Kurdischer Aktivist in Berlin wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation im Ausland zu drei Jahren Haft verurteilt Am Dienstag, den 11. Juni, wurde der Kurde Vezir T. vom Kammergericht Berlin wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation nach § 129b StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Das Gericht folgte damit dem Antrag der Bundesanwaltschaft in voller Höhe. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten bleibt allerdings wie bisher bis zur Erlangung der Rechtskraft des Urteils gegen Meldeauflagen ausgesetzt. Das Gericht sah es
als erwiesen an, dass Vezir T. im Zeitraum von 2007 bis 2008 als PKK-Gebietsverantwortlicher
für die Großregion Sachsen tätig gewesen sei. Vezir T. war bereits im
Mai 2000 wegen seiner politischen Aktivitäten zu einer Freiheitsstrafe
von 2 Jahren und 6 Monaten wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung
(§129 StGB) verurteilt worden. Als strafmildernd sah das Gericht die hohe Mitschuld des türkischen Staates an der Eskalation der Gewalt im kurdischen Konflikt. Ebenfalls stellte das Gericht dem Angeklagten in Rechnung, dass er aus ideeller Überzeugung und nicht wegen persönlicher Vorteile gehandelt habe. Des weiteren käme eine Art „Vertrauensschutz“ in Betracht, da Vezir T. für den für die Klage relevanten Zeitraum von 2007 – 2008 davon ausgehen konnte, „nur“ als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §129 StGB verfolgt zu werden. Daher sei das Gericht beim Strafmaß von 3 Jahren auch im Rahmen dessen geblieben, was bei vorherigen Prozessen gegen kurdische Aktivisten verhängt worden sei. Die Verteidigung kündigte an, gegen dieses Urteil Revision einzulegen. Als Azadi kritisieren wir, dass entgegen den Anträgen der Verteidigung auch in diesem Prozess keine objektiven wissenschaftlichen Gutachten zur Beurteilung des kurdischen Konflikts hinsichtlich seiner historischen, politischen und völkerrechtlichen Dimension eingeholt wurden. Maßgeblich waren wieder subjektive Einschätzungen von BKA-Beamten, die diesen Konflikt seit Jahren nur durch die Brille der deutschen Strafverfolgung betrachten. Bei der mündlichen Urteilsbegründung hinterließ der Richter zudem den Eindruck, seine persönliche politische Einschätzung der Lage zum Maßstab der Realität zu erheben. In Zeiten, in denen wie aktuell in Syrien, Libyen und Mali die westlichen Staaten islamistische Gruppen nach schon fast tagesaktuellen Entwicklungen entweder politisch und militärisch unterstützen oder diese auf ihre Terrorlisten setzen und militärischen intervenieren, macht sich die Justiz zum Büttel der nationalen Politik, wenn sie gerade beim § 129b keine eigenen Richtlinien zur Konflikteinschätzung entwickelt. Daher fordern wir, diesen Paragraphen ersatzlos zu streichen. AZADÎ e.V.
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