Anklageschrift gegen Eren Keskin - Übersetzung aus dem Türkischen

Türkische Republik
Istanbul
Staatssicherheitsgericht
Generalstaatsanwaltschaft der Republik

Ermittlungsnr. 2002/134
Hauptsache 2002/425
Anklageschrift 2002/425

Anklageschrift
Istanbul, Staatssicherheitsgericht

Ankläger: Öffentlichkeit
Angeklagte: Emine Eren Keskin, ..., bei der Anwaltskammer Istanbul registrierte Rechtsanwältin
Straftat: Unterstützung der verbotenen Terrororganisation PKK
Datum der Straftat: 08.01.2002, 14.02.2002, 19.03.2002, 21.03.2002
Strafvorschriften: Art. 169 des türk. StGB, Art. 5 des Gesetzes Nr. 3713, Art. 31 des türk. StGB

Ermittlungsergebnisse:

Folgende Unterlagen wurden ausgewertet: Schreiben Nr. 008746 vom 10.01.2002 und Anlagen, Nr. 045803 vom 15.02.2002 und Anlagen, Nr. M-03.02/2417 vom 20.03.2002 und Anlagen sowie Nr. M-0302/2417/3591 vom 26.03.2002 und Anlagen, die die Staatsanwaltschaft der Republik von der Leitung der Abteilung Sicherheit des Polizeipräsidiums Istanbul erhielt.

Es wurde festgestellt, dass die Angeklagte Emine Eren Keskin Vorsitzende der Zweigstelle Istanbul des Menschenrechtsvereins ist;
dass sie am 08.01.2002 im Gebäude der Zweigstelle Istanbul des Menschenrechtsvereins in Beyoglu die Presseerklärung "Appell an die Universitäten" vom 08.01.2002, die zu den Akten genommen wurde, verteilt hat;
dass sie am 14.02.2002 im Gebäude der Zweigstelle Istanbul des Menschenrechtsvereins die Broschüre " Das Recht auf Muttersprache - Vorenthaltung der Muttersprache" verteilt hat;
dass sie am 19.03.2002 im Gebäude der Zweigstelle Istanbul des Menschenrechtsvereins das Bulletin "Menschenrechtsbulletin", das zu den Akten genommen wurde, verteilt hat;
dass die Angeklagte am 21.03.2002 im Gebäude der Zweigstelle Istanbul des Menschenrechtsvereins Flugblätter mit der Überschrift "Heute ist Newroz, das Fest des 21. März" verteilt hat.

Es wurde weiterhin festgestellt, dass diese Flugblätter ihrem Inhalt nach im Zusammenhang mit der Kampagne für kurdischsprachigen Unterricht stehen, die auf dem 7. Kongress der verbotenen Terrororganisation PKK beschlossen wurde.
In ihren Aussagen vom 24.01.2002 und 01.04.2002 vor der Generalstaatsanwaltschaft der Republik gab die Angeklagte an, dass sie als Vorsitzende der Zweigestelle Istanbul des Menschenrechtsvereins diese Flugblätter gefertigt und in diesem Sinne verteilt hätte und dass sie für diese Flugblätter einstehe.

Nachfolgend wird die in unserem Land geführte Kampagne für kurdischsprachigen Unterricht in rechtlicher Hinsicht gewürdigt:
[ein Teil fehlt, gemeint ist: "Die PKK...] ist eine illegale Organisation, die auf der Grundlage marxistisch-leninistischer Prinzipien in den Regionen Ost- und Südostanatolien unseres Landes, in dem der Straftatbestand der schriftlichen Propaganda gegen die unteilbare Integrität von Staatsterritorium und -nation der Türkischen Republik begangen wird, einen kurdischen Staat zu schaffen beabsichtigt, in den auch Teile Syriens, des Iran und des Irak integriert werden sollen und die zu diesem Zweck zahlreiche bewaffnete Aktionen wie Mord, Körperverletzung, Überfälle auf Dörfer und Polizeistationen, Massenmord, Raub, Plünderung und Sprengstoffanschläge durchführt.
Von Seiten der Türkischen Republik wurde gegen diese Organisation mit dem Namen PKK, die von inneren und äußeren Feinden unseres Landes jegliche Form materieller wie ideeller Unterstützung erhält, der notwendige Kampf geführt, infolge dieses Kampfes wurde der Kopf dieser Organisation, Abdullah Öcalan, im Ausland festgenommen, [ins Inland, Anm.d.Ü.] überführt und in dem gegen ihn eröffneten Strafverfahren zum Tode verurteilt.
Nach der Festnahme des Kopfes der Organisation bemühten sich seine im Ausland aktiven Anhänger, neue politische Wege zu beschreiten. Zu diesem Zweck hielt der angebliche Vorstandsrat der bewaffneten Terrororganisation seinen 7. Kongress ab und führte im Anschluss daran an diesem Datum [nicht verständlich, Anm.d.Ü.] eine als 6. Nationalkonferenz bezeichnete Konferenz durch. Den auf dieser Konferenz gefassten Beschlüssen entsprechend wurde zur Erreichung ihrer Ziele in unserem Land neue Praktiken eingeleitet und diese Praxis wurde "Demokratisierungs- und Friedensprojekt" genannt.

Der neuen Strategie gemäß, die diese blutige Organisation zur Erreichung ihres letztendlichen Zieles ausarbeitete, wurde eine neue als "ziviler Ungehorsam/Aufstand" bezeichnete Aktionsform eingeführt, die nicht auf Gewalt basiert, jedoch unter Verstoß gegen die Gesetze der Türkischen Republik die staatlichen Kräfte und unser Land auf internationaler Ebene in Schwierigkeiten bringen soll. Zur Umsetzung dieser Aktionsform wurden folgende Punkte beschlossen und umgesetzt:

1. Studenten, die Sympathisanten oder Mitglieder der Organisation sind, organisieren die Übergabe gedruckter Anträge an die Rektorate der Universitäten mit der Forderung, dass Kurdisch als Wahlfach an Universitäten gelehrt wird;
2. Eltern von Schülern der Primar- und Sekundarstufen reichen beim Ministerium für Bildung und Erziehung Anträge mit der Forderung "Ich will, dass mein Kind auf Kurdisch unterrichtet wird" ein;
3. In den Verbänden sympathisierender Organisationen tragen die Frauen regionale [traditionelle, Anm.d.Ü.] Kleider;
4. Bei Einwohnermeldeämtern und Gerichten werden Anträge mit der Forderung "Ich will in meinem Ausweis die Kategorie «kurdischer Herkunft» registrieren lassen" eingereicht;
5. Schriftliche Bekenntnisse der Form "Auch ich bin PKK'ler und ich unterstütze die neue Strategie der PKK" werden abgegeben;
6. Die von mit der Organisation sympathisierenden Studenten geführte Kampagne für kurdischsprachigen Unterricht sowie Punkte wie deren Ausweitung auf die Gymnasien und Schulen der Primarstufe wurden durch den angeblichen Vorstandsrat der PKK als Aktionsformen für gut befunden und in die Praxis umgesetzt.

Der Beschluss der Terrororganisation PKK zum zivilen Ungehorsam als Aktionsform wurde in den Juni-September und Dezemberausgaben 2001 des Publikationsorgans der Organisation mit Namen Serxwebun [Unabhängigkeit, Anm.d.Ü.], die auch im Internet veröffentlich wird, aus Sicht der Organisation ausführlich dargestellt. Diese Zeitschriften wurden als Beweisstücke zur Akte genommen. Auch folgende Zeilen in dem Artikel "Anmerkungen zur Zukunft - Ich bemühte mich, der freiheitlichen Erziehung eine Chance zu geben" in der Zeitschrift Özgür Halk [Freies Volk], Nr. 123 vom 15.12.2001, machen deutlich, dass den PKK-Anhängern in der genannten Art Weisung erteilt wurde:
"...die Forderung nach kurdischsprachigem Unterricht muss verbreitet werden; das sollten nicht nur Kurden, sondern auch türkische studentische Kreise tun; dies muß in angemessener Sprache auf legalem Wege geschehen; die Beschränkung auf nur ein, zwei Parolen ist zu vermeiden; man muss kreativ sein; Dutzende zivilgesellschaftliche Organisationen sind zu gründen. Jede Person sollte in ein oder zwei zivilgesellschaftliche Organisationen eingebunden werden, sollte sich für diese engagieren. Wer nicht in der Lage ist, zivilgesellschaftliche Organisation zu gründen bzw. auszubauen, kann nicht revolutionär tätig sein..."

Aus dem Inhalt der Akte geht hervor, dass die Angeklagte Emine Eren Keskin mit ihren Aktivitäten im Sinne des oben beschriebenen Zieles der illegalen Terrororganisation PKK gehandelt und damit die Aktionen der illegalen Organisation erleichtert und hierdurch den Straftatbestand der Unterstützung einer illegalen Organisation erfüllt hat.
Gemäß der einschlägigen Strafvorschriften wird die Bestrafung der Angeklagten und die Eröffnung des Verfahrens im Namen der Öffentlichkeit gem. Art. 20 des Gesetzes Nr. 2845 beantragt.
14.04.2002
Hadi Salihoglu - 23866
Staatssicherheitsgericht Istanbul
Staatsanwalt der Republik