Kurdisches
Frauenbüro für Frieden – Cenî Düsseldorf, April 2008
Leyla Zana, eine bekannte kurdische Politikerin, wurde am 10. April 2008 von einem türkischen Gericht in Diyarbakir zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr angebliches Vergehen ist es, im vergangenen Jahr in ihrer Rede Abdullah Öcalan, neben dem irakischen Staatspräsidenten Celal Talabani und dem Regierungschef der kurdischen Autonomiebehörde im Nordirak Mesut Barzani, als eine der drei Führungspersönlichkeiten des kurdischen Volkes bezeichnet und somit Propaganda für eine verbotene Organisation gemacht zu haben. Bereits 1994 wurde die ehemalige Abgeordnete der DEP des türkischen Parlaments und Trägerin des Sacharow Friedenspreises des Europaparlamentes zu einer fünfzehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie bei der Vereidigung als Abgeordnete in kurdischer Sprache geäußert hatte, sie werde für die Brüderlichkeit zwischen dem türkischen und kurdischen Volk arbeiten. Der türkische Staat hat seine seit der Republikgründung praktizierte Verleugnungs- und Vernichtungspolitik gegen das kurdische Volk nach dem Erhalt des EU-Kandidatenstatus im Jahre 2004 erneut verstärkt. Im Rahmen dieser Kriegspolitik gegen das kurdische Volk griffen staatliche Sicherheitskräfte in diesem Jahr die Newroz- Feierlichkeiten brutal an. Fünf Menschen verloren bislang in der Türkei ihr Leben, drei weitere Kurden wurden in Syrien von staatlichen Sicherheitskräften ermordet. Hunderte wurden bei den Veranstaltungen zum Teil schwer verletzt, annähernd 1.000 Personen festgenommen bzw. verhaftet. Vor laufenden Kameras wurden Kinder auf offener Strasse gefoltert. Erst kurz zuvor hatte das türkische Militär mit Unterstützung der USA völkerrechtswidrige, grenzüberschreitende Luft- und Bodenoffensiven in den Nordirak (Südkurdistan) durchgeführt. In einem Land, in dem keine Sicherheit für das Menschenleben besteht, können universelle Freiheiten wie Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit nicht erwartet werden. Die Lösung der kurdischen Frage ist unabdingbar für die Demokratisierung der Türkei. Solange die Türkei das kurdische Volk und seine Rechtsforderungen nicht anerkennt, wird sie auch keine ernst zu nehmenden Schritte in Richtung Demokratie und Fortschritt vollziehen können. In der antidemokratischen und rassistischen Politik gegen das kurdische Volk ist ein besonderer Hass des türkischen Staates gegen gesellschaftspolitisch aktive kurdische Frauen sichtbar. Einem patriarchalen Staat ist es ein Dorn im Auge, dass kurdische Frauen sich aus den traditionellen Gesellschaftsnormen befreiend aktiv am sozialen und politischen Leben beteiligen und Führungspositionen übernehmen. Alle Bürgermeisterinnen und Abgeordnete der Demokratischen Gesellschaftspartei sind Angriffsziele dieser Politik. Gegen alle laufen unzählige Verfahren mit der Zielsetzung, sie handlungsunfähig zu machen. Als „Kurdisches Frauenbüro für Frieden – CENI“ setzen wir uns seit Jahren für eine politische Lösung der kurdischen Frage, einen gerechten Frieden, Frauenbefreiung und die Demokratisierung des Mittleren Ostens ein. Jedoch führt der politische Weg, den die Türkei eingeschlagen hat, zu weiterer Instabilität in der Region, zu Leid und Armut, sowie einer Stärkung antidemokratischer, militaristischer und patriarchaler Strukturen - und vor allem zu Krieg statt Frieden. Wir verurteilen die Gefängnisstrafe gegen Leyla Zana und fordern eine sofortige Aufhebung des Urteils sowie die Einleitung eines Dialogs zur Lösung der kurdischen Frage.
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