Pressemitteilung Mitglieder der Rojavadelegation Ende September

03.10.2014

Die Selbstverwaltungstrukturen von Rojava und die Verteidigungseinheiten YPG in Kobane müssen international unterstützt werden

Seit mehr als zwei Wochen greift der „Islamische Staat“ (IS) den Kanton Kobane im Norden Syriens/Rojava an. Der IS setzt dabei über 50 Panzer und schwere Waffen ein, die Augenzeugen und Videoaufzeichnungen zufolge teilweise aus der Türkei über die Grenze transportiert wurden. Aufgrund der waffentechnischen Überlegenheit des IS und ständigen Nachschubs an Waffen und Kämpfern durch die Türkei wird die Situation für die Bevölkerung von Kobane immer kritischer. Es wird berichtet, dass die Dschihadisten in den Dörfern rund um die Stadt erneut Kriegsverbrechen begangen und Zivilisten massakriert haben.

Die Luftschläge der USA gegen den IS im Irak hatten die Dschihadisten zum Teilrückzug in ihre Zentren rund um Rakka in Syrien getrieben. Von dort hat der IS Angriffe nun vornehmlich gegen die multiethnischen und multireligiösen Selbstverwaltungsstrukturen im Kanton Kobane/Rojava gerichtet. Die USA und ihre Bündnispartner haben mit ihrer geostrategisch orientierten Politik und ihrer jahrelangen indirekten und direkten Unterstützung des IS mit dazu beigetragen, dass die islamistische Terrororganisation die gesamte Region destabilisiert. Die Luftangriffe der USA und ihrer Koalitionspartner in Rakka und auf vom IS kontrollierten Ölfelder bewirken zudem eher, dass der IS seine Kräfte um Kobane zusammenzieht und dort mit aller Macht angreift.

Wenn schon Militärschläge von internationalen Kräften in Syrien durchgeführt werden, müssen diese darauf ausgerichtet sein durch die Vernichtung der Panzer und schweren Waffen um Kobane die mehr als 400.000 Menschen in der Stadt zu schützen. Zudem muss humanitäre Hilfe für Kobane und Rojava sofort anlaufen. Der IS plant neben der Errichtung eines Kalifats die Vernichtung der KurdInnen in Rojava und des reichen kulturellen Erbes der Region.

„Offensichtlich besteht international kein strategisches Interesse, die Menschen in Rojava zu unterstützen. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Selbstverwaltung sowie die Volksverteidigungseinheiten (YPG) dort seit zwei Jahren in ihrem Kampf gegen den IS durch ein Embargo isoliert und bei der Suche nach politischen Lösungen ignoriert werden. Die demokratischen Strukturen in Rojava müssen sofort anerkannt und unterstützt werden,“ erklärt Yilmaz Kaba, Mitglied der Föderation der Ezidischen Vereine e.V.

„Die Regierungen der USA und der EU müssen sofort ihre hauptsächlich an wirtschaftlichen und strategischen Interessen orientierte Politik in Syrien, Irak und Kurdistan beenden und stattdessen die demokratische Selbstorganisierung der Menschen in der Region anerkennen und zulassen. In Rojava gestalten sämtliche dort lebenden Bevölkerungs- und Religionsgruppen gemeinsam die Gesellschaft. Zudem werden die Frauen gleichberechtigt am Leben beteiligt. Das könnte ein Modell zur Demokratisierung des Mittleren Ostens sein,“ betont Rechtsanwältin Britta Eder.

Die Bundesregierung ist gefordert alle erdenklichen Schritte zu unternehmen, um Druck auf die Türkei auszuüben, sofort ihre Unterstützung für den IS zu beenden. Ansonsten droht in Kobane ein Blutbad ungeheuren Ausmaßes. Es darf nicht zugelassen werden, dass der IS einen Genozid an den in Kobane lebenden KurdInnen und weiteren Bevölkerungsgruppen begehen.

"Wenn die Regierung Erdogan/Davotoglu den Friedensprozess mit den KurdInnen ernst nimmt und helfen will das Kobane nicht in die Hände des IS fällt, sollte sie der YPG einen Korridor vom Kanton Cizire nach Kobane öffnen, damit Volksverteidigungseinheiten, Waffen und Munition in den umkämpften Kanton gelangen können. Die geplante Pufferzone ist dagegen nur Vorwand, um die Selbstverwaltung in Rojava zu zerstören. Panzer und Waffen sollte die Türkei, wenn überhaupt, an die YPG und nicht an die Terrororganisation IS geben und darüber hinaus endlich die Grenzen für die Dschihadisten schließen,“ fordert Martin Dolzer Soziologe und Menschenrechtler.

Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne unter der Tel. Nr.: 0176 – 20705646 zur Verfügung