Cenî
– Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Grupellostr. 27
40210 Düsseldorf
Tel: +49 (0) 211 17 11 080
Fax: +49 (0) 211 17 11 078, ceni_frauen@gmx.de
Pressemitteilung
Düsseldorf,
Mai 2004
DOSSIER MAI
2004
KEINE AUSLIEFERUNG DER KURDISCHEN POLITIKERIN NURIYE KESBIR AN
DIE TÜRKEI!
- Aufruf der kurdischen Fraueninstitutionen
in Europa
- Kurzportrait der kurdischen Politikerin
- Brief von Nuriye Kesbir aus dem Gefängnis
- Die traurige Realität der Türkei – Konsequenzen einer
Auslieferung
- Protestfax – Musterbeispiel
Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V - Düsseldorf,
Anatolisches Frauenzentrum – Duisburg, Dest-Dan Frauenverein –
Berlin, Mesopotamien Freier Frauenverein Hamburg, Roza Frauenverein –
Darmstadt, Kurdischer Frauenverein – Frankfurt, Zilan Frauenverein
– Rotterdam, Helin Frauenstiftung – Den Haag, Kurdischer Frauenverein
– Amsterdam, Amara – Denge Jinan - Arnheim, Helina Kurdan
Frauenverein Anwers, Kurdische Frauenunion – Wien, Amara Kurdischer
Frauenverein – Linz, Kurdischer Frauenverein – Graz, Kurdischer
Frauenintegrationsverein – Göteborg
c/o Ceni - Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V., Grupellostr.
27, D- 40210 Düsseldorf, tel. +49 (0) 211 17 11 080, Fax: +49 (0)
211 17 11 078, Email: ceni_frauen@gmx.de, www.ceni-kurdistan.de
AUFRUF DER KURDISCHEN FRAUENINSTITUTIONEN
IN EUROPA AN DIE DEMOKRATISCHE SENSIBILITÄT
Während des über
15 Jahre dauernden Kriegszustand mussten kurdische Frauen einen hohen
Preis zahlen: Tausende sahen sich auf Wachen, in Gefängnissen und
an anderen Orten mit Folter, sexueller Belästigung, Vergewaltigung
und psychischer sowie körperlicher Gewalt konfrontiert. Doch trotz
all dieser Probleme konnte die kurdische Frau nicht von ihrem Kampf für
Frieden, Demokratie und Freiheit abgebracht werden. Je mehr sie sich aktiv
an der Politik beteiligte, um so größerem staatlichen Druck
wurde sie ausgesetzt. Ein Beispiel hierfür stellt Nuriye Kesbir dar.
Frau Kesbir soll in ein Land
ausgeliefert werden, in dessen Gefängnissen Folter und Todschlag
praktiziert wird, das Rechtswesen parteiisch und ungerecht geführt
wird, Angeklagte kein Recht auf freie Verteidigung haben und Menschenrechte
des kurdischen Volkes mit Füßen getreten werden. Weiterhin
wurden Zugehörige der jesidischen Religion, zu der auch Nuriye Kesbir
zählt, entweder vertrieben oder durch „Morde unbekannter Täter“
getötet.
Bekannte Menschenrechtsorganisationen,
wie amnesty international, Human Rights Watch und dem türkischen
Menschenrechtsverein IHD haben sowohl bei Gesprächen mit dem türkischen
Premierminister Recep Tayyip Erdogan und dem Außenminister Abdullah
Gül als auch in ihren Berichten wiederholt unterstrichen, dass Folter
immer noch praktiziert wird.
Trotz diesem Umstand erklärte das Kassationsgericht von Den Haag
am 9 Mai, dass Nuriye Kesbir augeliefert wird, sobald die türkische
Regierung garantiert, dass Frau Kesbir gerecht behandelt wird, ihre Sicherheit
bewahrt wird und keine Folter angewandt wird.
Nicht zu vergessen ist, dass der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte in den Fällen von weltbekannten Politikern wie Abdullah
Öcalan und Leyla Zana und ihre drei Parteikameraden beschlossen hat,
dass die Prozesse erneut geführt werden müssen aufgrund einer
ungerechten Prozessführung. Wenn bei diesen Personen die Prozess
schon nicht gerecht und Rechtsnormen entsprechend geführt worden
sind, wie soll dies dann bei Nuriye Kesbir garantierf werden? Es liegt
offen, wie subjektiv das Urteil des niederländischen Gerichts ist.
Dies unterstreicht, dass die Situation von Nuriye Kesbir Dringlichkeit
und Sensibilität bedarf. Aus diesem Grund sind wir der festen Meinung,
dass die Auslieferung Frau Kesbirs sofort gestoppt werden muss.
In diesem Sinne rufen wir als
Kurdische Fraueninstitutionen in Europa die Freunde des kurdischen Volkes,
Frauenorganisationen in Europa sowie in der Türkei, Menschenrechtsorganisationen
und alle demokratischen Kräfte dazu auf, gegen dieses Urteil zu protestieren.
Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Anatolisches Frauenzentrum - Duisburg
Dest-Dan Frauenverein – Berlin
Mesopotamien Freier Frauenverein Hamburg
Roza Frauenverein – Darmstadt
Kurdischer Frauenverein – Frankfurt
Zilan Frauenverein – Rotterdam
Helin Frauenstiftung – Den Haag
Kurdischer Frauenverein – Amsterdam
Amara – Denge Jinan - Arnheim
Helina Kurdan Frauenverein Anwers
Kurdische Frauenunion – Wien
Amara Kurdischer Frauenverein – Linz
Kurdischer Frauenverein – Graz
Kurdischer Frauenintegrationsverein – Göteborg
Bitte wenden Sie sich an folgende Institutionen:
Ministry of the Interior and Kingdom Relatins
Minister Johan Remkes
Schedeldoekshaven 200
2511 EZ The Hague
Niederlande
Oder P.O. Box 20011
2500 EA The Hague
Niederlande
Tel. +31 70 426 63 02
Fax: +31 70 363 91 53
Email: info@minbzk.nl
Außenministerium
Minister Bernard Rudolf Bot
Bezuidenhoutseweg 67
Postbus 20061
2500 EB Den Haag
Telefon: +31 70 3486486
Fax: +31 70 3484848
Email: dpz@minbuza.nl
Justizministerium
Minister Piet Hein Donner
Schedeldoekshaven 100
Postbus 20301
2500 EH Den Haag
Telefon: +31 70 3707911
Fax: +31 70 3707900
Email: voorlichting@minjus.nl
Außenministerium
Minister Bernard Rudolf Bot
Bezuidenhoutseweg 67
Postbus 20061
2500 EB Den Haag
Telefon: +31 70 3486486
Fax: +31 70 3484848
Email: dpz@minbuza.nl
Justizministerium
Minister Piet Hein Donner
Schedeldoekshaven 100
Postbus 20301
2500 EH Den Haag
Telefon: +31 70 3707911
Fax: +31 70 3707900
Email: voorlichting@minjus.nl
Generalkonsulat der Niederlande
Generalkonsul Dr. C.G.J. van Honk
Oststr. 10
40211 Düsseldorf
Fax: 0211 35 90 40
Generalkonsulat Niederlande
Bockenheimer Landstraße 39
60325 Frankfurt a.M.
Fax: 0 69-97 12 01 55
Generalkonsulat Niederlande
Alsterufer 10
20354 Hamburg
Fax: 0 40-45 03 50 73
Generalkonsulat der Niederlande
Nymphenburgerstr. 20a
80335 München
Fax: (0 89) 2060267-30
Botschaft Niederlande
Klosterstrasse 50
10179 Berlin
Fax: 030- 20 95 64 41
Kurzportrait der kurdischen
Politikerin
Yezidin - Kurdin – Frau
Nuriye Kesbir gehört der
yesidischen Religionsgemeinschaft an. Sie ist Kurdin aus Besiri / Batman
im Südosten der Türkei. Sie ist eine Frau, die für Gerechtigkeit
kämpft. Nicht nur für sich selbst, sondern für ihr Volk,
für die Frauen dieser Welt, für die Menschheit.
Bereits in frühen Jahren bekam sie zu spüren, was Diskriminierung
und Unrecht bedeuten. Ihre Familie musste aus der Türkei flüchten,
weil sie sowohl yesidischer als auch kurdischer Herkunft ist. So reifte
in Nuriye Kesbir der Entschluss, sich dem Unrecht nicht zu beugen und
sich gegen die jahrhundertealte Unterdrückung und Verleugnung ihrer
Religionsgemeinschaft und ihres Volkes sowie die Jahrtausende währende
Erniedrigung als Frau einzusetzen.
Verfolgt - geflüchtet
– inhaftiert
Verfolgung, Flucht und die
Suche nach Gerechtigkeit führten die türkische Staatsbürgerin
Nuriye Kesbir über Deutschland nach Kurdistan und schließlich
nach Holland, wo sie politisches Asyl beantragte. Aber ihr Vertrauen darin,
dass Holland ein Land ist, in dem Demokratie herrscht und Menschenrechte
Beachtung finden, wurde bitter enttäuscht. Nuriye Kesbir wurde bereits
am Flughafen bei ihrer Ankunft im September 2001 verhaftet
An mein Volk und die demokratische Öffentlichkeit!
Seit dem 7. Mai bin ich offiziell
im Hungerstreik, um gegen das Urteil des Niederländischen Obersten
Gerichtshofs, das meine Auslieferung in die Türkei ermöglicht,
zu protestieren. Damit will ich weiteres Unrecht verhindern, meine Parole
lautet: “Frei leben oder überhaupt nicht leben!”
Ich will kurz erläutern, wie ich zu dieser Entscheidung gelangt bin:
Am 25. September 2001 kam ich in die Niederlande und beantragte Asyl.
Mein Antrag wurde abgelehnt, und bis heute führt man im Namen eines
Gesetzes, dessen Zweck es ist, mich außer Landes zu bekommen, einen
Kampf. Nach 15monatiger Gefangenschaft wurde ich durch das Urteil eines
Amsterdamer Gerichts auf freien Fuß gesetzt.
Das Gericht wies das Auslieferungsersuchen der Türkei zurück,
da es ihre Behauptungen als unzutreffend einstufte. Aber durch einen Revisionsantrag
beim Obersten Gericht durch das Asylministeriums und die Staatsanwälte
ließ man das ganze von vorne beginnen. Aufgrund dessen wurde ich
am 5. März 2004 durch einen Beschluss des Obersten Gerichtshofs in
Den Haag wieder verhaftet.
Es ist klar, dass diesem Beschluss jede juristische Dimension fehlt. Dieses
Urteil, das durch und durch politisch ist, ist nichts anderes als die
immer gleiche Ignoranz gegenüber dem legitimen Kampf des kurdischen
Volkes. 15 Jahre bewaffneten Kampfs werden genauso ignoriert wie der seit
fünf Jahren einseitig eingeleitete Prozess von Frieden, Demokratie
und einer Lösung der kurdischen Frage. Mit diesem Urteil billigt
man die Repression des türkischen Staates gegen unser Volk in dieser
Zeit, die Massaker und die Zerrüttungspolitik. Mehr als 4000 Dörfer
wurden entvölkert und zerstört, Millionen von Menschen wurden
mit Gewalt vertrieben, Zehntausende revolutionär und demokratisch
gesinnte Menschen sowie Intellektuelle wurden inhaftiert, und vor allem
ist der Vorsitzende Apo, dem das kurdische Volk bis ins letzte loyal ist,
seit fünf Jahren in einer Einzelzelle isoliert. Den beharrlichen
Bemühungen für Frieden und Demokratie gegenüber, die der
Vorsitzende Abdullah Öcalan trotz dieser verschärften Isolationsbedingungen
fortsetzt, verhält sich die Weltöffentlichkeit wie die drei
Affen: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Es gibt keinerlei
Intervention gegen den Terror und die illegalen Praktiken, die gegen das
kurdische Volk angewandt werden. Die Friedensinitiativen Abdullah Öcalans
werden ignoriert.
Für all trägt die Europäische Union Verantwortung. Am besten
zeigte sie dies, indem sie den Vorsitzenden Apo nicht akzeptierte, als
er 1998 nach Europa kam, um eine Lösung für die kurdische Frage
zu schaffen, sondern ihn nach Afrika trieb. Anstatt ihren Fehler zu korrigieren,
beging sie vor kurzem den größten Fehler in ihrer Geschichte,
als sie Kongra-Gel auf die Liste der terroristischen Organisationen setzte.
Mit dem Urteil gegen meine Person werden die Bemühungen beschleunigt,
Mitglieder von Kongra-Gel, der demokratischen Organisation des kurdischen
Volkes, an die Türkei auszuliefern. Ich sehe dieses Urteil als ein
Urteil gegen das kurdische Volk in meiner Person an.
Erst vor wenigen Tagen haben niederländische und andere europäische
Abgeordnete des Europäischen Parlaments erklärt, das Gerichtsverfahren
gegen Leyla Zana, Hatip Dicle und ihre Freunde sei nicht gerecht gewesen.
Heute jedoch wird meine Auslieferung aufgrund einer Garantie beschlossen,
die die Türkei angeblich geben wird. Was sie Garantie nennen, ist
wahrscheinlich eine staatliche Auftragsvergabe. Es sind wirtschaftliche
Interessen, die gegenwärtige AKP-Regierung ist zu jeglichem Zugeständnis
bereit. Sie verkaufen die Türkei. Als Gegenleistung für die
Liquidierung des kurdischen Befreiungskampfs findet ein Ausverkauf der
Türkei statt. Die gegenwärtige AKP-Regierung spielt ein sehr
gefährliches Spiel. Leider spielen einige europäische Länder
dieses Spiel mit.
Ich appelliere an die niederländische Öffentlichkeit. Lasst
keinen Schatten auf die Reputation der Niederlande für Gerechtigkeit,
Demokratie und Menschenrechte fallen. Versucht zu verstehen, was der türkische
Staat dem kurdischen Volk angetan hat und entscheidet selbst, ob ich als
Individuum schuldig bin oder nicht.
In der letzten Zeit habe ich viel darüber nachgedacht, was mein Vergehen
ist. Ich kann Ihnen meine Vergehen in ein paar Punkten aufzählen:
1. Als Mensch geboren zu sein und für ein menschliches Leben zu kämpfen.
2. Als Kurdin geboren zu sein und mich am Kampf dafür beteiligt zu
haben, dass das kurdische Volk sein Schicksal selbst bestimmen kann. Wenn
das ein Verbrechen ist, ja, dann bin ich schuldig!
3. Wenn es ein Verbrechen ist, als Frau dafür zu kämpfen, dass
Frauen frei und gleichberechtigt leben können, ja, dann bin ich schuldig.
4. Wenn es ein Verbrechen ist, dass ich wegen meiner Religionszugehörigkeit
gegen jede Art von Diskriminierung eingetreten bin, dann bin ich schuldig.
5. Wenn es ein Verbrechen ist, dass ich es nicht bereue, einen legitimen,
demokratischen Kampf dafür zu führen, dass mein Volk unter anderen
Menschen menschlich leben kann, dann bin ich eine Verbrächerin.
Es ist klar, das Urteil ist eines, das über die Frage, ob ich schuldig
bin oder nicht, hinausgeht. Dieses Urteil ist eine absolut politische
Entscheidung und stützt sich auf verschiedenen wirtschaftliche Vorteile,
die man von der Türkei erwartet. Ich erkläre noch einmal: Ich
wünsche es dem niederländischen Staat und seiner Regierung,
dass sie sich nicht dazu herablassen. Ich fordere die Verantwortlichen,
die bis heute so oft den schmutzigen Charakter des türkischen Staats
betont haben, auf, hinter ihren Worten zu stehen.
Mein weiteres Verhalten hängt von der jeweiligen Entscheidung ab.
Solange es keine Fortschritte oder positiven Entwicklungen gibt, werde
ich meinen Hungerstreik unbefristet fortsetzen. Ich erkläre einmal
mehr vor der gesamten Weltöffentlichkeit meine Haltung. Ich rufe
alle fortschrittlichen, demokratischen, intellektuellen Menschen und Institutionen,
die für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden kämpfen, zur
Solidarität auf.
Der menschliche Willen wird über die Gewalt siegen.
Frei leben oder überhaupt nicht leben!
Meine Grüße und
meine Hochachtung,
Nuriye Kesbir
In einem niederländischen Gefängnis
10.05.04
Die traurige Realität
der Türkei –
Was Nuriye Kesbir bei einer Auslieferung in die Türkei bevorstehen
würde:
Obwohl die Türkei im Rahmen der Verhandlungen für einen EU-Beitritt
verschiedene Gesetzesänderungen verabschiedet hat, sieht es in der
Realität leider ganz anders aus: kaum ein Tag vergeht, an dem keine
Foltervorfälle und unmenschliche Behandlungen vor allem gegen politisch
aktive Personen aus dem Gefängnisse bekannt werden. Dem Jahresbericht
2003 des Türkischen Menschenrechtsvereins IHD zufolge wurden im letzten
Jahr 818 Personen unter Polizeigewahrsam gefoltert. Außerdem wurde
festgehalten, dass mindestens 113 Inhaftierte ständiger Folter ausgesetzt
wurden.
Besonders schwierig erweist sich die Lage von weiblichen Gefangenen, die
zusätzlich ständigen Schikanen, sexueller Folter und Vergewaltigungsdrohungen
ausgesetzt werden.
Einige Beispiele sollen verdeutlichen, dass die Auslieferung Frau Kesbirs
ein für ein demokratisches Land nicht tragbare Konsequenzen mit sich
bringen würde:
„Es wurde weiterhin über
Folterungen berichtet, wobei zunehmend Methoden Anwendung fanden, die
keine sichtbaren Spuren am Körper hinterlassen. (...) Nach vorliegenden
Meldungen wurden inhaftierte Frauen und Mädchen häufig sexuell
missbraucht oder es wurde ihnen die Vergewaltigung angedroht; in einigen
Fällen blieb es nicht bei der Androhung.“ (amnesty international,
Jahresländerbericht Türkei 2003)
„Beinahe jede Frau, die
in der Türkei festgenommen wird, wird sexuell angegriffen und misshandelt.
Die Realität ist die, dass sexuelle Gewalt und Folter auf Polizeipräsidien,
auf den Wachen der Gendarmerie von staatlichen Tätern, sowohl in
türkischen Gebieten, aber auch besonders in den kurdischen Gebieten
speziell gegen kurdische Frauen ausgeübt wurde und wird.“ (aus
Graswurzelrevolution 279 – Mai 2003)
„Hamdiye Aslan, eine
37-jährige Kurdin und Mutter von fünf Kindern, wurde im März
des Berichtjahres in Mardin in der Provinz Kiziltepe festgenommen und
zwei Tage lang im Anti-Terror-Trakt der Polizeizentrale von Mardin in
Haft gehalten. Berichten zufolge wurde sie entkleidet und mit einem Schlagstock
anal vergewaltigt, wobei man ihr die Augen verbunden, sie bedroht und
verhöhnt hat, als sie die Täter anflehte, von ihrem Tun abzulassen.“
(amnesty international, Jahrebericht 2003)
Fall Gülbahar Gündüz,
14. Juni 2003: „Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem
sehr heißen Raum unter der Erde ohne Fenster. Ich wurde verhört.
Meine Augen waren verbunden, sie folterten mich. Mit einem sehr harten
Gegenstand schlugen sie auf meinen Kopf, mit einem Metallgegenstand rissen
sie die Haut an meinem Rücken und an anderen Stellen meines Körpers
auf. In meinem Gesicht drückten sie Zigaretten aus. Ich wurde vergewaltigt.“
Delegationsbericht zum 8.März
2003 in Kurdistan:
„Mit der Repression wird versucht, die politische Arbeit von Frauen
zu verhindern. Ein breites Spektrum an Repressalien einschließlich
Folter, auch sexualisierter Folter, wird weiterhin systematisch angewandt.
Die Repression richtet sich gegen alle, Frauen sind aber doppelt betroffen
– eben als Kurdinnen und als Frauen.“ (Cenî Ausgabe
3, April 2003)
Sükran Esen wurde in der
Zeit zwischen 1993 und 1994 mehrfach festgenommen. Sie wurde ausgezogen
und an Händen und Füßen gefesselt, anschließend
an den Händen aufgehängt. Nachdem sie mit Elektroschocks gequält
worden war, wurde sie in einen Reifen gequetscht und umhergerollt, anschließend
wurde sie mit dem Tod bedroht. Während der siebentägigen Haftzeit
ist sie von Personen, die sie nicht sehen konnte, weil ihr die Augen verbunden
waren, mit Polizeiknüppeln und per Hand zweimal vergewaltigt worden.
Der neue Bericht der Menschenrechtsorganisation
Amnesty International (AI) «Turkey: End sexual violence against
women in custody!» zeigt, dass in der Türkei Frauen aus allen
Gesellschaftsschichten und unterschiedlichster kultureller Herkunft während
ihrer Haft sexuellem Missbrauch, Notzucht und Vergewaltigung ausgesetzt
sind. Besonders gefährdet sind kurdische Frauen aus dem Südosten
des Landes sowie Frauen, die eine politische Meinung vertreten, welche
in den Augen der Behörden inakzeptabel ist.
Die Journalistin Yüksel
Bulut wurde am 7. April 2002 in Gaziantep festgenommen. Wie sie berichtete,
seien ihr auf der Polizeistation sofort die Augen verbunden worden. Als
sie sich darüber beschwerte, sei sie geschlagen worden. Ihre Festnahme
wurde angeblich auf der Polizeiwache nicht registriert. Sie gab amnesty
international gegenüber an, während der Befragung nackt ausgezogen,
beleidigt, mit dem Tode bedroht und geschlagen worden zu sein. Sie sei
an den Haaren gezogen, mit kaltem, unter Hochdruck stehendem Wasser abgespritzt
und sexueller Gewalt ausgesetzt worden. Sie glaubt auch, sie sei nackt
fotografiert worden. Sie kann darüber keine sicheren Angaben machen,
da ihre Augen verbunden waren, sie hörte jedoch jemanden sagen: "Drück
ab!" und das Geräusch eines Auslösers. Yüksel Bulut
erhob Klage beim Staatsanwalt, dieser entschied jedoch, keine Untersuchungen
einzuleiten. (amnesty international Jahresbericht 2003)
"Ich habe die Männer
mehrere Male angefleht, sie sollten mich endlich töten." So
beschreibt der 33-jährige Ferit M. seine verzweifelte Lange nach
der erzwungenen Rückkehr in die Türkei. Gleich nach seiner Ankunft
auf dem Istanbuler Flughafen sei er festgenommen worden. Zehn Tage lang
habe man ihn als mutmaßlichen PKK-Unterstützer mit Schlägen
und Stromstößen gefoltert bis zur Bewusstlosigkeit. In Deutschland
hatte ein Verwaltungsgericht seinen Asylantrag mit dem Hinweis abgelehnt:
"Dem Kläger ist zuzumuten, in die Türkei zurückzukehren.
Ihm drohen dort keine gravierenden Beeinträchtigungen individuell
konkreter Art."
(Frankfurter Rundschau vom 29.4.2000: Den Schutz vor Folter gab es erst
nach der Folter)
„Mindestens drei Folterfälle in der Türkei nach Abschiebungen
aus Deutschland“ (Presseerklärung des Büros von Carsten
Hübner, MdB – 09.05.2001)
An
Herr Jan Piet Donner (Justizminister)
Justizministerium
Schedeldoekshaven 100
2511 EX Den Haag
Tel: 0031 - 70 - 3 70 7911
Fax: 0031 - 70 - 370 79 37
Sehr geehrte Justizminister
Herr Jan Piet Donner,
Mit großer Empörung musste ich erfahren, dass die kurdische
Politikerin Nuriye Kesbir an die Türkei ausgeliefert werden soll.
Trotz aller von Seiten der
Türkei zu erwartenden Zusicherungen bezüglich der Einhaltung
der Menschenrechte, darf diesen kein Glauben geschenkt werden. Denn auch
aktuelle Berichte von Institutionen wie dem Menschenrechtsverein IHD und
amnesty international bezeugen, dass Nuriye Kesbir im Falle einer Auslieferung
körperliche und seelische Folter sowie lebenslange Gefängnishaft
erwartet.
Wir fordern Sie als Minister
der Justiz dazu auf, einer weiteren Aushöhlung des Rechts auf Asyl
entgegenzuwirken und die Entscheidung des Gerichts mit sofortiger Wirkung
rückgängig zu machen.
Name, Vorname
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Adresse
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Datum, Unterschrift
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