Augenzeugen bestätigen Mord an Andrea Wolf
Kurdische Guerilleros berichten. Bonn sieht keine neuen Erkenntnisse
Von Augenzeugen des Angriffs der türkischen Armee, bei dem die
ARGK-Guerilla Ronahi (Andrea Wolf) ermordet wurde, erhielt die Nationale
Befreiungsfront Kurdistans, ERNK, nun einen ersten detaillierten Augenzeugenbericht
über die Ereignisse. Dies teilte die »Kurdistan-Solidarität«
in Hamburg am Dienstag mit. Aus dem Bericht geht hervor, daß Ronahi
nicht, wie zunächst gemeldet, am 24. Oktober, sondern bereits am 22.
Oktober 1998 in Beytüssebap Catak, im Kreis des Dorfes Keles festgenommen
worden war. Sie gehörte zu einer Guerillaeinheit der ARGK von 39 Kämpfern,
die von der türkischen Armee angegriffen wurde. 24 von ihnen kamen
dabei ums Leben. Weiter heißt es: »Der Kampf dauerte von morgens
11.00 Uhr bis 14.00 Uhr am Nachmittag. Später folgten Angriffe von
Kobra- Hubschraubern, die bis abends andauerten.
Ronahi fiel zusammen mit 8 bis 10 Genossen und Genossinnen in die Hände
der türkischen Armee. Das war nachts zwischen 1.30 und 2.00 Uhr.«
Der Bericht fährt fort: »20 Minuten lang wurde sie von türkischen
Offizieren verhört. Nachdem sie erfuhren, daß sie eine deutsche
Staatsbürgerin ist, sagten sie: Sie wird uns genauso großen
Ärger bereiten wie Kani (*).
Dann haben sie sie kaltblütig erschossen. Drei Freundinnen und
Freunde, die sich in einer Höhle versteckt hielten, sahen aus einer
Entfernung von vier Metern, wie Ronahi und die anderen Freunde gefangengenommen
wurden. Zweimal wurden Handgranaten in die Höhle geworfen, aber ihnen
passierte nichts.« Weiter wird berichtet, daß die Namen der
anderen Guerillas, die zusammen mit Ronahi gefangen genommen wurden, bisher
noch nicht bekannt sind. Auch sie wurden später erschossen. Drei Tage
später kehrten einige der Guerilleros an den Ort des Geschehens zurück,
um zu untersuchen, was dort geschehen ist. Sie fanden die Leichname von
Ronahi Heval und auch der anderen und beerdigten sie.
Ein Sprecher des Außenministeriums sah auf Anfrage von jW jedoch
keine neue Erkenntnislage aufgrund dieser Zeugenaussagen. Sie seien für
die deutschen Behörden nicht nachprüfbar. Man gehe davon aus,
daß die Erklärung der türkischen Regierung zu dieser Angelegenheit
der Wahrheit entspricht. Diese hatte behauptet, daß ihr von der Gefangennahme
und Exekution einer deutschen Staatsbürgerin im Zusammenhang mit Militäraktionen
gegen die kurdische Guerilla nichts bekannt sei. Jedoch sei das Auswärtige
Amt »offen und dankbar« für Hinweise in dieser Angelegenheit.
(jW)
Kani ist der Guerillaname der in der Türkei zu 15 Jahren Haft
verurteilten Hamburgerin Eva Juhnke