Barzani, seine Peshmerga und die KDP Immer wieder wurde die Rolle Barzanis, der Peshmerga und der KDP benannt und kritisiert, dennoch hält sich in der öffentlichen Berichterstattung und in Teilen der Solidaritätsstrukturen das Bild eines einheitlichen kurdischen Volkes. Nachrichtenseiten, wie „Kurdische Nachrichten Nuçe – News“ berichten schwammig über alles kurdische und speziell über die Erfolge der KDP-Peshmerga unter Barzani, so wurde gerade heute, nach der Befreiung der Stadt Şengal, mehrfach über die Heldentaten der Peshmerga unter Barzani und über das Hießen der südkurdischen Nationalfahne, der Autonomieregion Kurdistans berichtet. Während Kritik an Barzani, der KDP oder am kurdischen Nationalismus gerade von Strukturen wie der oben genannten Nachrichtenseite als anti-kurdisch diffamiert werden, wird der politische Konflikt der verschiedenen kurdischen Bewegungen und Parteien tot geschwiegen. Fakt ist jedoch, dass allem voran die KDP unter Barzani sich seit Jahrzenten gegen die kurdische Freiheitsbewegung stellt und einen kapitalistisch-patriarchalen kurdischen Nationalstaat im Mittleren Osten etablieren will. Im Verlaufe des zweiten Golfkriegs/dem ersten Irakkrieg wurden Verhandlungen geführt, um im Norden des Irak einen für die imperialistischen Großmächte stabilen Partner aufzubauen. Dieser Partner wurden die KDP unter Barzani und die PUK unter Talabani, sie zeigten sich als freudige Handlanger der USA und der Türkei und erhielten so eine Autonomieregion im Norden des Irak. In der Folge kam es sowohl zu Machtkämpfen zwischen der KDP und der PUK, als auch zu einem brutalen Geschwisterkrieg im Jahr 1991, indem sich KDP, PUK, der Iran und die Türkei zusammenschlossen und gemeinsam gegen die PKK in den Kampf zogen. Solche Handlungen der KDP lassen sich bis heute durchweg beobachten und auch an der jetzigen Praxis sehen. Während die KDP ihre wirtschaftlichen Verbindungen zur Türkei unter der AKP-Herrschaft Erdoğans immer weiter stärkt, führt sie seit Beginn der Revolution ein scharfes Embargo gegen Rojava. Während Rojava, wie unlängst bekannt, durch den türkischen Staat fast komplett blockiert wird und sich in letzter Zeit Meldung über Angriffe auf Stellung der YPG/YPJ durch das türkische Militär häufen, hält auch die KDP an ihrem Embargo gegen Rojava seit mehreren Jahren fest. Eine der bekannteren Missetaten Barzanis war der Rückzug der KDP-Peshmerga letztes Jahr aus dem Şengalgebirge, bei dem die Êzîd_Innen schutz- und hilflos zurück und damit dem IS überlassen wurden. Nur durch das Eingreifen der kurdischen Guerilla HPG/YJA-Star und der Verteidigungseinheiten aus Rojava YPG/YPJ konnten tausende Menschen gerettet werden. Was darauf folgte waren eine massive Propagandakampagne gegen die PKK in Südkurdistan (der Autonomieregion) und eine Legitimierung der KDP durch die imperialistischen Kräfte der NATO, wie z.B. durch Waffenlieferungen und Ausbildungen der deutschen Bundeswehr. Seit dem wird massiv versucht das Image Barzanis, seiner Peshmerga und der KDP aufzupolieren und sie als stabilen Partner im Mittleren Osten darzustellen. Durch die Befreiung
des Şengalgebirges war es den Êzîd_Innen jedoch möglich sich selbst zu
ermächtigen, auszubilden und zu organisieren, daraus hervor gingen die
YBŞ und die YPJ-Şengal, die Verteidigungskräfte der Êzîd_Innen, die auch
heute eine wichtige Rolle bei der Befreiung von Şengal-Stadt eingenommen
haben. Für die Öffentlichkeit wird in bester propagandistischer Weise eine riesige südkurdische Nationalfahne ausgerollt und in Şengal-Stadt aufgehangen, während die Kräfte der HPG/YJA-Star, YPG/YPJ und YBŞ/YPJ-Ş sich weiter vorkämpfen, um dem IS keine Ruhe zu gönnen. Die Peshmerga der KDP errichteten in den letzten Stunden Kontrollposten um das Şengalgebirge und blockieren die Zufahrt in die Region. Was immer tot geschwiegen wird, ist also die politische Dimension. Es ist sowohl plump, als auch falsch von einem einheitlichen kurdischen Volk und dessen Interessen auszugehen. Während die KDP sich den Bestrebungen für einen kurdischen Nationalkongress entgegenstellt, versucht sie weiterhin mit den imperialistischen Großmächten ihre Stellung zu stärken, einen kapitalistisch-patriarchalen kurdischen Nationalstaat zu etablieren und reproduziert damit die Grausamkeiten, die Unterdrückung und die Ausbeutung dieses Systems. Gleichzeitig versucht die kurdische Freiheitsbewegung, angeführt von der PKK, einen antipatriarchalen und antikapitalistischen Demokratisierungsprozess im gesamten Mittleren Osten zu etablieren, dessen erste Früchte wir bereits in Nordkurdistan, Rojava und Şengal sehen können. Uns ist bewusst, dass dieser kurze Text nicht alle Facetten beinhaltet, die für eine ganzheitliche Analyse und Kritik wichtig wären, aber wir sehen die Notwendigkeit auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Berichterstattung ist immer politisch geprägt und gerade in Zeiten des Krieges, gibt es keine allgemeingültige Wahrheit. Positionen oder Stellungnahmen jedoch als solche zu verkaufen stellt einen Versuch der Täuschung dar und muss kenntlich gemacht werden. Hamburg für Rojava |