Nicht die Immunität, sondern das Verbot aufheben!!In einer gemeinsamen Erklärung beziehen das Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInne in Deutschland, NAV-DEM e.V. und der Rechtshilfefond für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, AZADÎ e.V. Stellung zur Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten Nicole Gohlke: Am 6. November wurde die Aufhebung der Immunität der Bundestagsabgeordneten, Frau Nicole Gohlke, durch den Immunitätsausschuss bestätigt. Grund hierfür ist, dass Frau Gohlke während einer Kundgebung die Fahne der noch immer in Deutschland mit einem Betätigungsverbot belegten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hochgehalten haben soll. Mit jedem Tag, mit dem das PKK-Verbot weiterbesteht und die PKK auf der Liste der terroristischen Organisationen geführt wird, machen sich Bundesregierung, EU und die USA unglaubwürdig mit ihrer Aussage, Frieden, Freiheit, Demokratie und Stabilität in der Region des Nahen und Mittleren Ostens bringen zu wollen. Das Festhalten am Verbot kann vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Region des Mittleren Ostens nicht als Beitrag zur Beilegung der Konflikte betrachtet werden. Erst in dieser Woche haben annähernd 40 kurdische Parteien, Verbände und Vereine in einem offenen Brief die Bundeskanzlerin aufgefordert, einen Kurswechsel der bisherigen Politik gegenüber den Kurdinnen und Kurden und ihrer Institutionen vorzunehmen. In dem Brief heißt es u.a.: „Die politische Lösung der kurdischen Frage bedarf jenseits von humanitärer und militärischer auch einer politischen Unterstützung. Dies ist allerdings unter Beibehaltung der bisherigen Politik hinsichtlich der kurdischen Frage nicht möglich. Es ist wichtig, dass ein führendes Land wie die Bundesrepublik auch hier einen politischen Kurswechsel vornimmt. Weniger förderlich ist es, die Rechte der Kurden als einen sekundären Part innerhalb der bilateralen Beziehungen zur Türkei, dem Iran und Irak zu sehen und diesen Staaten, so zumindest die Strategie des 21. Jahrhunderts der europäischen / westlichen Staaten, Priorität zu gewähren. Die historisch-strategischen Beziehungen der Bundesrepublik zur Türkei haben die Lösung der kurdischen Frage im Sinne der Interessen der Türkei stark beeinträchtigt. Doch es hat sich sehr viel im türkisch-kurdischen Konflikt verändert. (...) Die politische Konstellation von 1993 hat sich radikal verändert. Weder die Kurden noch die Türkei sind auf dem Stand von 1993, das Jahr, in dem die PKK in Deutschland mit der Begründung der bilateralen Beziehungen zur Türkei verboten wurde. Die Argumente der damaligen Verbotsverfügung sind durch die Entwicklungen längst überholt. Entsprechende Debatten werden in der letzten Zeit in Deutschland geführt. Wir meinen, dass die Bundesregierung diesen Stimmen Gehör schenken sollte. (…) Wir meinen, dass diese Politik einer grundlegenden Änderung bedarf, und sind der Auffassung, dass die Aufhebung des PKK-Verbots eine Wende in der kurdischen Politik Deutschlands darstellen wird.“ (Vollständiger Offener Brief siehe Anhang). Auch aus innenpolitischen Gründen gehört das Betätigungsverbot der Arbeiterpartei Kurdistans aufgehoben, weil es gravierende Eingriffe in demokratische Grundrechte – wie Meinungsfreiheit - in diesem Land bedeutet. Die Immunitätsaufhebung von Frau Gohlke ist hierfür ein deutlicher Beleg. Sie ist inakzeptabel und muss wieder zurückgenommen werden. In einer aktuellen von verschiedenen JuristInnen- und Menschenrechtsvereinigungen geführten Unterschriftenkampagne heißt es u.a.: „Im Ergebnis dieser Politik wurden tausende Kurd*innen in der Türkei und in Mitgliedsstaaten der EU strafrechtlich verfolgt, der PKK nahe stehende Organisationen oder Parteien und kurdische Zeitungen verboten sowie Fernsehstationen geschlossen. Das Recht zahlloser Kurd*innen und politischer Unterstützer*innen auf ungehinderte freie Meinungsäußerung, auf Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit sind durch diese und andere repressive Maßnahmen verletzt worden. Selbst ausländerrechtliche Sanktionen bis hin zur Ausweisung werden eingesetzt.“ (siehe http://www.eldh.eu/de). Das Verbot ist darüber hinaus ein Integrationshindernis. Wir appellieren an die Bundesregierung, die in der Öffentlichkeit längst begonnene konstruktive Debatte über eine Neubewertung der PKK politisch mit konstruktiven Schritten zu begleiten, statt auf einer längst anachronistischen Haltung zu beharren. Wir appellieren außerdem an die am 11. und 12. Dezember in Köln tagende Innenministerkonferenz, Schritte einzuleiten, das Betätigungsverbot gegen die PKK aufzuheben. NAV-DEM Demokratisches Gesellschaftszentrum
der KurdInnen in Deutschland e. V. E-mail: info@navdem.com |