Özgür
Politika, 30.10.2000
Die
Selbstmorde nehmen zu
In Amed hat eine 16jährige Gymnasiastin ihr Leben beendet, indem
sie sich erschossen hat. Die Spezialisten erklären, dass die kriegerischen
Zusammenstöße bei den Seelen der Menschen tiefe Narben hinterlassen
hätten. Die Selbstmorde seien eine erwartete Entwicklung des beendeten
Traumas.
In Amed hat ein 16jähriges Mädchen Selbstmord begangen, indem
es sich mit einer Pistole in den Kopf geschossen hat. In den Städten
Amed, Batman, Elazig, Urfa, Bingöl, Siirt und Sirnak kam heraus,
dass die in den letzten 3 Monaten in die Krankenhäuser eingelieferten
303 Personen einen Selbstmordversuch gestartet hätten. Die Selbstmorde
nehmen immer mehr zu, was in Kurdistan Sorge auslöst. Die Spezialisten
erklärten, dass die Verwüstungen, die der Krieg mit sich gebracht
hat, und die traditionelle Struktur einen großen Teil der Gründe
für die Selbstmorde ausmachen. Jeden Tag folgt in Kurdistan bei den
Selbstmorden ein Opfer dem anderen. Am vorherigen Tag kam die Schülerin
Güler Karahan (16) des Yunus Emre Gynasiums nach der Schule nach
Hause und schloss die Tür von ihrem Zimmer. Durch die Geräusche
der Pistole ging die Mutter ins Zimmer und fand ihre Tochter blutüber
strömt auf. Die Gymnasiastin hat noch am Tatort ihr Leben verloren.
Vater
Karahan: Sie war sehr erfolgreich
Der Vater von Güler, Hasan Karahan gab an, dass seine Tochter in
ihrem ganzen Leben und in der Schule immer sehr erfolgreich gewesen sei.
"Wenn wir über etwas sehr zornig wurden hat sie uns immer beruhigt."
Er sagte, dass seine Pistole in der Schublade sei und fügte noch
hinzu: "Sie hat nicht meine Pistole benutzt. Ich weiß nicht,
wo sie die Pistole her hat und wem sie gehört. Sie hat vier mal abgedrückt.
In der Wand sind Spuren davon. Einmal hat sie sich in den Kopf geschossen.
Ich weiß nicht, warum sie das getan hat."
SES
hat einen Bericht vorbereitet:
Die Abteilung von SES in Diyarbakir hat einen Bericht zu den geschehenen
Selbstmorden vorbereitet. In diesem Bericht wird erklärt, dass in
Diyarbakir 134 Fälle von Selbstmordversuchen vorlägen. Von diesen
134 Selbstmordversuchen endeten 26 tödlich. Die Altersgruppe der
Selbstmorde läge zwischen 15 und 20. 66 der Personen, die einen Selbstmordversuch
gestartet haben,seien ledig, 36 verheiratet, 3 geschieden und von 3 Personen
gäbe es hierzu keine Angaben. Von denen, deren Selbstmordversuch
tödlich endete seien 15 ledig, 9 verheiratet und 2 verwitwet gewesen.
Als Grund sei bekannt, dass 46% psychisch krank gewesen seien, 46% wegen
der Unverträglichkeit in der Familie und 15% wegen Beziehungen zu
anderen Menschen diese Tat vollendeten.
Im Bericht wird erklärt, dass auch in Urfa, Igdir, Van, Adiyaman,
Agri, Bitlis und Hakkari Selbstmorde geschehen würden. Im Bericht
wird außerdem noch erklärt: "Der wichtigste Grund für
Selbstmorde ist die Umsiedlung. Die Menschen ziehen vom Dorf in die Stadt.
Sie können sich nicht anpassen, können ihren Lebensunterhalt
nicht finanzieren. Identitätskrisen, Krieg gehören mit zu den
wichtigsten Gründen für Selbstmorde."
Das
Ergebnis des Krieges:
Der Oberarzt des Spezial Hospitals im Südosten und Psychiatriespezialist
Dr. Ayhan Güler erklärte, dass Kurdistan seit vielen Jahren
Zusammenstößen ausgeliefert sei und tausende von Menschen verwundet
und gestorben seien. Er sagte: "Die Menschen, die nicht selbst gestorben
sind haben mitansehen müssen, wie andere Menschen verwundet oder
getötet wurden, wie Häuser verbrannt und niedergerissen wurden.
Ein Teil davon ist umgesiedelt."
Dr.Güler fügte hinzu, dass dies für ein schweres Trauma
ausreichen würde und dass es ein erwartetes Ergebnis sei, dass das
kurdische Volk, welches dieses Trauma durchlebt, in eine derartige Krise
schreitet.
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