Wir hatten bereits im Juli 1999 einen Aufruf zur Unterstützung besonders
gefährdeter und bedürftiger Frauen herausgegeben, die, nachdem
sie den Mut fanden, die sexuelle Folter an ihnen zur Anzeige zu bringen,
ihr Leben völlig ändern und daher auch auf materielle Unterstützung
zurückgreifen mußten. Damals handelte es sich um Remziye Dinc,
Hanim Baran und M.F. Bevor wir uns erneut mit dem dringenden Anliegen einer durch türkische Sicherheitskräfte sexuell gefolterten und vergewaltigten Frau an Sie wenden, müssen wir Ihnen die schreckliche Mitteilung machen, daß Hanim Baran, für die wir zuvor gesammelt hatten, an den Folgen der ihr durch türkische Staatskräfte angetanen Gewalt am 31.12.1999, als alle Welt den Beginn eines neuen Jahrtausend feierte und von Frieden und Demokratisierung die Rede war, gestorben ist. Wir möchten auf diesem Weg noch einmal der Familie, Freunden und Freundinnen, Genossen und Genossinnen Hanim Baran`s zum Ausdruck bringen, daß unsere Herzen bei ihnen sind und wir nicht davon ablassen werden, die Täter vor Gericht zur Rechenschaft zu ziehen. Wir wenden uns diesmal mit der Situation einer Mandantin an Sie, die mitten in einer Zeit, in der in der Türkei. nachdem die PKK den bewaffneten Kampf einseitig beendet hat, so viel über Menschenrechte und Demokratisierung diskutiert wird und die geprägt ist von der Hoffnung des kurdischen Volkes auf einen gerechten Frieden, durch türkische Polizeikräfte der Anti-Terror-Einheit schwerstens gefoltert und vergewaltigt worden ist. Kaze Özlü ist eine 50-jährige kurdische Frau und Mutter
mehrerer Kinder. Sie lebt in ärmsten Verhältnissen in Adana.
Ihr Ehemann starb, als sie noch sehr jung war und seitdem sorgte sie unter
undenkbar schweren Bedingungen alleine für die Familie. An diesem Tag drangen Zivilbeamte der Anti-Terror-Einheit vom Polizeipräsidium
Adana in ihr Haus ein. Um ihre Schreie zu ersticken, wurden ihr Mund und
Nase mit einem Tuch verbunden. Danach schlugen die Beamten auf sie ein
und würgten sie mit dem Kabel eines Bügeleisens. An unendlich
vielen Stellen ihres Körpers drückten sie Zigaretten aus. Die
Spuren dieser Brutalität sind heute noch sichtbar. Kaze Özlü berichtete der Frauenkommission der HADEP über diese Folter, welche wiederum unserem Büro in Istanbul Bescheid gab. Da jedoch alle Telefone abgehört werden, erfuhr die Polizei hiervon und suchte das Haus der Betroffenen am 28.11.1999 erneut auf. Sie drohten ihr mit dem Tod, falls "diese Anwältin Eren Keskin von dem Projekt hierherkommt..." Aufgrund dieser Drohung nahm die Betroffene zunächst Abstand von ihrem Vorhaben, die an ihr verübte Gewalt zur Anzeige zu bringen. Auch ihr Sohn war insbesondere dagegen, die Vergewaltigung zur Sprache zu bringen, da ihm dies wie ein Schock für die Familienehre erschien. Doch die Frau war entschlossen, die Tat zur Anzeige zu bringen, um hiermit
dazu beizutragen, daß eines Tages andere Frauen ohne Furcht vor
dieser Tortur leben können. Mitte Februar 2000 begab sich die Rechtsanwältin
Eren Keskin für das Projekt nach Adana und nahm Kaze Özlü
nach Istanbul mit, wo sie eine Therapie erhält. Auch der Sohn war
nun davon überzeugt, daß der Weg, den seine Mutter gewählt
hatte, nämlich das Verbrechen an ihr zur Anzeige zu bringen, der
einzig richtige sei. Bis dahin wird jedoch noch etliche Zeit vergehen. Die finanzielle Situation
der Familie, für deren Unterhalt Kaze Özlü alleine aufkommen
muß, ist katastrophal. Kaze Özlü bleibt für die Zeit
ihrer Therapie bei einer Familie, die selber in engsten Verhältnissen
lebt. Zu ihrem normalen Unterhalt und insbesondere jetzt nach Anzeigeerstattung
benötigt sie zwischen Sie ist eine der mutigen Frauen, die ihre brutale Erniedrigung zur Anzeige
gebracht haben und bedarf daher unserer besonderen Solidarität. Unser Spendenkonto hier in Deutschland: Berlin, 3.3.2000 |