Kampagne
Tatort Kurdistan
Stellungnahme zur Antwort der Regierung des Cizîre Kantons (größter Teil Syrisch-Kurdistans, Nordostsyrien) auf den Bericht von Human Rights Watch zur MenschenrechtslageDie Übergangsregierung
des im Januar 2014 ausgerufenen Kantons Cizîre hat letzte Woche auf den
Bericht von Human Rights Watch (HRW) vom 19. Juni 2014 über die Menschenrechtslage
in ihrem Kanton geantwortet. Wir, die Mitglieder einer Delegation, die
im Mai 2014 die Cizîre Region besucht hat und mehrere Dutzend Gespräche
führte, begrüßen diese Richtigstellung des HRW-Berichts. Der HRW Bericht stellt bereits in seiner Einleitung fest, dass in Cizire ein autoritäres Regime installiert werden solle. Dies wird jedoch im weiteren Verlauf des Berichts relativiert. Es werden zwar die einzelnen untersuchten Fälle in Cizîre weitgehend objektiv dargestellt wurden, aber die in der Zusammenfassung getroffenen Bewertungen sind überzogen und geben ein anderes und unrealistisches Bild der Untersuchungen wieder. Diese innere Inkonsistenz des Berichts weißt auf eine nichtneutrale Position in Bezug auf die Verhältnisse in Rojava hin. Des Weiteren möchten
wir betonen, dass die internationale Menschenrechtsorganisation HRW mit
unrealistischen und sehr hohen Erwartungen an eine Region herangetreten
ist, die ihre administrativen und politischen Strukturen ganz neu aufbaut
und einer sehr bedrohlichen Gefahr durch Angriffe terroristischer Organisationen,
allen voran Islamischer Staat (im Irak und Syrien, kurz ISIS), ausgesetzt
ist. Fern vom syrischen Zentralstaat befinden sich hier dennoch basisdemokratische
Strukturen, die vorbildhaft für ganz Syrien und den Mittleren Osten sind. Die Asayish-Kräfte haben uns zu allen ihren Einrichtungen bedingungslos Zugang verschafft. Wir haben bei ihnen ein hohes Bewusstsein für einen sensiblen und demokratischen Umgang mit der Bevölkerung gesehen. Die am 2. März 2014 in einem Rudaw-Interview mit einem HRW-Mitarbeiter Fred Abrahams [1] zu seinem Cizire-Besuch erwähnten Kritikpunkte haben wir problemlos thematisieren können. In einer offenen Diskussion räumten Vertreter der Asayish vereinzelte Verstöße ein, betonten aber auch, dass diese verfolgt würden und sie das Verständnis für internationale Menschenrechtsstandards bei den Sicherheitskräften durch Seminare stärken wollen. So sollen Vorfälle wie in Amude am 27. Juni 2013, welche zu fünf Toten unter einer Gruppe von Demonstranten und ein aus der Gruppe der Demonstranten heraus erschossenes YPG Mitgliedführte, zukünftig verhindert werden. [2] Die Asayish sind demokratisch kontrolliert und jederzeit für eine Beobachtung durch internationale Menschenrechtsorganisationen offen. Dazu gehört ebenfalls, dass sich entsprechende Menschenrechtskomitees zur Kontrolle von Sicherheitskräften in Rojava gerade im Aufbau befinden. Wir haben mehrere
Einrichtungen und Stationen der militärischen Selbstverteidigungskräfte
(YPG) ohne Vorankündigung besuchen können. Trotz unseren gezielten Fragen
nach dem Alter der angetroffenen YPG-Mitglieder haben wir nur in einem
Fall eine 17 Jährige antreffen können. Diese Person erklärte, dass sie
sich gegen den Wunsch der Familie den YPG angeschlossen habe und unter
keinen Umständen zurückkehren wolle. Ihre Vorgesetzte erklärte hierzu,
dass sie nicht bei Kampfhandlungen eingesetzt werde. Während unseres Aufenthaltes
haben wir den von Asayish inhaftierten Beshir Mussa Abdulmecid interviewen
können, dessen Fall im Mai 2014 publik wurde. Er ist Mitglied der Demokratischen
Partei Kurdistans (KDP) in Syrien und gestand, dass er und ein anderer
im Auftrag seiner Partei und der ihr nahestehenden Demokratischen Partei
Kurdistans im Irak – angeführt von Mesut Barzani – Bombenanschläge in
der Cizîre Region ausüben sollten. In authentischer Weise und ohne Druck
sprach er über diese erschreckenden Pläne zur Destabilisierung der selbstverwalteten
Region Cizîre. Er wurde festgenommen als Anfang Mai 2014 im Hinterhof
seines Hauses eine Bombe explodierte und sein Freund dabei starb. Nach
dreistündigem Gespräch und intensiver Beobachtung seiner Situation und
seiner Aussagen, konnten wir auch seinen eigenen Aussagen entsprechend
keinerlei Misshandlung oder Folter bei ihm feststellen. Seine Aussagen
stehen auf Video dokumentiert zur Verfügung. Im Anhang finden Sie die Antwort der Regierung des Cizîre Kantons. Zugriff auf den HRW-Bericht ist unter dem folgenden Link möglich: http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/syria0614_kurds_ForUpload.pdf TeilnehmerInnen der
Rojava Delegation der Kampagne Tatort Kurdistan:
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Selbstdarstellung der Delegation |