Erklärung der YXK-Jin zum 25.11.14, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an FrauenAm Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen mobilisieren sich weltweit Frauen, um auf die herrschenden gesellschaftlichen Missstände in der Form von Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen. Dieser Tag geht auf den 25. November 1960 zurück, an dem die 3 Mirabal-Schwestern Opfer eines Mordanschlags der faschistischen Trujillo-Diktatur der Dominikanischen Republik wurden. Sie wurden vergewaltigt, misshandelt und zu Tode gefoltert. Nach Ihrem Tod kam es zu einem Aufstand im ganzen Land und ein Jahr später wurde der Diktator gestürzt. Die Mirabal-Schwestern wurden zum Symbol für den Widerstand gegen die Diktatur. Seither werden Frauen weltweit an diesem Tag zur Aktion gegen Gewalt an Frauen aufgerufen. Auch nach über 54 Jahren ist die Erinnerung an diesen Tag - der auch für den Widerstand gegen das über 5000 Jahre alte Patriarchat steht - nicht verblasst. Obwohl in allen Teilen der Welt Frauen weiterhin durch das herrschende kapitalistische System Repressionen ausgesetzt werden, übernahmen die Vereinten Nationen erst im Jahre 1999 offiziell den Protesttag. Gewalt an Frauen hat viele Facetten. Häusliche Gewalt, Vergewaltigung, Sklaverei und Mord sind nur einige wenige Beispiele dieser Repressionen. Im Mittleren Osten ist zu sehen, dass die Gewalt an Frauen in ihrer Vielfältigkeit durch die herrschenden patriarchalischen Strukturen und dem Agieren islamistischer Kräfte, zugenommen haben. Dabei ist der Mittlere Osten auch zu einem Ort geworden, an dem die Freiheitsbestrebungen und der Kampf der Frau gegen Unterdrückung und Sklaverei stark zugenommen haben. Mit dem Beginn des Bürgerkrieges in Syrien im Jahr 2011, der sich im Nachhinein auch im Irak ausbreitete, stieg auch die Gewalt und Unterdrückung der Frau. Die Gewalt die vom IS (Islamischer Staat) ausgeübt wird, ist insofern nicht nur ein Genozid an der Menschheit, sondern auch ein weltweiter Feminizid. Es kommt zu einer systematischen Ausbeutung und Vernichtung der Frau. Durch Fatwas(Gesetze), die ohne theologische Rechtfertigung vom IS erlassen werden, ist es erlaubt Frauen auf Märkten zu verkaufen und es entsteht die schlimmste Art der Sklaverei. Sie werden zur Prostitution gezwungen, um den Dschihadisten als Sexsklavinnen zu dienen. Die abscheulichen Bilder dieser Sklavenmärkte, die an den Händen gefesselte und verhüllte Frauen zeigen, kamen erst an die breite Öffentlichkeit, als der IS am 3. August 2014 die Region Shingal, die vor allem von ezidischen KurdInnen bewohnt war, einnahm. In aller Deutlichkeit wird klar, mit welcher Unmenschlichkeit Frauen in den Händen des IS konfrontiert werden. Die internationale Weltgemeinschaft schweigt zu diesen Verbrechen und sieht tatenlos zu, wie der IS unbehelligt weiter massakriert, als wäre der IS-Terror ein rein regionales Problem. Diejenigen die heute noch zu den vom IS verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit schweigen, sind genauso mitverantwortlich. Denn dies Verbrechen sind nicht nur Massaker an KurdInnen, ChristInnen, TurkmenInnen etc., sondern ein Genozid speziell an Frauen – ein Feminizid. Ein Dorn im Auge des IS ist die YPJ, die Frauenverteidigungseinheiten. Sie spielen eine wichtige Rolle im Widerstand in Rojava gegen den IS. Die YPJ kämpft gemeinsam mit den Volksverteidigungseinheiten (YPG). Schätzungen zufolge sind ein Drittel der KämpferInnen in Rojava Frauen. Insofern ist der Kampf Rojavas und Shengals ist der Kampf der Frau! Wie am Beispiel von Arin Mirkan zu sehen ist, sind die Frauen bereit, für ihre Freiheit und der Freiheit Rojavas den Feind mit Aufopferung des eigenen Lebens zurückzudrängen. Diese Aufopferung leisten Frauen vor allem, weil sie in der Idee des Demokratischen Konföderalismus sehen können, dass Frauen in ihrem Wesen geschützt werden. Der westliche Irrglaube, dass die patriarchale Denkweise des IS nur auf den Nahen Osten beschränkt ist, lässt sich anhand eines Beispiels widerlegen. Trotz einer angeblich modernen Gesellschaftsordnung wird im 21. Jahrhundert immer noch -auch in Europa- Gewalt an Frauen ausgeübt. Die drei kurdischen Frauen Sakine Cansiz, Leyla Saylemez und Fidan Dogan wurden auch zum Opfer dieses herrschenden Systems. Am 09.01.2013 wurde ein Attentat auf die drei kurdischen Frauen im Informationsbüro in Paris durch gezielte Kopf- und Nackenschüsse verübt. Sakine Cansiz, Leyla Saylemez und Fidan Dogan waren nicht nur Repräsentantinnen der kurdischen Freiheitsbewegung sondern auch Vorreiter der Frauenbewegung. Die gezielten Schüsse galten zugleich dem Kampf der Frau gegen Unterdrückung und Sklaverei. Wir, als YXK Jin appelieren an die Weltöffentlichkeit, die Aufklärung der Morde an Sakine Cansiz, Leyla Saylemez und Fidan Dogan voranzutreiben. Auch an diesem Tag gedenken wir unseren drei Genossenin und werden bis zur lückenlosen Aufklärung dieser politischen Morde weiterhin Gerechtigkeit fordern. Der 25. November, der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen, bedeutet auch, den Kampf um Befreiung von sexistischer Gewalt zu führen. Nur die Frau kann die ausbeuterische Gewalt, die mit dem Krieg gegen sie selbst begann, besiegen. Wir als YXK JIN werden weiterhin daran arbeiten, dass Themen wie, Zwangsprostitution, Sexueller Missbrauch, Sextourismus, Vergewaltigung, Beschneidung von Frauen, Häusliche Gewalt, Zwangsheirat, die Abtreibung weiblicher Föten, Frauenarmut, Femizid etc. an die Weltöffentlichkeit getragen werden. Genauso auch wie die Mirbal-Schwestern Widerstand gegen Faschismus und für ein alternatives Leben geleistet haben, müssen wir auch Widerstand leisten! Für ein freies Leben aller Menschen. Für ein Leben in Frieden, Gerechtigkeit, Würde und Freiheit.
YXK – Jin (der autonome Frauenflügel des Verbandes der Studierenden aus Kurdistan); 25. November 2014
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