON-KURD, KNK) in der europäischen Öffentlichkeit
und Politik diskreditieren und staatlich kriminalisieren. Zugleich soll
hierdurch die kurdische Diplomatie behindert und zurückgedrängt werden.
Wir sind äußerst besorgt über diese negative Entwicklung in verschiedenen
westeuropäischen Staaten.
Hinter diesen rechtlosen Angriffen gegen kurdische Institutionen und Persönlichkeiten
stehen zweifellos die destruktiven und antidemokratischen Bündnisse zwischen
europäischen Ländern und der Türkei, die auf der Grundlage von wirtschaftlichen
Interessen geschlossen werden. Die jüngsten bilateralen Sicherheitsabkommen
zwischen europäischen Staaten und der Türkei bedeuten neue Angriffe auf
kurdischen Politiker und Institutionen, wie die jüngsten Festnahmen zeigen.
Auch die heimtückischen Morde an drei kurdischen Politikerinnen am 9.
Januar 2013 in der französischen Hauptstadt Paris stehen in demselben
Kontext: Die KNK Frankreichvertreterin Fidan Dogan sowie die kurdischen
Politikerinnen Sakine Cansiz (ebenfalls KNK Mitglied) und Leyla Şaylemez
waren in den Räumen des Kurdistan Informationszentrum (CIK) durch gezielte
Kopfschüsse hingerichtet worden. Es ist offensichtlich, dass auch bei
diesem Angriff kurdische Institutionen und die diplomatische Aktivitäten
der kurdischen Gemeinschaft das Angriffsziel waren. Zum ersten Mal wurden
kurdische Politikerinnen nun auch in Europa zur Zielscheibe von Morden
„unbekannter Täter“.
Diese negativen Entwicklungen und Angriffe auf kurdische Politiker/innen
in Europa verlaufen konträr zu den wichtigen Entwicklungen und Bemühungen
um Frieden in Kurdistan und der Türkei. Wie die internationale Öffentlichkeit
verfolgen konnte, deklarierte der kurdische Volksvertreter Abdullah Öcalan,
der seit 14 Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftiert ist, zum kurdischen
Neujahrsfest am 21. März 2013 den Beginn einer neuen historischen Phase
zur Beendigung eines langjährigen bewaffneten Konflikts. Daraufhin verkündete
die kurdische Befreiungsbewegung eine Waffenruhe und drückte ihre Unterstützung
für eine politische Lösung der kurdischen Frage im Rahmen der erneut begonnenen
Dialogphase zwischen Öcalan und der türkischen Regierung aus.
Die neue Phase des Dialogs hinzu einem nachhaltigen Friedensprozess ist
sowohl in der Türkei, in allen Teilen Kurdistans als auch weltweit auf
große Unterstützung verschiedener politischer und gesellschaftlicher Gruppierungen
gestoßen. Demgegenüber bleibt das Vorgehen der europäischen Staaten enttäuschend:
Anstatt sich produktiv in diesen Prozess einzubringen, wird das demokratische
politische Engagement von Kurd/innen in Europa mit Festnahmen behindert
und zunehmend kriminalisiert. Diese politische Haltung schadet der Friedensphase
und erweckt den Eindruck, dass die EU-Staaten eine friedliche, politische
Lösung der kurdischen Frage verhindern wollen.
Die fortgesetzte Inhaftierung von Adem Uzun sowie die Festnahme von Yilmaz
Orkan, entsprechen nicht den gegenwärtigen politischen Entwicklungen und
Erwartungen in der kurdischen Frage. Das ist bedenklich. Unsere Freunde
waren ausschließlich im Bereich der Lobbyarbeit und Diplomatie tätig.
Sie sind Mitglieder im KNK Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten. Sie
wurden auf ungerechte Weise mit unhaltbaren Anschuldigungen festgenommen.
Wir erwarten von den zuständigen Ländern, dass sie ihre ungerechten Angriffe
einstellen und unsere Freunde und Arbeitskollegen sofort freilassen. Auch
die verschleppende Haltung und das Schweigen Frankreichs bezüglich der
Aufklärung der Morde an den drei kurdischen Politikerinnen in Paris stehen
einer neuen Phase der demokratischen Lösung im Wege.
Des Weiteren rufen wir alle Kreise, die sich für Frieden, Dialog, Demokratie
und Menschenrechte einsetzen dazu auf, unser berechtige Einwände wahrzunehmen
und sich mit uns zu solidarisieren: Die Morde in Paris müssen umgehend
und lückenlos aufgeklärt werden! Unsere Freunde und Arbeitskollegen müssen
sofort freigelassen werden!
Brüssel, 27. März 2013
Exekutivrat des Kurdistan Nationalkongresses (KNK)
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