5.
Zeitungsberichte
1.
Ausbildungsgewerkschaft Egitim-Sen Diyarbakir Sektion
Die Beziehung zwischen Frauen und Muttersprache
In
multikulturellen Gesellschaften mit vielen Identitäten und vielen
Sprachen werden alle Sektoren negativ beeinflusst, wenn Sprache, Identität
und Kultur behindert werden.
Jedoch ist es Realität, dass hierbei am meisten Frauen betroffen
sind. Die Frau stellt bei der Weitergabe der Sprache, der Kultur, Traditionen
und Bräuche an die folgenden Generationen ein Subjekt dar. Bei der
Erziehung des Kindes und der Entstehung seines Charakters kann die Rolle
der Frau nicht geleugnet werden. Denn die Frau gibt auf der einen Seite
ihrem Kind als Mutter von seiner Geburt an ihre eigene Sprache, ihre eigene
Kultur weiter. Auf der anderen Seite ist bei der Entstehung seines Charakters
die sprachliche Kommunikation zwischen der Mutter und dem Kind von großer
Bedeutung.
Man kann beobachten, dass in den östlichen und südöstlichen
Regionen der Türkei hauptsächlich die Sprache Kurdisch gesprochen
wird. Forschungen des Nationalen Sicherheitsrat und des Generalstabs nach
liegt dies bei ca. 65-70%. Außerdem wird gesagt, dass zwischen den
Jahren 2010-2020 die kurdische Bevölkerungszahl eine große
Zunahme erleben wird. Die Assimilationspolitiken, die seit Jahren in der
Region angewendet werden, konzentrieren sich hauptsächlich auf Frauen
und Kinder. Ein Hauptziel ist die Frau als Trägerin der Sprache und
der Kultur ihrer eigenen Identität gegenüber zu entfremden und
durch diese Politiken dies durch die Frauen an die anderen Sektoren der
Gesellschaft zu übermitteln. In den Provinzen der Region sind viele
Tätigkeiten auf dieses Ziel gerichtet. Hier werden Frauen durch Tätigkeiten
wie Schreib- und Lesekurse auf Türkisch, Kochkurse u.ä. ihrer
eigenen Kultur gegenüber entfremdet und erleben einen Kulturschock.
Auf der anderen Seite mussten eine große Zahl an kurdischen Familien
wegen dem Krieg umsiedeln. Die kurdische Frau, die in geschlossenen Gesellschaften
lebte, wurde in Vorstädte befördert. Dadurch, dass die Frau
hier eine neue Sprache und eine neue Kultur kennenlernte, erlebte ihre
Persönlichkeit eine Zurichtung. Sie war dazu gezwungen sich auf dem
Markt, in der Schule, im Krankenhaus, im Gericht auf einer anderen Sprache
als ihrer Muttersprache zu verständigen. Da sie sich sowieso nicht
ausdrücken kann, erlebte sie hierdurch einen weiteren Rückschritt.
Dies führte dazu, dass sie sich noch weniger am sozialen Leben beteiligte
und in sich hinein verschloss.
Deshalb erschwerte es sich für die Frau sich im gesellschaftlichen
Bereich auszudrücken und Lösungen für ihre Probleme zu
finden.
Damit die Frau sich besser ausdrücken kann, sich mit ihren Kindern
und ihrem Umfeld vereinen kann, ihren Teil bei der Ausbildung ihres Kindes
beitragen kann ist es unvermeidlich, dass die Ausbildungssprache ihres
Kindes und ihre Muttersprache dieselbe ist.
In diesem Sinn ist es nötig, dass alle Hindernisse vor der Entwicklung
und dem Ausdrücken in der eigenen Sprache, der eigenen Kultur und
der eigenen Identität, welche Bedingungen für eine demokratische
Gesellschaft sind, aufgehoben werden. Somit kann eine demokratische, zeitgenössische
Gesellschaft erlangt werden, in der Identitäten und Kulturen nicht
miteinander zusammenstoßen, sondern sich verbinden.
2. Nurettin Yildirim - Özgür Politika
Muttersprache
Mutter
und Sprache sind zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausmachen. Die Mutter
hat sich selbst und die Dinge, die sie erzeugt, durch ihre Sprache entwickelt.
Seine eigene Sprache zu benutzen, sich diese anzueignen ist auch am meisten
das Recht der Mutter. Bei dem Verbot der kurdischen Sprache waren es auch
die kurdischen Frauen und Mütter, die am meisten darunter litten
und in die Einsamkeit gestoßen wurden. Deshalb hat die Frau bezüglich
der Sprache immerzu eine Gewissensabrechnung betrieben, ihre Werte geheiligt
und diese zum Trotz weitergetrieben. Auch heute sind es die kurdischen
Mütter und Frauen, die im Kampf um die Freiheit der Sprache an der
vordersten Front voller Freude und Begeisterung ihren Platz einnehmen.
Von der Vergangenheit an bis zum heutigen Tag sind die kurdischen Frauen
und Mütter niemals von ihrer eigenen Realität abgekommen und
haben diese auch niemals verraten. Auch um den Preis in ein Haus gesperrt
zu werden und zu einem bitteren und sorgevollen Leben verurteilt zu werden,
hat sie ihre Werte nicht ersetzen lassen und hat diese geschützt.
Vielleicht hat sie dies nicht bewusst getan, jedoch hat sie durch die
Liebes- und Schutzreflexe, die von ihren Mutterschaftsgefühlen kamen,
die kurdischen Werte geschützt und leben lassen.
Dies ist eine alte kurdische Tradition. Zugleich ist es als Brauch, als
ein moralischer Wert angesehen und angeeignet worden. Die Sprache, die
von Individuen innerhalb der Familie gesprochen wird, ist Kurdisch. Dass
eine andere Sprache innerhalb der Familie gesprochen wird, wurde missbilligt
und als ein Element der Entfremdung bewertet. Innerhalb der Familie in
der Muttersprache zu sprechen machte die Hauptregel der Familie aus. Dies
liegt an der Frau, der Mutter in der Familie. Die Mutter achtet außer
der kurdischen Sprache keine andere Sprache und schätzt sie auch
nicht.
Z.B. kann ich mich nicht daran erinnern, dass wir innerhalb der Familie
obwohl wir alle Türkisch konnten, uns niemals auf Türkisch unterhalten
haben. Ich habe niemals gehört, dass meine Mutter Türkisch gesprochen
hat. Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt Türkisch kann
oder nicht. Vielleicht kann sie es, aber sie hat noch nie ein Wort Türkisch
mit uns gesprochen. Hauptsächlich ist dies bei allen kurdischen Familien
der Fall. Die Mütter und Frauen unterhalten sich nicht auf einer
anderen Sprache als der Muttersprache. Auch wenn es nicht bewusst ist
und von den natürlichen Abwehrreflexen kommt, beinhaltet es einen
menschlichen und natürlichen Widerstand. Dies ist eine Situation,
die Respekt verlangt; genauso wie sie es verlangt, darüber nachzudenken
und dieses Verhalten zu erforschen.
Mutter und Sprache sind zwei Begriffe, die zusammengehören, sich
ausmachen und nicht getrennt werden können. Die Sprache hat ihre
Wurzeln bei der Frau und ist eine Schaffung der Frau. Die gebärende,
heilige Mutter bot ihren Kindern Liebe und Güte dar und ließ
sie menschlich werden. Um ihre Gefühle, Empfindungen und Vorstellungen
zu vermitteln, zu verstehen, zu kommunizieren hat sie angefangen mit Zeichen
über Töne zu unterhalten und ha letztendlich die Sprache geschaffen.
Deshalb sind die Mutter und die Sprache aneinandergebundene Werte, die
sich gegenseitig ausmachen und so sind sie auch im Gedächtnis der
Menschen verankert.
So heilig wie die Mutter ist auch die Sprache heilig, das Recht der Sprache
ist genauso wichtig wie das Recht der Mutter. Dass dies nicht angetastet
werden kann, wird als Hauptmaß der Menschheitsbräuche, der
Moral und der Tugend anerkannt.
Jeder Mensch wird von einer Mutter geboren. Jede Mutter ist zugleich auch
eine Sprache. Die Mutter gibt ihr Mutter-Sein durch ihre Sprache an ihr
Kind weiter. Dies ist die Realität, die unter der Tatsache der Mutterschaft
liegt. Die Mutter, die sich auf ihrer eigenen Sprache ausdrückt,
gibt diese Werte in dieser Natürlichkeit an ihre Kinder weiter. Die
Beziehung zwischen einer Mutter und ihren Kindern und zwischen der Sprache
und dem Menschen ist keine gewöhnliche Beziehung. Es sind tiefgreifende
Beziehungen, die sich gegenseitig ernähren und ausmachen. Sie sind
von extrem hoher Bedeutung. Es sind Beziehungen, die in jedem Bereich
des Lebens gefühlt werden.
Die Verbindung zwischen einer Mutter und der Sprache nicht zu sehen, der
Muttersprache nicht mit Respekt gegenüberzutreten aus welchen Gründen
auch immer ist unmenschlich. Es stellt heutzutage das größte
Menschheitsverbrechen dar. Seine Muttersprache zu fordern und hierfür
zu kämpfen oder Völker dazu zu zwingen, für seine Muttersprache
zu kämpfen, ist sogar unzeitgenössisch.
Es ist bitter, dass die Kurden dazu gezwungen werden, um dieses heilige
Recht zu kämpfen. Das kurdische Volk, welches das erste Neolithikum
erlebte, bei der Menschheitsentwicklung die Mutterrolle übernahm,
seine Liebe, Mühe und sein Augenlicht gab, kann seine Muttersprache
heute nicht benutzen. Immer noch wird die Existenz der kurdischen Sprache
diskutiert und geleugnet. Als eines der ältesten Völker der
Geschichte wirst du als Quelle dafür sorgen, dass die Menschheit
bis zum heutigen Tag kommt und am Schluss wird von dir gesagt "Es
gab einmal...". Diejenigen, die sich schämen sollten, drücken
aus, dass sie gelehnt an höhere Mächte dazu fähig sind,
dich zu leugnen. Kann dies irgend etwas mit der Menschheit zu tun haben?
Sich an Dingen zu erfreuen, vor denen man sich schämen sollte, kann
nur die Sache von nichtmenschlichen Wesen sein.
Sprache ist Reichtum. Jeder Mensch hat das Recht dazu, seine Sprache und
Kultur zu leben. Dieses Recht ist heilig. Respekt gegenüber der Mutter
und der Sprache erfordert dies.
3. Yedinci Gündem - 05.01.2002
Polizeiverhör für Forderung nach Muttersprache
Lales
Arslan/Diyarbakir
Sükran Gültekin wollte beim Nationalen Bildungsministerium ein
Gesuch dafür abgeben, dass ihr noch nicht geborenes Kind in seiner
Muttersprache unterrichtet wird, als sie verhaftet wurde. Sie und Güler
Sen waren mit ihren Kindern an der Hand am 27. Januar 2001 gerade auf
dem Weg zum Nationalen Bildungsministerium in Diyarbakir. Jedoch wurden
sie von der Polizei daran gehindert. Die Polizei nahm ihnen ihre schriftlichen
Gesuche ab, die die Überschrift "Ich möchte, dass mein
Kind in seiner Muttersprache Kurdisch unterrichtet wird" trugen.
Die Frauen wurden 27 Stunden auf der Wache bewacht und ständig befragt.
Da die 35 jährige Sükran Gültekin im 3. Monat schwanger
ist, wurde sie keinen groben Schlägen ausgesetzt. Jedoch wurde sie
beschimpft. Die Befragung von S. Gültekin, die während der Bewachung
immerzu angab, kein Türkisch zu sprechen, erfolgte auf Kurdisch durch
Polizisten, die Kurdisch sprechen. (...)
4. Yedinci Gündem, 5. - 12. Januar 2002
Forderung nach Kurdisch-Unterricht im Parlament
Die
Unterstützung für die von Studierenden der Istanbul-Universität
begonnene Kampagne für muttersprachlichen Unterricht weitet sich
weiter aus. Während ElternvertreterInnen in Batman, Van und Istanbul
Anträge auf die Einführung von Kurdisch-Unterricht an Grundschulen
bei der Nationalen Ausbildungs-Direktion gestellt haben, ist die Diskussion
um kurdischsprachigen Unterricht auch bis ins Parlament vorgedrungen.
An der 100. Yil-Universität in Van, wo 2500 gesammelte Anträge
vom Rektorat zurückgewiesen worden waren, wird die Kampagne fortgesetzt.
Inzwischen sind es rund 3000 Anträge, die in den kommenden Tagen
erneut beim Rektorat eingereicht werden. Weitere 325 Anträge, die
an der Mustafa-Kemal-Universität zusammen gekommen sind, sind im
Rektorat von Studierenden übergeben worden. Zunächst war die
Annahme der Anträge mit der Begründung, es handele sich nicht
um Einzelanträge, abgelehnt worden. Aufgrund der Beharrlichkeit der
Studierenden sah sich das Rektorat schliesslich gezwungen, die Annahme
der Anträge zu akzeptieren.
In Adana versammelten sich hundert ElternvertreterInnen mit ihren Kindern
vor dem Landratsamt Seyhan, um 118 Anträge mit der Forderung nach
Kurdisch als Wahlfach abzugeben. Die Polizei kesselte die Gruppe ein.
Nachdem Vertreter des Landratsamtes eingewilligt hatten, dass die gesammelten
Anträge von zwei Personen abgegeben werden können, wollten die
ElternvertreterInnen das Gebäude betreten. Die an der Tür wartenden
Polizisten gaben sich als Mitarbeiter des Landratsamtes aus, beschlagnahmten
die Anträge unter Anwendung von Gewalt und drängten die ElternvertreterInnen
zurück.
In Van wurden 15 ElternvertreterInnen, die sich mit der Forderung nach
Kurdisch-Unterricht an die Nationale Ausbildungsdirektion gewandt hatten,
festgenommen. In Istanbul-Bagcilar überfiel die Polizei die Wohnungen
von ElternvertreterInnen, die letzte Woche Anträge gestellt hatten.
Wie bekannt wurde, übte die Polizei Druck aus und sprach Drohungen
aus, um die Eltern zur Rücknahme ihrer Forderung zu bewegen. In Batman
wurden von 60 ElternvertreterInnen, die Anträge an die Nationale
Erziehungsdirektion gestellt hatten, acht bei Wohnungsrazzien festgenommen.
Fünf von ihnen wurden freigelassen, drei befinden sich nach wie vor
in Polizeigewahrsam. In Siirt wurde die Abgabe von knapp 100 Anträgen
von der Polizei verhindert. (...)
Forderung im Parlament
Die Diskussion um kurdischen Unterricht ist auch auf das Parlament übergegriffen.
Der ANAP-Abgeordnete von Diyarbakir, Abdülbaki Erdogmus, äusserte
in einer Rede im Parlament, es handele sich um eine Schande, dass das
Recht auf muttersprachlichen Unterricht verwehrt werde. In der Türkei
werde Gedankenfreiheit und muttersprachlicher Unterricht als Verbrechen
gewertet. "Wie lange wird sich die Türkei, die ihre Zukunft
in Europa sieht, noch sträuben?" fragte Erdogmus, und fuhr fort:
"Solange wir nicht die notwendigen Schritte zum Thema Gedanken-,
Glaubens- und Ausdrucksfreiheit unternehmen, handeln wir gegen die Kopenhagener
Kriterien."
Unterstützung von TMMOB
Weitere Unterstützung für die Kampagne für muttersprachlichen
Unterricht kam von der Union der Architekten- und Ingenieurskammern der
Türkei (TMMOB). Sevket Akdemir als TMMOB-Vertreter von Van sprach
vergangene Woche auf zwei verschiedenen Regionalkongressen der Kampagne
seine Unterstützung aus und erklärte, die Kulturenvielfalt sei
ein positiver Beitrag zur Türkei. Als geladene Gäste anwesende
Dekane der 100.-Yil-Universität reagierten nach Angaben Akdemirs
unwirsch auf seinen Redebeitrag. Unter anderem sei seine Ansprache mit
denen von Leyla Zana und Hatip Dicle im Parlament verglichen worden. Dazu
erklärte Akdemir: "Ob es nun Zana sagt, Dicle oder ich - muttersprachlicher
Unterricht ist ein Recht, das jedem Menschen zusteht."
Istanbul und Marmara
Yildiz Polat, Jura-Studentin der Istanbul-Universität ist mit der
Begründung "Mitgliedschaft in der Jugendorganisation der PKK"
im Frauen- und Kindergefängnis Bakirköy inhaftiert worden. Die
Studierenden der Istanbul-Universität gaben daraufhin eine Erklärung
ab, in der sie betonten, aller Repression zum Trotz werden sie die Bewegung
weiterhin gemeinsam fortsetzen, und gegen das antidemokratische Vorgehen
protestierten. An der Marmara-Universität ist von "Spezial-Sicherheitskräften"
eine Liste aufgehängt worden, auf der die Namen der Studierenden
aufgeführt werden, die sich mit ihrer Unterschrift an der Kampagne
beteiligt haben, und die Betreffenden aufgefordert wurden, sich am 6.
Januar in der Mensa zu versammeln.
Studierenden-Antrag an UN
Kurdische Studierende und SchülerInnen aus dem Flüchtlingslager
Maxmur in Südkurdistan haben zur Unterstützung der Kampagne
in der Türkei 2700 Unterschriften gesammelt, die sie der Mittelost-Vertretung
der Vereinten Nationen zukommen liessen. (...)
5. Özgür Politika, 14. Januar 2002
Von sieben bis siebzig
Im Rahmen der Muttersprachen-Kampagne sind in Adana und Van Tausende von
Menschen auf die Strasse gegangen. In Istanbul haben ca. 50 Kinder im
Alter zwischen vier und zwölf eine Pressekonferenz durchgeführt.
MHA / ADANA / ISTANBUL / VAN
In Adana sind von der Demokratischen Volksinitiative in mehreren Stadtteilen
Aktionen zur Unterstützung der Muttersprachenkampagne durchgeführt
worden, auf denn ca. 1000 Personen gegen die Repression gegen HADEP und
die Festnahmen der Studierenden protestierten. (...) Mit Topfdeckelschlagen
wurden die Protestierenden von AnwohnerInnen unterstützt. Die Polizei
griff mehrmals ein und es kam zu mehreren Festnahmen. (...)
KINDER GEBEN ERKLÄRUNG AB
In Istanbul haben in der Gewerkschaftszweigstelle von Egitim-Sen in Avcilar
ca. 50 Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren eine Pressekonferenz
veranstaltet. Sprache sei eine grundlegende Daseinsbedingung einer Gesellschaft,
so betonten die Kinder: "Wir Kinder können unsere Auffassungskapazität
nur in unserer Muttersprache ausreichend nutzen. Deshalb gehört Sprache
zum Selbst des Kindes. Wir kurdische Kinder haben Probleme damit, uns
auszudrücken, weil wir keinen Unterricht in unserer eigenen Sprache
haben. Deshalb fordern wir als ein grundsätzliches Recht muttersprachlichen
Unterricht." Weiterhin erklärten die Kinder, die an den Universitäten
begonnene Kampagne zu unterstützen. Sie kündigten außerdem
an, zivilgesellschaftliche Organisationen besuchen zu wollen und ihre
MÜTTER FESTGENOMMEN
Gestern morgen um acht Uhr wurden in Istanbul-Esenler 20 Wohnungen von
der Polizei überfallen und 15 Frauen festgenommen. In Esenler hatten
die Familien kurdischer SchülerInnen bei der Ausbildungsbehörde
beantragt, dass ihre Kinder neben türkisch auch in ihrer Muttersprache
kurdisch unterrichtet werden. (...)
STUDIERENDE GEFOLTERT
In Van sind 13 Studierende verhaftet worden. Nach der Massenfestnahme
von 526 Studierenden am 9. Januar an der 100.Yil-Universität in Van,
wurde ein Teil am ersten Tag wieder freigelassen, die anderen gruppenweise
dem Staatsanwalt am Staatssicherheitsgericht (DGM) vorgeführt. (...)
Als Haftgrund wird "Unterstützung der PKK" angeführt.
(...)
Wie die Studierenden mitteilten, haben sie der viertägigen Festnahmedauer
keine Nahrung bekommen, mussten ständig stehen und waren brutalen
Schlägen und Beleidigungen ausgesetzt. (...)
6. Yedinci Gündem - 15.01.02
Frauen wurden gehindert
BATMAN-
Die Presseerklärung, die die Frauensektion der HADEP Batman Provinz
bezüglich dem Druck, der gegenüber ihrer Partei und den Gesuchen
nach muttersprachlichem Unterricht besteht, halten wollte, wurde von der
Polizei verhindert. Da das Parteigebäude von Panzern eingekesselt
wurde, musste die Presseerklärung im Gebäude gehalten werden.
In der Presseerklärung wurde ausgedrückt, dass der Druck den
Kampf um Demokratie nicht aufhalten könne.
Von
den Morgenstunden an wurde das Parteigebäude von der Polizei eingekesselt,
wobei die Eingänge der Passage, in denen sich das Parteigebäude
befindet, versperrt und somit der Durchgang verboten wurde. Da das Parteigebäude
von Panzern eingekesselt wurde, haben ca. 250 Menschen, die sich draußen
ansammelten, das Verhalten der Polizei protestiert. Nachdem die sich im
Gebäude befindenden mit Parolen unterstützt wurden, hat die
Polizei die Massen zerstreut. Daraufhin haben die Massen Parolen wie "Es
lebe der Frieden", "Der Druck kann und nichts anhaben"
und "Es lebe die Demokratische Republik" gerufen und sind auf
das Parteigebäude zugegangen. Die Polizei ließ die Sirenen
der Panzer los um die Parolen der Massen zu überbieten und ließ
die Massen entfernen.
Die
Vorsitzende der Frauensektion der HADEP Batman Provinz, Nuran Imir las
die Presseerklärung im Parteigebäude vor und gab an, dass es
keinen Grund gäbe, Angst vor den Gesuchen nach muttersprachlichem
Unterricht zu haben. " Die Kampagne Ich möchte Unterricht
in meiner Muttersprache', die von Studierenden begonnen wurde, hat sich
in kurzer Zeit mit der Teilnahmen von SchülerInnen von Universitäten,
Gymnasien und Grundschulen in der ganzen Türkei ausgeweitet. Jedoch
werden SchülerInnen und manche anderen Sektoren mit Druck konfrontiert.
Man sollte keine Angst vor den demokratischen Forderungen von SchülerInnen
haben. Dies wird nicht zu der Teilung, sondern zu der Weiterentwicklung
und zum Reichtum des Landes führen. Wir finden es antidemokratisch,
dass die SchülerInnen, die ihre Gesuche abgeben, verhaftet werden
und rufen die Zuständigen dazu auf dies zu berücksichtigen.
7. Yedinci Gündem - 17.01.2002
Gesuchsaktion von Frauen in Tarsus
MERSIN-
Im Bezirk Fahrettinpasa in Tarsus sind 20 Frauen zur Grundschule Fahrettinpasa
gegangen, um ihre Gesuche, die die Forderung nach dem Wahlfach Kurdisch
beinhalten, abzugeben. Die Frauen haben sind zur Schulleitung gegangen,
um ca. 40 Gesuche abzugeben. Der Schulleiter jedoch nahm diese Gesuche
nicht an und drohte den Frauen damit, die Polizei zu rufen. Die Frauen
gaben an, dass sie sich nicht von ihren Gesuchen abbringen lassen werden
und verließen die Schule. Die Polizei, die nachher in die Schule
kam hat das Umfeld sichergestellt.
Im Dumpulpinar Gymnasium, welches das größte Gymnasium der
Stadt Mersin ist, haben ca. 60 SchülerInnen um 12:30 Uhr am Schulausgang
eine Aktion zur Unterstützung der Kampagne "Ausbildung in der
Muttersprache" gestartet. Die SchülerInnen, die Parolen wie
"Wir wollen Unterricht in unserer Muttersprache" und "Kurdischer
Unterricht ist unser Recht" geworfen haben, haben sich nachdem die
Polizei kam aufgelöst. Die Polizei hat das Umfeld der Schule sichergestellt.
8. Özgür Politika - 17. Januar 2002
Jugend ist Stimme unseres Herzens
MHA
/ MAXMUR
Der Frauen-Stadtrat von Maxmur [Flüchtlingslager in Südkurdistan]
hat im Namen der im Lager lebenden Frauen eine schriftliche Erklärung
abgegeben, in der zur Unterstützung und Teilnahme an der Muttersprachen-Kampagne
aufgerufen wird.
In der Erklärung heißt es: "Die wissen, welch tödliche
Wirkung die Identitätslosigkeit auf das Menschenleben hat; die wissen,
wie Hoffnung und Würde dadurch zunichte gemacht werden; die den Schmerz
kennen; die sich und anderen ins Bewusstsein rufen, dass diese seelische
Zerrissenheit zu Kapitulation, Verrat und Wertverlust führt - die
leben den Kampf um Identität und Würde auf prachtvolle Weise.
Weiter teilen die Maxmur-Frauen in der Erklärung mit, dass sie als
kurdische Frauen und Mütter genau wissen, welch verfluchte und niederschmetternde
Auswirkung die jahrelange Verleugnung gehabt habe. Aus diesem Grund betrachteten
sie es als einziges Lebensmotiv, jeden Preis zu zahlen und alles zu geben,
um den verlorenen Werten zu neuer Existenz zu verhelfen. Bis heute seien
ihre Tage sehr schmerzvoll gewesen, so die Erklärung. "Jetzt
ist die jüngste Generation unsere Hoffnung. Unsere jungen Töchter
und Söhne, die unser Wehklagen niemals vergessen werden, erheben
ihre beherzten Stimmen im Morgenlicht der Identität zur Stimme unserer
Herzen, zum Mutterrecht." Diese Stimmen bereiteten jeder Art von
Zerrissenheit ein Ende, erklärten die Frauen, die weiterhin ihre
unendliche Unterstützung betonten. "Wir teilen mit, dass wir
an euer Seite stehen, indem wir unsere Kinder in ihrer Muttersprache großziehen,
uns gleichgültig welchen Alters an der Alphabetisierungskampagne
beteiligen und uns selbst ausbilden. Wir rufen alle zur Beteiligung an
der Kampagne auf." Im Flüchtlingscamp Maxmur in Südkurdistan
leben ungefähr 5000 Frauen.
9. Yedinci Gündem - 09.02.2002
Spracheneinheit' von den Müttern
Die
Erziehungsberechtigten, die möchten, dass ihre Kinder in ihrer Muttersprache
unterrichtet werden, sind unter dem Namen "Familien, die Kurdische
Ausbildung und Unterricht fordern" zusammengekommen. Die Erziehungsberechtigten
sagten, dass sie trotz aller Hindernisse weiterhin dafür kämpfen
werden, dass Unterricht in der kurdischen Sprache eingeführt wird.
Die Gesuche und Aktionen der Kampagne für muttersprachlichen Unterricht
dauern an.
Die Unterrichtskampagne, die in den Universitäten anfing und auch
in den Gymnasien und Grundschulen von den SchülerInnen und Erziehungsberechtigten
unterstützt wird, wächst immer weiter an. Die Erziehungsberechtigten,
die bis jetzt mehrere Tausend Gesuche abgaben und an mehreren Orten mit
Verhaftungen konfrontiert wurden, organisieren sich nun. Am 7. Januar
sind die Erziehungsberechtigten in der Istanbuler Sektion des Menschenrechtsvereins
zusammengekommen und haben erklärt, dass sie von nun an unter dem
Namen "Familien, die Kurdische Ausbildung und Unterricht fordern"
ihre Tätigkeiten betreiben werden. Außerdem haben sie gefordert,
dass die Hindernisse vor muttersprachlichem Unterricht aufgehoben werden.
Resul Serihan, der im Namen der Erziehungsberechtigten sprach, gab an,
dass die Forderung nach der Muttersprache nichts mit der Teilung des Landes
zu tun hätte. "Jegliche Hindernisse vor der Freiheit der Muttersprache
müssen aufgehoben werden. Ein Leben ohne Verbote, ohne Druck, voller
Kultur muss geschaffen werden. Unsere Kinder müssen das Recht dazu
haben, ihre Muttersprache ohne Angst erlernen zu können."
In den Stunden, in denen die Erziehungsberechtigten ihre Erklärung
hielten, wurde eine Gruppe Gymnasiasten, die ihre Gesuche um Kurdisch
als Wahlfach beim Nationalen Bildungsministeriums von Istanbul abgeben
wollten, von der Polizei angegriffen. 9 von den Gymnasiasten wurden verhaftet.
10. Yedinci Gündem - 01.03.2002
Polizeiliches Hindernis bei Unterstützungsbesuch
ISTANBUL-
Eine Gruppe von Frauen, die die Frauen besuchen wollten, die nachdem sie
ihre Gesuche für Kurdischen Unterricht beim Nationalen Bildungsministerium
abgegeben hatten, verhaftet und ins Bakirköy Frauengefängnis
gebracht worden sind, wurden von der Polizei gehindert.
150 Frauen von verschiedenen Frauenorganisationen kamen vor dem Frauengefängnis
von Bakirköy zusammen, um den Frauen, die wegen ihrer Gesuche um
kurdischen Unterricht im Gefängnis sind, wegen dem 8. März Blumen
zu überreichen. Jedoch wurde dies durch die Polizei, die große
Sicherheitsmaßnahmen bereitete, verhindert. Die Frauen, die das
Verhalten der Polizei protestierten, verließen den Gefängnisvorplatz
ohne die Gefangenen besuchen zu dürfen.
Bei der schriftlichen Presseerklärung, die im Namen von 24 Zivilen
Gesellschafts-organisationen, Vereinen und Frauenorganisationen gemacht
wurde, hieß es: "Wir unterstützen die Forderung nach Unterricht
in der Muttersprache als eine kulturelle und demokratische Forderung.
Wir verlangen von der Regierung, dass diese Zurücksetzung beendet
wird. Außerdem verurteilen wir das willkürliche Verhalten der
Polizei und beglückwünschen den gefangenen Frauen den 8. März."
11. Yedinci Gündem - 16.03.2002
Mutter, Sprache und Kinder...
Adana / Diyarbakir. Sie wollten, dass ihre Kinder in der Sprache sprechen,
die sie kennen, und sie klopften mit ihren vorbereiteten Gesuchen an die
Türen der zuständigen Stellen. Sie hatten zuhause Kinder, und
sie trugen Kinder in ihren Bäuchen. Dann mussten sie ins Gefängnis.
Jetzt zählen sie im Gefängnis die Tage bis zur Geburt. Fatma
Azkut, Zehra Beyav und Sakine Beyav. Die drei Mütter gingen am 17.
Januar zur Nationalen Erziehungsbehörde, um die Gesuche einzureichen.
Aber jeder, der kurdisch fordert, ist von der PKK, und jeder, der sich
mit einer solchen Forderung konfrontiert sieht, betrachtet sich selbst
als mindestens ebenso zuständig wie die Polizei und Staatsanwaltschaft.
Der Behördenleiter benachrichtigte die Polizei, die die Frauen festnahm.
Der Staatsanwalt sprach Haftbefehl aus und schickte sie ins Gefängnis.
Aber diese Frauen waren schwanger und ließen 14 Kinder zurück.
Eine der Frauen, Fatma Aykut, war im neunten Monat. Ihre Schwiegermutter
Ayse Aykut hatte das Gesuch gemeinsam mit ihr eingereicht. Als sie ihre
Schwiegertochter im Gefängnis besuchte, erzählte diese, dass
sie Schmerzen habe. "Wir haben gemeinsam vor dem DGM ausgesagt, aber
Fatma wurde verhaftet, obwohl sie schwanger ist. Warum sie mich nicht
verhaftet haben, habe ich immer noch nicht verstanden." Jetzt kümmert
sie sich um die zurückgebliebenen Kinder. "Aber ich kann mich
nicht um sie kümmern, sie sollen meine Schwiegertochter freilassen."
Es sieht jedoch so aus, dass noch vor der bevorstehenden Hauptverhandlung
ein Baby im Gefängnis geboren werden wird. Das gleiche gilt für
Zehra Beyav. Ihre Schwiegermutter und ihr Mann machen Arbeitsteilung.
Ihr Mann passt nachts auf die Kinder auf, ihre Schwiegermutter tagsüber.
14 weitere Erziehungsberechtigte, die am gleichen Tag Gesuche eingereicht
haben und gegen die ein Verfahren eröffnet worden ist, sind am 13.
März freigesprochen worden.
In Batman ist gegen zehn Erziehungsberechtigte, die am 22. Januar festgenommen
worden waren, als sie Gesuche einreichen wollten, ein Verfahren eingeleitet
worden. Vier von ihnen befinden sich in Haft. (...) In der Anklageschrift
heißt es, sie seien mit Anträgen "erwischt" worden,
in denen es hieß: "Als eine Mutter möchte ich, dass mein
Kind Kurdischunterricht erhält. Hochachtungsvoll...". Es wird
gemäss Artikel 169 und 3713 Strafgesetzbuch eine Strafe bis zu sieben
Jahren gefordert.
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