Und die Jahre gehen ins Land … 21 Jahre PKK-Verbot – und …?

es wird debattiert: In den Medien- und Parteienlandschaften lesen oder hören wir zurzeit viel darüber, ob das PKK-Verbot noch „zeitgemäß sei“. Die einen meinen, dass das PKK-Verbot sofort aufgehoben werden muss, so zum Beispiel Ulla Jelpke, MdB Fraktion die LINKE., oder Ströbele von den Grünen, der „es als ‚schizophren oder pervers‘“, bezeichnet, „die PKK einerseits zu loben, auf ‚der anderen Seite hier strafrechtlich zu verfolgen‘”[1].Gysi spricht in der Rhein Zeitung davon, dass zu überprüfen wäre „ob das Verbot der PKK aufgehoben werden sollte“[2]. Der Sprecher für Außenpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, fordert „vor einer Aufhebung des Verbots eine glaubwürdige Versicherung der PKK, dass sie ihren bewaffneten Kampf aufgibt …“[3] und auch aus der SPD hören wir ähnliche Stimmen. Wolfgang Bosbach, Mitglied der CDU und Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages spricht sich gegen die „rasche“ Aufhebung des PKK-Verbotes aus „Man kann nicht sagen, dass die PKK dem bewaffneten Kampf abgeschworen hat”[4], so Bosbach und will weiter beobachten …

Vielleicht geht diese Debatte noch einige Zeit, aber die Frage steht offen, wird das Verbot der PKK in Deutschland aufgehoben und wird sie von der „Terrorliste“ genommen oder nicht. Oder was bedarf es jetzt, dass konkrete, sichtbare Schritte in diese Richtung getan werden, die von der Bevölkerung auch wahrgenommen werden können.

§ 20 Vereinsgesetz

Während diese Debatte geführt wird, organisiert der Verband der Kurdischen Studierenden aus Kurdistan e.V. einen Infostand in der Mainzer Innenstadt. Sie informieren die Bevölkerung über die Angriffe der Terrorbande Islamischer Staat (IS) auf die Bevölkerung in Südkurdistan und sammelt Spenden für die Menschen, die gerade noch ihr Leben retten konnten und Hals über Kopf aus ihrer Heimat fliehen mussten. Jetzt, wo über die Aufhebung des PKK-Verbots debattiert wird, und mensch eigentlich davon ausgehen sollte, dass alle gegen IS aktiv werden, fällt den „Ordnungshütern“ in Mainz nichts anderes ein als zu provozieren. Die Fahne des Verbandes wurde von ihnen beschlagnahmt, die AktivistInnen mit einer Anzeige nach § 20 Vereinsgesetz bedroht, weil: „der YXK e.V. sei als Vereinigung in der BRD verboten“[5].

§ 129b Abs. 1 i. V. m. § 129a Abs. 1 StGB

Etwa zur gleichen Zeit, so erfahren wir später aus einer Meldung der Pressestelle des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof (GBA) vom 3. September, wird am 29. August 2014 (ja richtig: 2014) aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Mehmet D. verhaftet und in Untersuchungshaft genommen.

„Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, sich als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung ‚Arbeiterpartei Kurdistans‘ (PKK) beteiligt zu haben (§ 129b Abs. 1 i. V. m. § 129a Abs. 1 StGB). Die ‚Arbeiterpartei Kurdistans‘ (PKK) strebt einen staatenähnlichen Verbund der kurdischen Siedlungsgebiete in der Türkei, Syrien, Iran und Irak an. Sie verfügt über militärisch strukturierte Guerillaeinheiten …“[6], können wir dort lesen.

Ja geht es noch? Ja natürlich verfügt die PKK bzw. die Freiheitsbewegung über Guerillaeinheiten. Das konnten wir ja gerade überall lesen und hören. Im Besonderen auch von den ZivilistInnen, die sich über ihr Rettung vor den Mördern des IS, der im Übrigen über schwere Waffen auch aus der Bundesrepublik verfügt, bei der PKK bedankten. Nur anders als die faschistischen Kontraguerillaeinheiten wie IS oder Al-Qaida etc., die nichts anderes sind als Werkzeuge der „kapitalistischen Moderne“, die die Errungenschaften der kurdischen Revolution angreifen und die Bevölkerung terrorisieren, sind die Guerillaeinheiten der Schutz der Bevölkerung im Sinne einer legitimen Selbstverteidigung; wie ihre Bezeichnungen dies auch schon verdeutlichen. Die Volksverteidigungseinheiten YPG und die Frauenverteidigungseinheiten YPJ schützen die Bevölkerung in Rojava im Norden Syriens gegen den IS und das Assad-Regime. Und waren es nicht die Volksverteidigungskräfte HPG aus den Kandilbergen, gemeinsam mit YPG/YPJ, die einen Korridor für die Tausenden Êzîden freikämpften, damit sie sich in Sicherheit bringen konnten, oder die 13.000 Flüchtlinge im Maxmur-Camp, die schon 1993 vor der türkischen Armee und einer Politik der verbrannten Erde aus Nordkurdistan/Osttürkei fliehen mussten, konnten nur durch die Initiative dieser Guerillaeinheiten der kurdischen Freiheitsbewegung ein weiteres Mal gerettet werden.

Appelle an diese Bundesregierung zu richten, dass sie doch bitte das PKK-Verbot aufheben solle, sind meiner Meinung nach nicht der richtige Weg. Sie sollen debattieren.

Ich denke, es ist bei den richtigen Stellen angekommen, dass der Freiheitskampf der Kurdinnen und Kurden alternative Wege aufzeigt, auf denen Menschen lernen, sich selbst zu bestimmen, sich organisieren und die Initiative in die eigenen Hände nehmen. Es sind die aktiven Menschen in Rojava, die zeigen, dass sie eine Alternative zum kapitalistischen Alltag aufbauen, auch unter den schwersten Bedingungen, und diese Errungenschaften auch verteidigen können.

Es ist die PKK, die seit 1993 (trotz Verbot) mit politischen Initiativen in vielen Ländern und einseitigen Waffenruhen ihren Willen nach einer friedlichen Lösung des Konflikts verfolgt. Und es ist die aktive, unermüdliche Bevölkerung, die durch ihre Initiativen und Aktivitäten für einen gerechten Frieden mit großen Anstrengungen und Opfern eine Grundlage für ein friedliches Miteinander in der Region schafft. Es ist der Vorschlag Abdullah Öcalans, die bewaffneten Auseinandersetzungen im Mittleren Osten auf der Basis eines Demokratischen Konföderalismus zu lösen. Es ist das solidarische Leben der gegenseitigen Hilfe, ohne dieser Lebensform einer sich befreienden Gesellschaft sich die abspielenden Tragödien vor Ort nicht bewältigen lassen würden. Das haben jetzt viele erfahren können, auch hier.

Denn wer hätte je gedacht, dass einmal in der taz – ein Wegbereiter bei der Durchsetzung des Verbots 1993 – stehen würde, dass das PKK-Verbot aufgehoben werden müsse.

Wolfgang Struwe, Kurdistan Report

4. September 2014

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[1]http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a1&dig=2014%2F09%2F03%2Fa0030&cHash=2d25e490b740e23a7e7b66fc3079eb6e

[2]http://www.rhein-zeitung.de/nachrichten/rz-thema_artikel,-Gysi-Es-fehlt-nicht-an-Waffen-sondern-an-humanitaerer-Hilfe-_arid,1199576.html

[3]http://www.derwesten.de/politik/ist-das-verbot-der-pkk-noch-zeitgemaess-aimp-id9761165.html

[4]http://www.presseportal.de/pm/58972/2818996/nrz-wolfgang-bosbach-gegen-aufhebung-des-pkk-verbots

[5]http://www.yxkonline.com/index.php/publikationen/pressemitteilungen/480-pm-der-yxk-28-08-14-kriminalisierung-engagierter-kurdischer-studierender-durch-mainzer-polizei

[6]http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/14981/2821845/gba-festnahme-eines-mutmasslichen-mitglieds-der-auslaendischen-terroristischen-vereinigung