Rojava und
die spanische Revolution
Kurdistan Report
Redaktion
Während die Angriffe
auf Kobanê breit in den Medien diskutiert werden, findet eine inhaltliche
Diskussion über die Idee Rojavas nur oberflächlich statt. Viel mehr findet
eine Annäherung über altbekannte Muster statt; die Schablone des Nationalstaats
wird über Rojava gelegt. Alternative Ansätze einer Organisierung der Gesellschaft
jenseits von Staat, Macht und HERRschaft, die Rojava verkörpern, werden
auf diese Weise unsichtbar gemacht. .
Die aufflammende Revolution Rojava leistet nicht nur Widerstand gegen
den IS, sondern stellt einen Freiheitsfunken für den gesamten Mittleren
Osten dar. Für solch eine Betrachtung plädiert auch Metin Yegin in der
folgenden Kolumne, welche am 26.09.2014 in der türkischsprachigen Zeitung
Özgür Gündem erschienen ist.
Rojava und die spanische Revolution
Rojava... der Nullpunkt
der Erde. Mein früherer Vergleich mit dem spanischen Bürgerkrieg, oder
besser gesagt, mit der spanischen Revolution, erscheint immer passender.
Es kann heute niemand mehr leugnen, dass in Rojava – wie damals in Spanien
– ein Weltkrieg geführt wird. Doch noch wichtiger ist, dass nicht übersehen
werden sollte, dass neben diesem Krieg auch eine Revolution stattfindet
– ebenso wie bei der spanischen Revolution. Dem wird vielleicht in diesen
Tagen mit intensiven Gefechten nicht viel Wert beigemessen, doch es ist
gerade in diesen Tagen ebenso wichtig darauf sein Augenmerk zu richten.
Denn die Front ist nicht nur die Feuerlinie, sondern jeder Ort der Welt,
an dem von diesem Krieg, von diesem Widerstand erzählt wird. Nur wenn
man den Völkern der Welt erzählt, was Rojava in diesem Krieg will, was
für eine Bedeutung es für den Mittleren Osten und die Welt hat, kann dieser
Kampf gewonnen werden. Vor weniger als einem Jahr, hatte ich von „Volksdiplomatie“,
der Notwendigkeit, besonders den Völkern Europas von Rojava zu erzählen,
geschrieben. Genauso dringend wie Waffen zur Selbstverteidigung an der
Front benötigt werden, so dringend nötig ist es, Bewusstsein darüber zu
schaffen, wofür Rojava kämpft und was die Revolution in Rojava bedeutet.
Wer irgendwo auf der Welt, wer in Europa, weiß, dass heute mit der Revolution
in Rojava im Raum des Mittleren Ostens mit dem „geschlechterbefreitem
Paradigma" eine „Frauenrepublik" verteidigt wird? Lassen wir
mal die Straßen der Welt, wer weiß das in der Türkei? Der dortige Kampf
stellt nicht weniger dar, als „die Selbstverteidigung der Völker gegen
den patriarchalen Faschismus". Also was eigentlich nicht verstanden
wird, ist, dass es sich um eine revolutionäre Situation handelt und der
Angriff des IS direkt darauf gerichtet ist. Hinter der Zögerlichkeit des
Westens gegen den IS, der die gleichen grausamen Methoden wie die mexikanische
Mafia an den Tag legt, vorzugehen, steht eben dies. Die westliche Intervention
gegen den IS, der die Medien mit immer neuen Bildern von Journalisten,
deren Köpfe abgeschnitten werden aus eben diesen Ländern versorgt, hört
dort auf, wo die Revolution von Rojava anfängt. Der IS, dieser patriarchale
Faschismus, welcher aus der Irak-Besatzung hervorgegangen ist, ist eine
Miniatur der USA. Der US-Politik, welche Afrika und Asien zerstörte, Menschen
auf ihren eigenen Straßen diskriminiert, die die von Weißen dominierende
Gewalt und den Rassismus vorantreibt, Macht durch Pornografie predigt
und seine eigene Macht vergöttlicht. Oder sogar diese Region [A. d. Ü..:
gemeint ist Syrien und der Irak] zur Beschäftigung ihrer eigenen unartigen
Kinder nutzt. Sehr wahrscheinlich ist dies für die Staaten -wie es von
den CEOs gewünscht ist –, die wie bei einem Videospiel ein paar Punkte
gewinnen können, indem sie bestimmte Orte bombardieren, gar nicht schlecht.
Deswegen ist es wichtig, dass denjenigen, die zum Ziel der Gewalt werden,
die in Form von Videos mit abgeschnittenen Köpfen durch die Medien der
Welt geistern, nicht nur ein Opferstatus beigemessen wird, sondern dass
gleichzeitig begriffen werden muss, dass in Rojava eine Revolution stattfindet,
die sich gegen diese Grausamkeit richtet.
Aus diesem Grund ist unser Fehler – mich eingeschlossen – diese revolutionäre
Situation in Rojava der Welt nicht zu erzählen und die Front alleine zu
lassen (Noch letzte Woche machte mich die Unwissenheit eines sozialistischen
Parlamentariers im belgischen Parlament, mit dem ich über diese Ereignisse
sprechen wollte, fassungslos). Aus diesem Grund sind wir trotz Verspätung
gezwungen die Revolution in Rojava wieder von neuen zu erzählen.
Die Revolution in Rojava fordert Kommunen, Kooperativen, Kollektive und
eine ökologische Demokratie; und verteidigt ein geschlechterbefreites
Paradigma.
Wusstest du das das?
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