SELIS
– Frauen Beratungszentrum / Diyarbakir
SELIS –
Kadin Danismanlik Merkezi / Diyarbakir
Das Frauen Beratungszentrum SELIS wurde im April 2002 von 2 Frauen gegründet.
SELIS ist eine unabhängige Fraueninstitution. Die inzwischen ca.
40 mitarbeitenden Frauen, darunter Anwältinnen, Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen,
Lehrerinnen, Hausfrauen, Studentinnen, Psychologinnen, Soziologinnen stellen
ihre Arbeit fast alle ehrenamtlich zur Verfügung. 10 Frauen arbeiten
Vollzeit für SELIS; andere, die Berufstätig sind oder Kinder
haben, stellen ihre Arbeit in den verschiedenen Bereichen Teilzeit zur
Verfügung.
Frauen aller Altersstufen wenden sich an SELIS, vor allem Frauen zwischen
18 und 40 Jahren. Die personellen und räumlichen Kapazitäten
von SELIS reichen nicht aus, um den vielen Anfragen von Frauen in Einzelberatung
gerecht zu werden. Daher werden verstärkt Gruppenarbeit und Seminare
durchgeführt. Beraterinnen und Seminarleiterinnen sind meist Frauen
aus verschiedenen Berufssparten die ihre Arbeit unentgeltlich zur Verfügung
stellen. Einige der Seminare werden inzwischen im Frauen Bildungs- und
Psychologischen Beratungszentrum EPI-DEM durchgeführt.
SELIS arbeitet unter anderem mit Organisationen, wie der Frauenkommission
der Rechtsanwaltskammer in Diyarbakir und der Frauenmenschenrechtsstiftung
(Kadin Insan Haklari Vakfi) zusammen und ist in der Frauenplattform -
Diyarbakir, einem Zusammenschluss von ca. 30 Frauenorganisationen und
Institutionen, vertreten.
Zu den Arbeitsschwerpunkten
von SELIS gehört Beratung von Frauen und das Vermitteln von Wissen,
die Bildung von Frauen. Viele Frauen stehen in ökonomischer Abhängigkeit
vom Mann und der Familie, verfügen über keine Schulbildung und
können weder Lesen noch Schreiben. Sie haben somit kaum Möglichkeiten
einen Beruf zu ergreifen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen, oder auch
selbständig ihre vertraute Umgebung zu verlassen. Ziel ist es, Frauen
in sozialer, kultureller, ökonomischer und rechtlicher Hinsicht zu
informieren und eine verstärkte Teilnahme von Frauen am sozialen
Leben voranzutreiben. Wissen ist für die Identität, das Selbstvertrauen
und die Selbstständigkeit von Frauen sehr wichtig.
Um die Arbeit zu professionalisieren
wurden von SELIS in Zusammenarbeit mit Fachleuten spe-zielle Einrichtungen
gegründet, wie Beispielsweise eine Stelle für psychologische
Beratung, oder eine Schule für Alphabetisierungskurse.
EPI-DEM – Frauenbildungs-
und Psychologisches Beratungszentrum:
EPI-DEM wurde von SELIS im Oktober 2003 mit der Unterstützung der
Stadtverwaltung (Stadtteil Yenisehir) eröffnet. Die Kosten von EPI-DEM
werden von der Stadtverwaltung übernommen, so dass bislang eine Psychologin
und eine Sozialarbeiterin angestellt werden konnte.
Der Bereich der psychologischen Beratung der seither von SELIS bearbeitet
wurde, ist an EPI-DEM übertragen worden. EPI-DEM wurde in separaten
Räumlichkeiten eröffnet, da für eine solche Thematik Fachleute
nötig sind und die Mitarbeiterinnen von SELIS keine spezielle Ausbildung
haben. Frauen die sich an SELIS wenden, werden von dort an EPI-DEM weitergeleitet.
Vor allem viele kurdische Flüchtlingsfrauen, die an psychologischen
Folgen des Krieges, der Fluchterlebnisse und den aktuellen Lebensbedingungen
leiden, wenden sich an EPI-DEM. Die Selbstmordrate ist sehr hoch. Mit
der Beratungsstelle soll die Not abgelindert und abgefangen werden. Es
kommen nicht nur Flüchtlingsfrauen sondern auch Frauen wegen familiärer
Gewalt oder Frauen die in Haft oder bei Festnahmen gefoltert, vergewaltigt,
misshandelt wurden. Mit der Unterstützung vom Menschenrechtsverein
IHD und der Ärztekammer werden Flüchtlinge beraten.
Monatlich suchen ca. 50 Frauen Beratung. Die Hemmschwelle, psychologische
Beratung aufzusuchen ist groß, wird aber inzwischen mehr und mehr
wahrgenommen. EPI-DEM ist kein Therapiezentrum, sondern ein Beratungszentrum.
Versucht wird in den Gesprächen, gemeinsam praktikable Wege und Lösungen
für die vermeintlich auswegslose Lage zu fin-den. Die Frauen sollen
psychologisch unterstützt und ihre eigenen Resourcen gestärkt
werden. Angeboten werden Einzel- und Gruppengespräche. Eine spezielle
Psychotherapie für posttraumatische Belastungsstörung findet
nicht statt.
Bildungsseminare zur Wissensvermittlung und zur Förderung des Selbstvertrauens
und der Selbständigkeit werden in Zusammenarbeit von EPI-DEM und
SELIS durchgeführt.
Rechtsberatung und
Seminare:
Rechtsberatung wird durch Rechtsanwältinnen der Anwaltskammer kostenlos
geleistet. Frauen die Opfer häuslicher, oder staatlicher Gewalt wurden,
wer-den von den Anwältinnen auch in Prozessen vertreten.
Außer der Einzelberatung werden auch Seminare angeboten um Frauen
über ihre Rechte aufzuklären. Je nach Stand und Position der
Frauen, z.B. Hausfrauen oder Studentinnen, werden entsprechend der rechtlichen
Fragen die Seminare gestaltet. Seminare werden zu Themen Zivilrecht, Beratung
über rechtliche Möglichkeiten gegen Gewalt (staatliche, gesellschaftliche
und familiäre), Rechte der Arbeitnehmerinnen, etc. durchgeführt.
Gesundheitsberatung-
und Seminare:
Gesundheitsseminare über Schwangerschaft, Menstruation, Menopause,
Krebs (Gebärmutter- und Brustkrebs), Familienplanung, Hygiene werden
durchgeführt. Dabei wird auf Prävention und Möglichkeiten
der Selbsterkennung von Symptomen wert gelegt. Viele Frauen haben aus
ökonomischen Gründen keine Möglichkeit eine Ärztin
oder einen Arzt aufzusuchen. Die Seminare werden in Zusammenarbeit mit
der Ärztekammer – Diyarbakir durchgeführt.
Seminare zu Kindererziehung:
Die Gewaltstruktur, die Anwendung von Gewalt in der Gesellschaft ist sehr
groß und drückt sich auch in der Familie aus, bzw. wird in
der Erziehung weitergegeben. Um die Gewaltmechanismen abzubauen werden
Seminare und Beratung in Kindererziehung abgehalten.
Seminare zur Frauen
– Männer – Rolle:
Seminare über Themen wie „Frauenfreiheit, was ist das“
werden abgehalten. Weitere Themen sind Feudalismus - gesellschaftliche
Stellung der Frau, finanzielle Abhängigkeit, etc.. Inhalte und Form
der Seminare und Kurse werden, entsprechend dem Hintergrund, sozialer
Stellung und Fragen der beteiligten Frauen gestaltet.
Gruppenarbeit:
Ziele der Gruppenarbeit sind: Training zur Förderung der Selbstbestimmung
der Frauen; Förde-rung von Selbstbewusstsein; Erkennen der eigenen
Möglichkeiten Initiative zu ergreifen; Lernen selbständig Initiative
zu ergreifen; Förderung von eigenverantwortlichem Handeln; Förderung
von Bewusstsein über selbst Erschaffenes (Frauen bekommen oft keine
Bestätigung für ihr Schaffen).
Die Gruppenarbeit wird unter dem Motto durchgeführt: Lasst uns zusammen
was machen, uns weiterbilden und entwickeln. Von Mitarbeiterinnen wird
zwar etwas vorbereitet, aber die teilnehmenden Frauen werden aufgefordert
selbst auch mit zu arbeiten. Es wird versucht gemeinsam Entscheidungen
zu treffen, hierarchische Vorstellungen aufzubrechen und gegenseitiges
Lernen zu fördern. In der Probe-phase sind derzeit auch künstlerische
Mittel.
Alphabetisierungskurse:
SELIS führt in Zusammenarbeit mit der Stadtverwal-tung (Stadtteil
Baglar) und der Mutter-Kind Gesund-heitsstiftung Diyarbakir (Diyarbakir
Ana Çocuk Sagligi Vakfi) seit Dezember 2003 im Stadtteil Baglar
Alphabetisierungskurse durch. In Baglar leben viele Flüchtlinge.
Die an den ersten Kursen teilnehmenden 50 Frauen sind im Alter zwischen
15 und 45 Jahren.
Hintergrund der Bildungsinitiativen ist, dass 45,8 % aller Frauen in der
Region überhaupt keine Schulbildung erhalten, da Mädchen meistens
nicht oder nur für kurze Zeit in die Schule geschickt werden. Ein
großes Problem ist, dass Frauen durch unterschiedliche Gründe
in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind und somit oft keine
Möglichkeiten zum Austausch haben. Oft haben sie auch kein Fahrgeld.
Daher werden Seminare im Stadtteil Baglar, in dem viele arme Menschen
leben, durchgeführt.
Nähwerkstatt
- Schneiderei:
Die Schneiderei- und Teppichwerkstatt wurde im Juni 2002 gegründet.
In der Schneiderei werden traditionelle Kleider verschiedener kurdischer
Regionen hergestellt. Darüber hinaus werden auf Bestellung alle Arten
von Kleidung genäht. Aus der Teppichproduktion haben sich die Frauen
wieder zurückgezogen, da es nicht genügend Absatz gab. Der Erlös
der Nähwerkstatt ist für einzelne Frauen eine Verdienstmöglichkeit.
Darüber hinaus können durch den Erlös der Schneiderei die
Unkosten der SELIS – Frauenberatungsstelle, wie Miete, etc. getragen
werden.
Planung von Frauenschutzhäusern:
Angesichts der gesellschaftlichen/familiären Gewalt gegen Frauen
sind Frauenschutzräume eine dringende Notwendigkeit. Die Planung
von Frauenschutzhäusern ist innerhalb verschiedener Frauenorganisationen
derzeit in Diskussion. Die Unterstützung der Stadtverwaltung wäre
nicht nur eine finanzielle Notwendigkeit sondern auch Nötig um die
Sicherheit von Frauenschutzräumen gewährleisten zu können.
(Die einfache Übertragung von Modellen z.B. von Frauenhäusern
in Deutschland ist nicht möglich, da die gesellschaftlichen Bedingungen
in Kurdistan ganz anders sind.)
Planung von Eröffnung
weiterer Frauenzentren in anderen Städten Kurdistans:
Da sich mittlerweile Frauen aus verschiedenen Städten und Dörfern
an SELIS und andere Frauenberatungszentren in Diyarbakir wenden und der
Bedarf groß ist, planen die Frauen für die Zukunft weitere
Frauenberatungsstellen in anderen Städten zu eröffnen, beispielsweise
in Urfa.
Beteiligung an Initiativen
der Frauenplattform Diyarbakir:
Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Frauenorganisationen hat sich in
den letzten Jahren inten-siviert. Frauen verschiedener Frauenberatungsstellen,
Initiativen, Gewerkschaften und Parteien arbeiten in der Plattform zusammen
um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten und z.B. notwendige Gesetzesänderungen
und deren Anwendung zum Schutz von Frauen zu erreichen.
Zwei Beispiele zeigen, daß Frauen nicht mehr be-reit sind zu schweigen.
Nach der Tötung einer 16-jährigen jungen Frau durch Familienangehörige
(Sogenannte Strafe zur Rettung der Ehre der Familie) im November 2003,
als auch beim sexuellen Übergriff gegen eine politisch aktive kurdische
Frau durch Zivilpolizei im Dezember 2003 gingen hunderte von Frauen unterschiedlichen
Alters, Herkunft und Bildung auf die Straße, um gegen Gewalt gegen
Frauen zu protestieren und ihre Rechte als Frauen einzufordern.
Auch bei Initiativen für Frieden sind die Frauen in der Frauenplattform
zusammengeschlossen. Beispiele sind hierbei die Initiative „Tisch
zum Dialog für Frieden“, oder die Beteiligung an der Fahrt
nach Silopi (Stadt an der irakischen Grenze) als Friedensinitiative gegen
den Irakkrieg.
„SELIS“ bedeutet im sumerischen Sprachgebrauch „Helligkeit“.
Auf Persisch bedeutet „SELIS“
„den Weg zeigen“. In diesem Sinne gebrauchen die Frauen den
Namen:
SELIS: IN UNSERER
DUNKLEN WELT, EINE TÜRE DIE SICH ZUM LICHT ÖFFNET !...
SELIS: KARANLIK DÜNYAMIZDA
ISIGA AÇILAN KAPI !....
Für den Bericht
wurden Informationen aus Gesprächen mit Mitarbeiterinnen von SELIS,
der Broschüre „Situation von Frauen in Kurdistan“ und
Zeitungsartikel aus Özgür Politika zusammengefasst.
Februar/April 2004, Britta Wente
Adressen:
(SELIS – Frauenberatungszentrum)
SELIS - Kadin Danismanlik Merkezi
Kurt Ismail Pasa 7. Sok. - Orkide Apt. Kat. 1 - No.3
Ofis / Diyarbakir
Tel. 0090 (0)412 2247728
Fax. 0090 (0) 412 2246899
e-mail: seliskadin@mynet.com
(SELIS - Schneiderei
und Teppichwerkstatt)
SELIS - Dikis ve Kilim Atölyesi
Gevran Sok. Sair Sirri Hanim Sok. – Kelebek Apt.
Ofis / Diyarbakir
Tel. 0090 (0)412 228 24 62
(EPI-DEM – Yenisehir
Gemeinde Frauen Bildungs- und psychologisches Beratungszentrum)
EPI-DEM - Yenisehir Belediyesi Kadin Egitim ve Psikolojik Danismanlik
Merkezi
Lise Caddesi - Sanli Apt. 1/7
Diyarbakir
Tel. 0090 (0)412 2235120
V.i.S.d.P u. weitere Informationen über:
Britta Wente – Liststr. 28 – 70180 Stuttgart
Tel.+Fax: 0049 (0) 711 600363,
Handy: 0049 (0)170 270 97 68
e-mail: b.wente@z.zgs.de
Finanzielle Unterstützung von SELIS:
Wer die Arbeit und Projekte von SELIS finanziell Unterstützen möchte
kann Geld unter dem Stichwort SELIS auf folgendes Konto überweisen.
Das Geld wird direkt an SELIS weitergegeben.
Postbank Stuttgart, Kontoinh.: Britta Wente, BLZ: 60010070, Kontonr.:
358097702
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