Der Erfolg der Günyüzü-Frauen Von Suna Parlak Erstmalig wollten Frauen bei Güldünyas Prozess als Nebenklägerinnen auftreten. Güldünya wurde nicht ermordet, weil sie Güldünya war, sagten sie, sondern weil sie eine Frau war. Deshalb klagen wir Frauen auch diesen Mord mit an. Güldünya war von einem aus der Familie vergewaltigt worden, von anderen aus der Familie ermordet. Während die Mörder aus ihrer Familie auf der Anklagebank saßen, nahmen die Familienmitglieder, die sie nicht geschützt und sogar ihrer Hinrichtung zugestimmt haben, in Güldünyas Namen an dem Prozess teil. Frauenorganisationen forderten, als Vertreterinnen Güldünyas aufzutreten und kritisierten die Familie, die sie getötet hatte, die Polizei, die sie nicht einmal schützte, als sie verletzt im Krankenhaus lag und schließlich den Staat mit seinen Regeln, die stets mit einem Ehrbegriff nach doppeltem Standard umgesetzt werden. Der erste Beschluss des Gerichts war die Ablehnung der Forderung der Frauenorganisationen. Im Anschluss wurden Güldünyas Brüder zu einer lebenslänglichen Haftstrafe wegen Ehrenmord verurteilt. Auch im Fall von Yasemin aus Ankara, die von ihrem jüngeren Bruder ermordet wurde, wollen Frauen als Nebenklägerinnen auftreten. Bereits auf ihrer Beerdigung kündigten Frauen an, „Männern, die Frauen töten“, das Recht nicht zu überlassen. Das erste positive Signal für eine Beteiligung an Gerichtsprozessen von Frauen als Vertreterinnen für Frauen, die von Männern ermordet wurden, kam aus Bursa. Ayla Yildirim und Ayse Batumlu von der Frauenkooperative Günyüzü stellten vor Gericht einen Antrag, als Vertreterinnen der Nebenklage für Fatma E. aufzutreten, gegen die die Seite ihres Verlobten einen Mordversuch unternahm, als sie sich von ihm trennen wollte. Und dieser Antrag wurde angenommen. Fatma E.s Geschichte ist nicht besonders originell. Eine ganz gewöhnliches Frauendrama, wie wir es täglich hören. Sie wurde im Alter von 17 Jahren am 12. Dezember 2004 auf dem Weg nach Hause, in Begleitung von Verwandten, vom Bruder ihres Verlobten angeschossen und schwer verletzt. Ayla Yildirim und Ayse Batumlu besuchten Fatma im Krankenhaus und hörten sich ihre Geschichte an. Vor Gericht wurden sie als Zeuginnen angehört. An zwei Verhandlungstagen haben sie als Nebenklägerinnen teilgenommen. Danach wurde die Forderung auf Zulassung zur Nebenklage zurück gewiesen, aber das Gericht verurteilte den Angeklagten aufgrund ihrer Aussagen. Denn obwohl Fatma verletzt wurde, gab ihre Familie ihre 13-jährige Schwester an ihren Ex-Verlobten, um die Beziehung zwischen den Familien wieder auszugleichen. Weil Fatma Angst hatte und damit ihrer kleinen Schwester nichts passiert, verzichtete sie auf eine Zeugenaussage. Das Gericht befand aufgrund der Aussagen der im Namen der Frauenkooperative Günyüzü am Prozess teilnehmenden Frauen den Angeklagten für schuldig des Mordversuchs. Weil Fatma überlebt hatte, wurde die lebenslängliche Haftstrafe auf 15 Jahre reduziert. Ayla Yildirim bezeichnet dieses Urteil „trotz allem als einen Erfolg für die Frauenbewegung“. Bei Güldünyas Prozess hatte das Gericht die Frauenorganisationen nicht einmal anhören wollen. Der Prozess in Bursa ist wirklich ein wertvoller Schritt, der wegweisend für andere Frauenmordprozesse wirken kann. […] Neben der Zulassung zur Nebenklage spielt auch das geforderte Strafmaß eine wichtige Rolle. Während die Günyüzlü-Frauen eine Verurteilung nach § 82 wegen „vorsätzlichen Mordes“ forderten, wurde der Angeklagte nur wegen Mordversuchs verurteilt. Aber der vorsitzende Richter kommentierte zumindest, eine Verurteilung nach § 82, wofür Frauenorganisationen seit Jahren kämpfen, sei notwendig gewesen. […] sparlak2001@yahoo.com Quelle: Gündem, 27.07.2006, ISKU |