An die Öffentlichkeit

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte MedienvertreterInnen,
zum 12.April 2014 hatten wir als ein Zusammenschluss kurdischer Jugendorganisationen und -verbände gemeinsam mit weiteren fortschrittlichen und demokratischen Organisationen aus Deutschland zu einer Demonstration in Duisburg aufgerufen.
Ziel dieser Demonstration war es auf die politische Situation in Kurdistan und der Türkei aufmerksam zu machen. Vor und nach den Kommunalwahlen in der Türkei am 30.März dieses Jahres hatte sich dort die politische Lage für all diejenigen Teile der Gesellschaft, die für eine Demokratisierung und für ihre Freiheiten in der Türkei eintreten, verschärft. Besonders in den kurdischen Siedlungsgebieten, aber auch im Westen der Türkei, haben die Repressionen gegenüber politischen AktivistInnen deutlich zugenommen. Diese Repressionspolitik reicht von Razzien und Festnahmen gegen politisch aktive Menschen, über Angriffe auf demokratische Demonstrationen bis hin zu ausufernden Verboten von sozialen Medien. Die offene Unterstützung radikal-islamistischer Gruppierungen, die im syrischen Bürgerkrieg die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava angreifen, ist in diesem Kontext ein weiterer Ausdruck der gegenwärtigen antikurdischen und antidemokratischen Politik der AKP-Regierung. Ziel unserer Demonstration vom vergangenen Samstag war es, auf diese Politik in der Türkei aufmerksam zu machen. In unserem Aufruf und unserem Flugblatt auf der Demonstration (siehe Anhang) haben wir dies zum Ausdruck gebracht.

Allerdings kam es im gesamten Verlauf unserer Demonstration in Duisburg zu verschiedenen Provokationen. Die daraus resultierende Anspannung entlud sich in Auseinandersetzungen zwischen den TeilnehmerInnen der Jugenddemonstration und der Polizei. Infolgedessen kam zu zahlreichen Festnahmen von DemonstrationsteilnehmerInnen. Sowohl in den Reihen der Polizei als auch der DemonstrantInnen kam es bei den Auseinandersetzungen zu Verletzten.

Wir als demokratische Jugend Kurdistans möchten zunächst betonen, dass wir die Auseinandersetzungen infolge der Eskalation auf unserer Demonstration verurteilen. Unsere Demonstration hatte das Ziel sich mit den Forderungen nach Freiheit, Demokratie und Frieden in der Türkei zu solidarisieren. Jegliche Form von Gewalt widerspricht daher von Grund auf der Intention unseres Anliegens.

Wir möchten betonen, dass die Aussagen bzgl. der Demonstration, die Herr van der Maat von der Polizei gegenüber der Presse geäußert hat, nicht der Wahrheit entsprechen. Während der Demonstration versuchten zwar gewisse außenstehende Personen durch das Zeigen von türkischen Fahnen die TeilnehmerInnen der Demonstrationen zu provozieren, worauf sich einzelne Jugendliche leider auch einließen. Doch ist es nicht richtig, für die Ereignisse, die sich nach der Demonstration ereigneten, die DemonstrantInnen verantwortlich zu machen. Wir als OrganisatorInnen der Demonstrationen haben im Laufe der Demonstration die Polizei mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass das Eingreifen der Polizeikräfte in den Demonstrationszug zu einer unnötigen Eskalation der Situation führen würde. Dennoch hat die Polizei immer wieder einzelne Jugendliche gewaltsam aus der Demonstration herausgegriffen und festgenommen. Anstatt deeskalierend zu agieren, hat die Polizei durch dieses Eingreifen letztlich die angespannte Situation auf der Demonstration zum Überschwappen gebracht.

Um die Situation der Eskalation auf der Demonstration besser zu veranschaulichen, möchten an dieser Stelle die Schilderungen einzelner TeilnehmerInnen der Demonstration wiedergeben:

O.K.:

"Als die Demonstration zu Ende ging, sind einige Polizisten zu mir und meinen Freunden gekommen, um nach unseren Ausweisen zu fragen. Wir haben sie gefragt, weshalb sie unsere Ausweise sehen wollen. Ein Polizist wiederholte daraufhin in einem drohenden und schimpfenden Ton, dass er unsere Ausweise sehen will. Wir haben dann wieder geantwortet, dass wir den Grund hierfür wissen wollen und dass wir das nicht richtig finden. Daraufhin haben uns die Polizisten ohne Vorwarnung angegriffen. Etwa fünf Polizisten haben mich angegriffen und zu Boden geworfen. Ich wurde zuvor fünf Mal an meinem Kopf operiert. Ich habe deshalb zu den Polizisten geschrien, dass sie nicht auf meinen Kopf schlagen sollen. Dennoch habe ich immer wieder Schläge auf meinen Kopf bekommen. Aufgrund der Verletzungen, die ich durch den Angriff erlitten habe, war ich vier Tage im Krankenhaus. Ich denke, die Haltung der Polizei war bewusst darauf ausgerichtet, dass es zu Ausschreitungen bei der Demonstration kommt."

Matze T.:

"Ich lebe in Dortmund und bin von dort aus zur Demonstration gekommen. Am Anfang sah es so aus, dass die Polizei bei der Demonstration normal agieren würde. Zu den ersten Problemen kam es, als türkische Fahnen am Rande der Demo auftauchten. Einige Jugendliche haben sich davon provozieren lassen, was ich nicht richtig fand. Die Polizei reagierte darauf eigentlich zunächst relativ ruhig. Aber danach griff die Polizei aus willkürlichen Gründen immer wieder in die Demo ein und nahm einige Leute fest. Ich empfand das als sehr provokativ und fühlte mich dadurch auch selbst angegriffen. Immer wieder sagten Leute aus Demonstration zur Polizei, dass sie damit aufhören sollten und dass sie kein Recht darauf hätten. Doch die Polizei drohte damit, die Demo frühzeitig zu beenden und machte einfach weiter. Auch dass die Polizei später mit Schlagstöcken und Pfefferspray die Menschen aus der Demo angegriffen hat, war völlig unbegründet und überzogen."

Buse C.:

"Ich bin aus Bonn zur Demo gekommen und war Ordnerin bei der Demo. Wir haben versucht kooperativ mit der Polizei zu agieren. Als türkische Fahnen geschwenkt wurden, kam es zu Provokationen und wir haben zu den Polizisten gesagt, dass sie die Provokateure aufhalten sollen, weil einige Jugendliche viel zu emotional darauf reagieren. Nach dieser Aktion hat die Polizei mit verschiedenen Begründungen immer wieder die Demo angegriffen und Leute aus der Demo heraus verhaftet. Sie haben uns überhaupt nicht vorgewarnt und sind mit Gewalt immer wieder in die Demo reingegangen. Am Ende der Demo war die Stimmung sehr angespannt. Die Polizei wollte weitere Leute aus der Demo festnehmen. Einige Jugendliche haben versucht das zu verhindern und die Polizei hat mit Gewalt darauf reagiert. Sie haben uns alle mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegriffen."

Diese und weitere Aussagen von DemonstrationsteilnehmerInnen legen den Verdacht nahe, dass die Polizei bei der Demonstration bewusst eskalierend agiert hat. Wir begreifen dieses Handeln der Polizei als Teil einer Kriminalisierungspolitik uns gegenüber. Unser Recht zu Demonstrieren soll unterbunden werden. Gleichzeitig wird über die Medien eine falsche Darstellung des Demonstrationsverlaufs durch die Polizei gestreut, was wir mit klaren Worten verurteilen möchten.


Organisationskomitee der Jugenddemonstration vom 12.April in Duisburg