Özgür
Politika, 26.10.2000
Batman
ist ein Zeichen!
Die
Selbstmordfälle in Batman sind das Zeichen für eine ´kulturelle
Spannung`. Eine kulturelle Spannung, die im ganzen Land gültig ist,
besonders aber im Südosten, weil dort auch noch ethnische Gründe
hinzukommen.
Im Bericht von der vom Kultus nach Batman geschickt gewordenen Psychologin
Nevin Bilgin und der Spezialistin für Religionsdienste, Ayse Sucu,
steht geschrieben:
"Es besteht ein kultureller Schock, den besonders Jugendliche durchleben,
auf Grund der schnellen Veränderungen, Entwicklungen und Umsiedlungen
vom Dorf in die Stadt der letzten 50 Jahre. Dieser kulturelle Schock hat
sie zu verschiedenen Identitätssuchen geführt und Unharmonie
geschaffen. Die schnellen Veränderungen führten zu Generationszusammenstößen."
Ein junges Mädchen aus Batman, das sich selbst umbrachte, hatte vorher
dies geschrieben:
"Gestern abend haben mich die Verbrecher meine Mutter, mein Vater
und H. Tahir, geschlagen. Ich hab geschrieen. Wenn ich weglief, fingen
sie mich wieder und schlugen mich weiter. Der einzige Grund dafür
ist, dass ich einen engen Rock getragen habe." (Milliyet, 23. Oktober
2000)
Die Katastrophen in Batman sind ein extremes Zeichen für den Kulturenzusammenstoß,
der in unserem Land weit verbreitet ist. Eine zusätzliche Schwierigkeit
in diesem Kulturenzusammenstoß ist nicht nur Kurde zu sein, sondern
ein in einer geschlossenen Gesellschaft lebender Kurde zu sein. Wenn es
nötig ist, die Gründe der Krisen und Verzweiflungen, die zum
Selbstmord führen können, aufzuzählen; können wir
zusammengefasst von der "Schwierigkeit sozial zu werden" reden.
Gemeint ist die Notlage, die durch das Nichtknüpfen von Kommunikation
und Beziehungen mit dem Umfeld und der ´großen Gesellschaft`
verursacht wird. Für einen Kurden, der in einer solchen ´geschlossenen
Gesellschaft` lebt, ist es viel schwieriger, Kontakte zu knüpfen
und somit die Schwierigkeit des sozial Werdens zu überwinden.
Die Spezialistin für Familieninstitutionen des Ministerpräsidiums
und Soziologin Dr. Aysel Günindi Ersöz sagte zu CNN TÜRK
aus: "Die jungen Mädchen konfrontieren ihre Wirklichkeiten mit
den Leuten im Fernsehen, dies führt sie noch viel weiter in die Krise.
Gewalt innerhalb der Familie ist weit verbreitet. Die gesellschaftlichen
Werte sind bestimmend, die feudalistischen Beziehungen dauern noch immer
an. Es herrschen Vertrauensprobleme in Verbindung zu den ethnischen Wurzeln.
Den Zuständigen gegenüber, wie auch anderen Menschen gegenüber..."
Je mehr der Begriff ´Kurde` unterdrückt wird, desto stärker
wird die Verzweiflung. Weil wir in der Geschichte noch niemals eine derartige
soziale Veränderung und einen kulturellen Schock erlebt haben, kann
keine Epoche unserer Geschichte Modell zur Lösung werden.
Um diese tiefen und chaotischen Probleme zu lösen, haben wir nur
eine Referenz; soziologische und psychologische Untersuchungen, gestützt
auf Erfahrungen. Wie können in solchen Perioden von so schnellen
Veränderungen religiöse Gefühle beeinflusst werden und
wie können sie funktionieren? Wie hat der Westen den gleichen Zeitabschnitt
erlebt? Das Zeichen unserer Ignoranz gegenüber diesem Thema versteht
den Turban, das Mittel zum sozial werden als Fortschrittsfeindlichkeit
und hindert zusammen mit der Gewalt des Staates das sozial werden. Obwohl
die
hinaufkletternden religiösen Symbole in Zeitabschnitten des sozial
werdens eine sehr zurückgebliebene Stufe reflektieren! (Hugh McLeod,
Religion and The People of Western Europe, 1789-1989)
Unter welchen Bedingungen wenden sich ethnische Identitäten an eine
gesunde Integration mit der Gesellschaft; unter welchen Bedingungen übernehmen
sie eine Funktion, die die ´geschlossene Gesellschaft` noch mehr
verschließen würde? Hat ´Vater Staat` dies jemals untersucht?
Warum ist der baskische Nationalismus in Spanien so radikal und warum
hat der katalani-
sche Nationalismus die spanischen, wie auch die katalanischen Elemente
übernommen? (David Miller, Citizenship and National Identity, S.113-129)
Ich mache den geehrten Staatspräsidenten Sezer und den Ministerpräsidenten
Ecevit darauf aufmerksam, diese Themen mit dem Auge eines Soziologen zu
betrachten...
Taha
Akyol
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