Zur Situation der kurdischen Bevölkerung
von Kerstin Rosan
Es kann in der Türkei - geschweige denn im Kriegsgebiet, im türkisch
besetzten Teil Kurdistan - in keiner Weise von einer Demokratie und der
Einhaltung der elemantsretn Menschenrechte die Rede sein. Im Gegenteil,
der türkische Staat geht mit immer größerer Grausamkeit,
immer einfallsreicher und in alle Lebensbereiche eingreifend gegen die
kurdische Bevölkerung und die VertreterInnen oppositioneller Parteien
und Organisationen vor.
In Diyarbakir z.B. leben mehr als 1. Millionen Flüchtlinge. Menschen,
die von der türkischen Armee aus ihren Dörfern vertrieben wurden
oder durch Lebensmittelembargos zur Flucht in die Großstädte
gezwungen wurden. In den Flüchtlingsvierteln und Lagern herrschen
die unmenschlichsten Bedingungen. Hinzu kommt, daß der türkische
Staat alles daran setzt, die Menschen ihrer kurdischen Identität zu
berauben und sie zu assimilieren.
Die kurdische Tageszeitung „Ülkede Gündem“ ist nach wie vor
in den Ausnahmezustandsgebieten verboten, das „Mezopotamische Kulturzentrum“
MKM sowie der IHD Diyarbakir sind geschlossen worden. Außerdem ist
zu befürchten, daß auch die HADEP in der nächsten Zeit
erneut schweren Übergriffen ausgesetzt ist oder sogar verboten wird.
Fast alle Familien haben Angehörige bei der Guerilla oder im Gefängnis,
haben Gefallene zu beklagen, Angehörige sind spurlos in der Haft „verschwunden“
oder von „unbekannten Tätern“ ermordet worden. Folter, Vergewaltigungen,
Verfolgung, Übergriffe und Mißhandlungen durch die türkischen
„Sicherheitskräfte“, Trauer und Leid gehört für die meisten
Menschen zum (Kriegs-)Alltag.
Die wirtschaftliche Situation der Menschen ist sehr schlecht. Bezahlte
Arbeit gibt es so gut wie keine - im Sommer vielleicht noch als Tagelöhner
in der Landwirtschaft, im Winter überhaupt nicht. Besonders die Flüchtlinge
sind auf die paar Lira, die ihre Kinder durch Botengänge, den Verkauf
von Kaugummis, Taschentüchern oder Betteln verdienen, angewiesen.
Besonders betroffen davon sind Frauen, die alle Angehörigen verloren
haben und nun ihre Kinder alleine durchbringen müssen. Viele von ihnen
sind durch ihre politischen Aktivitäten für Menschenrechte, weil
andere Angehörige von ihnen politisch tätig waren oder aber sich
der Gerilla angeschlossen haben, schweren Repressalien ausgesetzt.
Trotzdem haben die Menschen nicht resigniert. Im Gegenteil. Überall
kann man beobachten, wie stark und entschlossen die Menschen Widerstand
leisten. Der größte Wunsch des kurdischen Volkes ist ein Frieden
in Freiheit, dafür sind die Menschen bereit alles zu geben.