Internationales Festival für Demokratie und Frieden, Köln, 2.September 2000 | ||
Redebeitrag von Joël Dutto Vizepräsident des Generalrats des Departements Bouches-Du-Rhones; Präsident der Fraktion der Kommunisten im Stadtrat von Marseille |
||
Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freunde und Genossen! Meine Anwesenheit hier unter euch bezeugt euch meine Unterstützung und meine Zustimmung zu dem Appell, der vom Organisationskomitee des »Internationalen Festivals für Demokratie und Frieden« entwickelt wurde. Zu dem Zeitpunkt an dem sich die Möglichkeit einer Erweiterung der Europäischen Union auf die Türkei stellt, verschärft sich die Notwendigkeit für sie, die Beschlüsse von Helsinki sowie die Kriterien von Kopenhagen in Angriff zu nehmen und zu respektieren. Wenn die Europäische Union die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen die wirtschaftliche, technologische und wissenschaftliche Entwicklung oder den sozialen Fortschritt in ihren Mitgliedsstaaten begünstigen soll, muß sie auf den ersten Platz ihrer Ziele den Respekt vor den der universellen Werten stellen, auf die alle demokratischen Gesellschaften gegründet sind. Es kann keine harmonische Entwicklung einer Gesellschaft geben, in der die Einhaltung der Menschenrechte und die Respektierung der Minderheiten nicht gegeben sind, in der soziale Gerechtigkeit und Demokratie auf allen Ebenen des politischen Lebens eines Landes fehlen, und in der es keinen Frieden und keine Freiheit gibt. Wie Sie wissen, trifft dies momentan für die Türkei zu. So ist es dringend geboten, dass diese sich in grundlegenden und konstitutionellen Reformen engagiert, um den Weg zu einer neuen Konzeption der Türkischen Republik zu öffnen: Für eine Türkei, in der die Recht des kulturellen, politischen und linguistischen Ausdrucks dem kurdischen Volk und den anderen Minderheiten gewährt werden, welche zusammen die menschliche Vielfalt dieses Landes bilden. Für ein modernes Land, dass allen seinen Bürgern die gleiche Rechte und Pflichten zuerkennt. Diese Richtung einzuschlagen, hängt nur von dem politischen Willen der Führungskräfte des türkischen Staates ab. Es steht in ihrem Ermessen, die historische Möglichkeit zu nutzen, welche ihnen durch die Entscheidung der PKK und des Präsidenten Abdullah Öcalan, ihre Strategie zu ändern und eine politische und friedliche Lösung vorzuziehen, angeboten wurden. Diese Vorschläge, die Gestaltung einer Türkei des Friedens und der Demokratie, sind eine ernstzunehmende Basis der Diskussion. Sie verdienen Aufmerksamkeit und Studium. Dieser Plan geht über die kurdische Frage hinaus, denn er bietet ein Fundament zur Demokratisierung der ganzen türkischen Gesellschaft und hebt die Notwendigkeit für konstitutionelle Reformen hervor. Ich weiß, dass diese Vorschläge ein zustimmendes und immer stärker werdendes Echo in der Zivilgesellschaft und bei einigen politischen Kräften in der Türkei gefunden haben. In diesem neuen politischen Zusammenhang kann und muß die Europäische Union eine wichtige Rolle spielen, um den Prozeß des Friedens und der Demokratie mit aller Kraft zu unterstützen. Sie muß mit viel mehr Zielstrebigkeit und Kraft die türkische Regierung dazu einzulanden, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Sie muß viel weiter gehen, als nur einfach Absichtserklärungen bekanntzumachen, sondern muß schnell eine politische, starke Tatkraft erkennen lassen. Die Europäische Union und Frankreich, das zur Zeit deren Führung übernommen hat, muß den Präsidenten Öcalan als Gesprächspartner anerkennen, mit dem es über den Frieden und die Demokratie in der Türkei zu diskutieren gilt. Die internationale Gemeinschaft muss seine Freiheit fordern und ihn achten, im gleichen Sinn wie Yasser Arafat oder Nelson Mandela, als legitimierten Repräsentanten seines Volkes. Wenn dies für andere Völker möglich war, warum nicht auch für die Kurden, damit diese ihre Rechte endlich erhalten? Dies ist der einzig mögliche Weg, um bei dem schwierigen Prozess des Friedens und der nationale Versöhnung weiterzukommen, damit Kurden und Türken zusammen eine moderne Türkei des 21. Jahrhunderts aufbauen können. Dies ist der ganze Sinn der Aktion, die ich in Frankreich gemeinsam mit weiteren Demokraten, Freunden von Türken und Kurden, durchführe. Liebe Freunde, bevor ich meinen Beitrag beende, lasst mich einige Worte über die Sitaution der kurdischen Flüchtlinge im Kamp von Makmur, im Norden des Iraks, sagen. Ich war dort vor kurzer Zeit und ich kann bezeugen, dass es sich um eine ziviles Lager handelt, entgegen einiger Behauptungen der türkischen Regierung. 10.000 Personen, darunter mehr als 5000 Kinder, leben dort in einer wüstenartigen Zone und unter schwierigen Umständen. Obwohl das hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen und die irakischen Autoritäten helfen, leiden auch sie unter dem ungerechten und grausamen Embargo für die Zivilbevölkerung. Sie brauchen Nahrung, Kleidung, medizinisches und schulisches Material. Sie müssen regelmäßig mit Angriffen und dem Eindringen türkischer Agenten fertigwerden, welche Attentate ausüben, bei denen Menschen umkommen oder verletzt werden. Trotzt dieser Situation haben die Flüchtlinge sich organisiert und das Leben im Kamp strukturiert. Sie haben die Schulbildung an die wichtigste Stelle der Lagerpolitik gesetzt. Sie bauten, sogar vor anderen Unterkünften, Schulen, damit die kurdischen Kindern gebildet werden und ihre Rolle als Bürger in einer demokratischen Türkei spielen können. Ihre Forderungen sind an erste Stelle politisch. Wie Millionen andere exilierte Kurden, wünschen sie nach Hause zurückzukehren, sobald die Bedingungen es erlauben. Das ist heute nicht der Fall. Sie baten mich, dem Präsidenten der türkischen Republik, Herrn Ahmet Necdet Sezer, ihren Wille zum Frieden zu übersenden, sowie folgende Forderungen: Abschaffung der Todesstrafe Aufhebung des Ausnahmezustands in allen Provinizen Anatoliens und des Südostens Amnestie für alle politischen Gefangenen aus der kämpfenden und der zivilen Bevölkerung Anerkennung der kurdischen Sprache und der kurdischen Kultur in der Türkei. Ich bin auch ein Zeuge von der Kraft ihrer Hoffnung, die sie in den von Abdullah Öcalan vorgeschlagenen Friedensplan setzen und den sie alle unterstützen, und sie rufen die internationale Gemeinschaft auf, diesen Plan anzuerkennen. Ich möchte diesen Flüchtlingen von dieser Tribüne sagen, via Medya TV, dass ich ihre Foderungen an den türkischen Präsidenten weitergeleitet habe, aber auch an Kofi Annan, den Generalsekretär der Vereinten Nationen. Ich habe Madam Nicole Lafontaine, die Präsidentin des Europäischen Parlamentes und Monsieur Lionel Jospin, den französischen Premierminister, davon benachrichtigt. Ich möchte ihnen auch sagen, dass die politische und materielle Solidarität sich in Frankreich organisiert, mit der Unterstützung der kurdischen Gemeinschaft und der Demokraten. In kurzer Zeit werden sie die Früchte dieser Solidarität erreichen. Sie müssen wissen, dass sie nicht allein und isoliert sind. In Frankreich und in Europa sind Millionen von Kurden und Demokraten mit ihnen, in Gedanken und im Herzen. Meine Damen und Herren, der Erfolg dieser Versammlung zeugt von einem fantastischen gemeinsamen Willen, die Gerechtigkeit und die Freiheit triumphieren zu sehen, in einer demokratischen Türkei, die so ihren Platz unter den europäischen Nationen fände. Diesen Kampf werde ich mit Ihnen führen, um dieses Ziel zu erreichen, aber auch um die Freilassung des Präsidenten Abdullah Öcalan und die Anerkennung der Rechte des kurdischen Volkes zu erreichen. Freiheit für den Präsidenten Öcalan! Joël Dutto |
||