AUFRUF DER HDP AN DIE INTERNATIONALE GEMEINSCHAFTErklärung der HDP zu dem Anschlag in Ankara, Oktober 2015 Am 10. Oktober wurde eine Friedenskundgebung, die viele zivilgesellschaftliche Organisationen, revolutionäre Vereinigungen und progressive und demokratische Parteien, unter ihnen auch die Demokratische Partei der Völker HDP, zusammenbrachte, Ziel eines furchtbaren Anschlags. Bedauerlicherweise wurden dabei 128 Bürger_innen getötet und weitere Hunderte verletzt. Wir sind besorgt, dass die Zahl der Todesopfer weiter steigen kann, da sich noch immer 48 Verletzte in einem kritischen Zustand befinden. Dieser Anschlag wird als einer der blutigsten in die Geschichte unserer Republik eingehen. Es gibt klare Verbindungen zwischen dem Anschlag auf die Versammlung unserer Partei am 5. Juni 2015 in Amed, bei dem fünf unserer Mitbürger_innen gestorben sind und mehr als 200 verletzt wurden, dem Selbstmordattentat in Şuruc am 20. Juli 2015, bei dem 34 unserer Bürger_innen während einer Pressekonferenz der Jugend an der türkischen Grenze zur Unterstützung Kobanês getötet wurden und dem Selbstmordanschlag am 10. Oktober auf die Friedenskundgebung in Ankara. Bis heute hat kein amtierender Politiker hinsichtlich der letzten zwei Angriffe Verantwortung übernommen. Abgesehen der politischen Redekunst von Premierministers Davutoğlu und seiner ernannten Minister, sowie von Präsident Erdoğan, sehen wir keine politische Verantwortung hinsichtlich dieses blutigsten Anschlags in der Geschichte der Republik. Ganz im Gegenteil zeigen ihre öffentlichen Erklärungen, dass sie die Opfer dieses Angriffs und unsere Partei verantwortlich machen. Solch eine politische Tendenz zeigt, dass diejenigen, die für dieses Gemetzel verantwortlich sind, nicht vor Gericht gebracht werden und dass sogar die Untersuchung vor der Öffentlichkeit verborgen werden soll. Das Büro des Premierministers hat bereits Berichterstattungen der Medien über das Massaker von Ankara zensiert, die Regierung gibt damit nicht nur zu erkennen, dass sie die ausführenden Schuldigen schützen will, sonder auch diejenigen, die in politischen oder administrativen Positionen den Weg dafür geebnet haben. In Bezug zu der aneinander Reihung von Massakern, haben wir mehrere Erwartungen und klare Anforderungen an die internationale Gemeinschaft und politische Führung. Mit Hilfe dieses Aufrufs möchten wir, dass dem Massaker von Ankara und den vorangegangenen Anschlägen stärkere internationale Aufmerksamkeit gegeben wird. In solchen Ereignissen erkennen wir das Potenzial, Regionen in Instabilität zu bringen. Die Politik der AKP, sich auf radikale Gruppen als Stellvertreter zu verlassen, begann mit der Unterstützung von Gruppen wie ISIS, al-Nusra und Ahrar al-Sham durch Präsident Erdoğan – und wurde sogar durch die militärische Nachrichtendienstorganisation MIT geleitet – so dass die Aktivitäten dieser Gruppen besonders gegen die Kurd_innen in Rojava genutzt wurden. Präsident Erdoğan zielt auf
die Umsetzung eines Präsidialsystems für die Türkei, das ihn zur alleinigen
politischen Autorität der Türkei machen würde. Um dies zu erreichen braucht
Herr Erdoğan seine Partei, die AKP, um die Mehrheit der Sitze im Parlament
zu sichern und damit eine Einparteienregierung zu bilden. Die HDP unter
die Wahlhürde von 10% zu drücken, ist dabei eine durchschaubare Taktik
der AKP. Um dies zu erreichen, fährt die AKP die Strategie der „eskalierenden
Gewalt“. Als die PKK eine einseitige Waffenruhe verkündet hat, wurden
die Angriffe gegen sie verstärkt. Als die Zusammenstöße eskalierten, wurde
die Anzahl der getöteten Soldaten zur Grundlage gemacht, um eine systematische
Welle des Lynchens zu schaffen. Die von der AKP geführten faschistischen
Pogrome haben einerseits HDP-Gebäude, sowie kurdische Gruppen in den westlichen
Landesteilen ins Visier genommen. Andererseits wurden kurdische Städte
unter militärische Belagerung gestellt. Allein in Cizre wurden 21 Bürger_innen
vom türkischen Militär, sowie der Polizei ermordet. Zu einer Zeit, in
der Ultranationalisten und die uneinige Polizei in der Türkei existieren,
muss die sichere Durchführung der allgemeinen Wahlen im November (2015)
auf ernste Weise betrachtet werden. Unsere Wähler_innenschaft fühlt sich
unverändert bedroht, wo immer sie sozial oder politisch in Erscheinung
treten. Um die Stabilität in der Region aufrecht zu halten, ist es entscheidend,
die Ausbreitung solch verheerender Katastrophen zu verhindern. Aus diesem
Grund ist es äußerst wichtig, dass die internationale Gemeinschaft eine
feste Haltung gegenüber Präsident Erdoğan und der AKP-Regierung einnimmt,
die in den Augen der Öffentlichkeit ihre Gesetzmäßigkeit in der Türkei
bereits verloren hat. Hiermit fordern wir die internationale Gemeinschaft
auf, ihre Solidarität und ihre Anteilnahme direkt an die Völker der Türkei
zu richten und nicht weiter an den Staat, dessen Vertreter_innen die politischen
und administrativen Verantwortlichen für das Massaker sind. |