Deutsche in der Türkei verurteilt
Gericht verhängt 15 Jahre Haft wegen PKK-Mitgliedschaft
VAN/GÖTTINGEN, 17. September (ap/ epd/afp). Wegen des Vorwurfs
der Mitgliedschaft in der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) ist
am Donnerstag die Deutsche Eva Juhnke in der Türkei zu 15 Jahren Gefängnis
verurteilt worden. Wie die halbamtliche Nachrichtenagentur Anatolien meldete,
wurde die 34jährige von einem Gericht in der osttürkischen Stadt
Van für schuldig befunden, der PKK seit 1983 bis zu ihrer Inhaftierung
im Oktober 1997 angehört zu haben.
Wie die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation „prison watch international“,
Heidi Lippmann-Kasten, in Göttingen mitteilte, haben Vertreter ihrer
Organisation und der Deutschen Botschaft die Verhandlung beobachtet. Das
Urteil sei in Abwesenheit der Angeklagten und ihrer Verteidiger gesprochen
worden. Eine Vertreterin der Botschaft informierte Juhnke im Gefängnis
der Stadt Mus über das Urteil. Nach Angaben der Deutschen Botschaft
in Ankara wird Juhnke auch weiterhin betreut. Das Auswärtige Amt in
Bonn äußerte sich zunächst nicht zu der Verurteilung.
Bei „tage- und nächtelangen“ Polizeiverhören in Gefängnissen
von Hakkari und Diyarbakir sei der aus Hamburg stammenden Frau mehrfach
angedroht worden, sie zu töten. „Stundenlang mußte sie mit verbundenen
Augen und gefesselten Händen in ihrer Zelle stehen, Tag und Nacht
brannte Licht“, sagte Lippmann-Kasten, die Juhnke mehrfach im Gefängnis
besucht hat.
Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft des Staatssicherheitsgerichts
in Van Ende Oktober Anklage wegen PKK-Mitgliedschaft erhoben habe, sei
Juhnke in das Gefängnis von Mus gebracht worden. Dort habe sie die
meiste Zeit ihrer fast einjährigen Untersuchungshaft „isoliert“ von
den übrigen Gefangenen verbracht und sich aus Protest gegen die Haftbedingungen
an einem 42 Tage dauernden Hungerstreik beteiligt, berichtete die Vorsitzende
von „prison watch international“. Sie gehe davon aus, daß Juhnke
gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen werde.
Mit Eva Juhnke kommt zum ersten Mal ein westlicher Ausländer als
aktiver PKK-Kämpfer in ein türkisches Gefängnis. Sie war
bei Gefechten im Herbst vergangenen Jahres im Norden Iraks von einer mit
Ankara verbündeten Kurdentruppe gefangengenommen und an die türkische
Armee übergeben worden. Die Informationsstelle Kurdistan in Köln
betonte, da die seit fünf Jahren im Kurdengebiet lebende Juhnke nicht
auf türkischem Staatsgebiet, sondern in Nordirak aufgegriffen wurde,
sei die Verurteilung der Hamburgerin illegal.