21.07.1998
Todesdrohung im Gefängnis
Türkei: Bis zu 18 Jahre Haft wegen PKK-Mitgliedschaft
Nach Einschätzung der Menschenrechtsorganisation
prison watch international (pwi) erwartet die in der Türkei
inhaftierte Eva Juhnke eine Haftstrafe von
bis zu 18 Jahren. Das Urteil gegen die Hamburgerin, der Mitgliedschaft
und Unterstützung der PKK vorgeworfen
werden, soll am 23. Juli gesprochen werden.
Juhnke wurde im vergangenen Herbst gefangengenommen.
Während das türkische Militär behauptet, die 33jährige
am 16. Oktober bei Hakkari auf türkischem
Boden festgenommen zu haben, gibt die Betroffene selbst an, sie sei am
5. oder 6. Oktober im Nordirak während
der Operation »Morgenröte« von türkischen Spezialeinheiten
verhaftet
worden. »Drei Wochen lang erfolgten
tage- und nächtelange Verhöre in Hakkari und Diyarbakir«,
so die
pwi-Vorsitzende und Göttinger PDS-Bundestagskandidatin
Heidi Lippmann- Kasten, die Juhnke seitdem mehrfach
besucht hat. Bei den Vernehmungen sei der
Gefangenen immer wieder angedroht worden, sie verschwinden zu
lassen und zu töten. »Stundenlang
mußte sie mit verbundenen Augen und gefesselten Händen in ihrer
Zelle stehen,
Tag und Nacht brannte Licht.«
Am 26. Oktober erhob der Generalstaatsanwalt
des Staatssicherheits- und Militärgerichtes in Van Anklage wegen
»Mitgliedschaft in der terroristischen
PKK.« Die meiste Zeit ihrer fast zehnmonatigen Untersuchungshaft
war
Juhnke im Gefängnis von Mus isoliert
von den übrigen Gefangenen untergebracht. Aus Protest gegen die
Haftbedingungen beteiligte sie sich an einem
42 Tage dauernden Hungerstreik.
Lippmann-Kasten übte gestern scharfe Kritik
an der Verhandlungsführung des Gerichtes. Bei den bislang acht
Terminen sei die Angeklagte immer wieder am
Verlesen ihrer Verteidigungsrede gehindert worden. Gleichzeitig
habe das Gericht Anzeigen von Juhnkes Anwalt
und des türkischen Menschenrechtsvereins IHD wegen
unmenschlicher Behandlung und sexueller Folter
an Eva Juhnke zurückgewiesen. Journalisten sei mehrfach der
Zutritt zum Gerichtsgebäude verwehrt
und einem Kameramann, der die Angeklagte filmen wollte, seien mehrere
Finger gebrochen worden.
Dem Auswärtigen Amt wirft pwi im Zusammenhang
mit dem Verfahren »Untätigkeit« vor. Abgesehen von der
Verfahrensbeobachtung beschränke sich
die BRD-Botschaft in Ankara darauf, Juhnke »hin und wieder im
Gefängnis zu besuchen«. Proteste
gegen die Verhaftung der Frau und ihre »rechtswidrige Verschleppung«
in die
Türkei seien bislang ausgeblieben, sagte
Lippman-Kasten.
Reimar Paul