Dersim 1937/38 - 77 Jahre danach

Das Schweigen über das Dersim-Massaker und andere Massenhinrichtungen in der Türkei muss gebrochen werden!

Am 4. Mai 2014 jährt sich zum siebenundsiebzigsten Mal das Massaker an den alevitischen Kurden in Dersim, der letzte und größte der Aufstände, in dem das kurdische Volk sich gegen die Assimilierungs- und Unterdrückungspolitik durch den kemalistischen Staat erhob. Ca. 80.000 Menschen, überwiegend Frauen und Kinder wurden auf grausamer Weise getötet, über 100.000 Menschen zur Deportation gezwungen. Die Anerkennung und Aufarbeitung des Massakers auf staatlicher Ebene und in der Gesellschaft ist bis heute jedoch noch nicht vollzogen worden.

Die türkische Geschichte ist zugleich eine Geschichte der Massaker
Das kurdische Volk leidet seit der Gründung der republikanische Türkei 1923 unter Mustafa Kemal Atatürk an einem physisch und systematischen Genozid ihrer nationalen Sprache, ihrer Geschichte, ihrer Identität, ihrer Geografie, ihrer Kunst und Kultur.

Mit dem Abkommen von Lausanne vom 23. Juli 1923 wurde Kurdistan auf den Iran, den Irak, die Türkei und Syrien geteilt. Vor allem in der Türkei begann die nationalistische Staatsideologie eine grausame Assimilations- und Vertreibungspolitik in kurdischen Gebieten. Schon wenige Monate nach Unterzeichnung des Lausanner Vertrages der Gebrauch der kurdischen Sprache, Vereinigungen und Publikationen verboten. Die Dorfnamen in Kurdistan wurden zu 90% türkisiert. Das türkische Parlament, in dem kurdische Repräsentanten vertreten waren, wurde aufgelöst.

Infolge der zunehmenden Repressionen, politischen und militärischen Umklammerung der Region brach unter Führung von Seyid Riza 1937 der Dersim-Aufstand aus, nachdem durch das Umsiedlungsgesetz - das "Tunceli-Gesetz" die Region umbenannt, unter Militärverwaltung gestellt und der Ausnahmezustand verhängt wurde.

Die Forderung zur Abschaffung der "Tunceli-Gesetze" und Gewährung einer Verwaltungsreform und nationaler Rechte wurden mit Einmarsch der türkischen Armee geantwortet. Ein kurdisches Verhandlungsangebot wurde abgelehnt. Am 18. November 1937 wurde Seyid Riza mit zehn seiner Gefolgsleuten hingerichtet.

Nach der Ermordung Seyid Rizas ging der Widerstand aber weiter. Daraufhin marschierte die türkische Armee über 100.000 Mann in Dersim ein, um den Aufstand niederzuwerfen. Tausende Kurden, darunter viele Frauen und Kinder, wurden Opfer der türkischen Bomben, Granaten und des Giftgases sowie hunderte zur Flucht gezwungen.

Heute sind die Tragödie des Dersim-Aufstandes noch in deutlicher Erinnerung. Die Wunde ist immer noch nicht geheilt. Der türkische Staat hat bis jetzt dieses Massaker weder anerkannt noch sich in irgendeiner Weise entschuldigt.

Ungelöste kurdische Frage - Teil der türkischen Staatsideologie
Wir stellen fest, dass die Staatsideologie in der Türkei gegenüber den Kurden sich kaum geändert hat. Das die verübten Massaker nicht aufgearbeitet werden, hat mit Nichanerkennung der kurdischen Identität und einhergehende bewaffneten Widerstandskampf der Arbeiterpartei Kurdistan PKK um die Rechte der KurdInnen zu tun. Die kurdische Frage wird heute, erst über 80 Jahren in die öffentliche Debatte getreten, nach dem die AKP-Regierung auf die Friedensappell von Abdullah Öcalan reagiert hat.

Auch das jüngste Massaker von Roboski darf nicht vergessen werden!
Das im Dezember 2011 verübte Massaker in Roboski durch das türkische Militär an 34 kurdischen Jugendlichen, die meisten noch im Kindesalter, wurden mit Flugzeugen aus der Luft bombardiert und starben infolgedessen. Die Aufklärung dieses Massakers wird von der AKP-Regierung verschleppt, die Schuldigen im Militär durch Ministerpräsident Erdogan gedeckt.

Wie das Dersim-Massaker warten auch das Roboski-Massaker und das Massaker an dem armenischen Volk auf Gerechtigkeit. Es ist notwendig, dass die Massaker kritisch aufgearbeitet werden und diese entsprechend als solche anerkannt werden.

Wir müssen durch unsere Zusammenarbeit und Solidarität uns für die internationale Anerkennung dieser Massaker einsetzen - Diesen Weg müssen wir alle kritisch begleiten.

Des Weiteren ist es von hoher Notwendigkeit, dass der Friedensappell von Abdullah Öcalan, gehört und dementsprechend von Seiten des türkischen Staates und der Regierung zu praktischen Handlungen kommt.

In diesem Sinne - So wie kein Opfer jemals vergessen wird, werden auch die Täter nicht in Vergessenheit geraten.

YEK-KOM e.V. / Düsseldorf, 04.05.2014

YEK-KOM Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland e.V.

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