Chronologie
der Ereignisse
Am
28. Oktober 1998 meldet der kurdische Sender Med.TV, dass Andrea Wolf
und acht weitere PKK-Kämpferinnen im Verlauf eines Gefechts mit türkischen
Armee-Einheiten gefangen genommen, verhört und anschließend
hingerichtet worden seien.
Am 4. November erreicht diese Nachricht auch die FreundInnen und GenossInnen
von Andrea Wolf in Deutschland.
Am 5. November veröffentlicht das Kurdistan Informations-Zentrum
Köln folgende Presseerklärung der Europavertretung der Nationalen
Befreiungsfront Kurdistans, ERNK (Auszüge):
«Am 23. Oktober 1998 gab es in Van, im Distrikt Catak/ Region Kelaxte
ein Gefecht, in dem die ARGK-Guerilla Ronahi (Andrea Wolf) lebend von
den türkischen Spezialteams gefangen genommen und später hingerichtet
wurde ...»
Am 7. November erinnern FreundInnen und GenossInnen in München auf
einer Demonstration zu 80 Jahren Räterevolution und 60 Jahren Reichspogromnacht
mit einem Redebeitrag und einem Transparent «Andrea presente»
an Leben, Kampf und Ermordung von Andrea Wolf.
Ab 7. November werden Berichte von Nachrichtenagenturen und Zeitungen
bzw. Magazinen über die Ermordung verbreitet; kurdische Medien berichten
kontinuierlich bis heute über das Massaker (bei der IUK kann ein
Pressespiegel bestellt werden).
Presse
I
Spiegel,
Online, 7.11.98:
Der Spiegel berichtete am Samstag vorab, die 33-Jährige sei am 24.
Oktober mit anderen Guerillakämpfern der kurdischen PKK nahe der
osttürkischen Stadt Van von türkischen Einheiten gefangen genommen
und «kurzerhand liquidiert» worden.
FAZ 7.11.98:
Die mutmaßliche deutsche Terroristin Andrea Wolf ist nach Informationen
dieser Zeitung in der Türkei von türkischen Sicherheitskräften
erschossen worden. (...) Einzelheiten darüber, wo und auf welche
Weise Frau Wolf ums Leben gekommen ist, lägen bisher nicht vor, sagte
ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Nach den bisherigen Informationen
war die mutmaßliche Terroristin vor ihrer Erschießung von
türkischen Sicherheitskräften festgenommen worden. Die deutschen
Sicherheitsdienste gehen davon aus, dass die Nachricht über den Tod
Wolfs mit hoher Wahrscheinlichkeit zutrifft.
Am 8. November rufen FreundInnen von Andrea Wolf aus München zu einer
Demonstration zum türkischen Generalkonsulat in München am 14.
November auf. Gefordert wird, dass die «Ermordung Andrea Wolfs in
Gefangenschaft und weiterer mindestens acht Genossinnen durch das türkische
Militär von einer Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission
aufgeklärt» wird.
Am 9. November findet in Frankfurt/Main eine Demonstration zur Ermordung
von Andrea Wolf statt - sie führt an verschiedene Orte in der Stadt,
wo Andrea gelebt und mit anderen zusammen gekämpft hat.
Presse
II
Focus,
9.11.98:
... Türkische Sicherheitskräfte haben die nahe der iranischen
Grenze getötete Linksextremistin Andrea Wolf offenbar nach einem
Verhör kaltblütig erschossen. Nach Erkenntnissen deutscher Verfassungsschützer
wurde Wolf beim Zusammenstoß mit einer Antiterror-Einheit in der
Nähe der osttürkischen Stadt Van Ende September gefangen genommen
... In Verhören soll die 33-Jährige, so seriöse Quellen,
über PKK-Strukturen geschwiegen haben. Daraufhin sei sie liquidiert
worden ...
Der Spiegel, 9.11.98
... Ronahi blieb unverletzt, wurde aber gefangen genommen. Wenig später,
so berichten Überlebende ihrer Gruppe und Dorfbewohner, fielen noch
einmal Schüsse: Ronahi sei kurzerhand liquidiert worden ... Vom Tod
der Kämpferin wurden in Deutschland die Spitzen der Sicherheitsbehörden
und sogar die Bundesregierung durch eilige Fernschreiben des Bundeskriminalamtes
(BKA) informiert. Denn mit Ronahis «Festnahme und Erschießung»
(BKA) starb in den Bergen Kurdistans eine Frau, die auch in Deutschland
als Staatsfeind galt - Andrea Wolf, 33 ...
Sollten die Angaben über die Exekution tatsächlich stimmen,
wäre das ein Verstoß gegen alle Regeln, wie mit Gefangenen
umzugehen ist - ein kaltblütiger Mord ...
Am
10. November veröffentlicht das Kurdistan Informations-Zentrum in
Köln folgende Erklärung (Auszüge):
Von Augenzeugen des Angriffs der türkischen Armee, bei dem die ARGK-Guerilla
Ronahi (Andrea Wolf) ermordet wurde, erhielt die Nationale Befreiungsfront
Kurdistans, ERNK, einen ersten Bericht von der Volksbefreiungsarmee Kurdistans,
ARGK, über die Ereignisse. Daraus geht hervor, dass Ronahi nicht,
wie zunächst gemeldet, am 24. Oktober, sondern bereits am 22. Oktober
1998 in Beytüssebap-Catak, im Kreis des Dorfes Keles festgenommen
wurde. Sie gehörte zu einer Guerillaeinheit der ARGK von 39 KämpferInnen,
die von der türkischen Armee angegriffen wurde. 24 Guerillakämpferinnen
und -kämpfer kamen dabei ums Leben.
In dem Bericht heißt es:
«(...) Der Kampf dauerte von morgens 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr am
Nachmittag. Später folgten Angriffe von Kobra-Hubschraubern, die
bis abends andauerten. Ronahi fiel zusammen mit 8 bis 10 Genossen und
Genossinnen in die Hände der türkischen Armee. Das war nachts
zwischen 1.30 und 2.00 Uhr.» Weiter heißt es in dem Bericht:
«20 Minuten lang wurde sie von türkischen Offizieren verhört.
Nachdem sie erfuhren, dass sie eine deutsche Staatsbürgerin ist,
sagten sie: 'Sie wird uns genauso großen Ärger bereiten wie
Kani.' (Kani ist der Guerillaname der Hamburgerin Eva Juhnke, die im September
wegen PKK-Mitgliedschaft vor dem Staatssicherheitsgericht in Van zu 15
Jahren Gefängnis verurteilt wurde.)
Dann haben sie sie kaltblütig erschossen. Drei Freundinnen und Freunde,
die sich in einer Höhle versteckt hielten, sahen aus einer Entfernung
von vier Metern, wie Ronahi und die anderen Freunde gefangen genommen
wurden. Zweimal wurden Handgranaten in die Höhle geworfen, aber ihnen
passierte nichts.»
Weiter wird berichtet, dass die Namen der anderen Guerillas, die zusammen
mit Ronahi gefangen genommen wurden, bisher noch nicht bekannt sind.
« ... Acht der Guerillas, die sich versteckt gehalten hatten, konnten
sich befreien und zu den Freunden zurückkehren. Drei Tage später
kehrten die Freunde an den Ort des Geschehens zurück, um zu untersuchen,
was dort geschehen ist.
Sie fanden den Leichnam von Heval Ronahi und auch die Leichname der anderen
Guerillas. Sie beerdigten die Leichname unserer Freunde und Freundinnen.
Heval Ronahi hat Tagebuch geführt. Ihr Tagebuch und auch andere persönliche
Sachen werden vermisst. Höchstwahrscheinlich wurde alles von den
Armeesoldaten beschlagnahmt.
Der Bericht schließt mit einigen Daten zu den letzten Aktivitäten
von Ronahi: «In der letzten Zeit, bis Mai 1998, befand sich Ronahi
Heval in Südkurdistan. Ab Mai war sie in der Ebene von Botan. Sie
war vor allem im Hauptquartier der Freien Frauenbewegung Kurdistans, YAJK
...»
Die Münchner Stadtversammlung von Bündnis 90/Die Grünen
verabschieden einstimmig eine Resolution mit der Forderung «Die
Ermordung von Andrea Wolf muss lückenlos aufgeklärt werden».
Von Parteifreund und Außenminister Joschka Fischer wird gefordert,
«die Arbeit einer unabhängigen Kommission in der Türkei
sicherzustellen». Resolution und Begleitbrief werden am 10. November
veröffentlicht.
Presse
III
taz,
11.11.98:
... Die türkische Regierung ist der Darstellung entgegengetreten,
türkische Sicherheitskräfte hätten die mutmaßliche
RAF-Terroristin Andrea Wolf «hingerichtet». Wolf sei offenbar
im Gefecht zwischen Einheiten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und
türkischen Sicherheitskräften getötet worden, zitierte
die Zeitung «Hürriyet» einen ungenannten türkischen
Diplomaten. Die Behörden wüssten nicht, wo die Leiche der 33-Jährigen
sei. «Möglicherweise haben die PKK-Kämpfer die Leiche
mitgenommen», erklärte der Diplomat. Mit Blick auf die Anfrage
der Bundesregierung sage er, Deutschland solle zunächst einmal untersuchen,
wie Bundesbürger dazu kämen, sich einer «Terrororganisation»
wie der PKK anzuschließen ...
SZ, 14/15.11.98:
Die türkische Regierung hat offiziell dementiert, dass die mutmaßliche
RAF-Terroristin Andrea Wolf von türkischen Sicherheitskräften
gefangen genommen und erschossen worden sei. Wolf sei bei keiner Operation
der türkischen Sicherheitsbehörden «innerhalb der Türkei
oder außerhalb tot oder lebendig aufgefunden» worden, erklärte
die türkische Botschaft in Bonn nach Angaben des Bonner Außenamtssprechers
Martin Erdmann vom Freitag. Diese «abschließende Stellungnahme»
der türkischen Regierung zu dem Fall sei dem Bonner Außenministerium
nach mehreren dringlichen Nachfragen in Ankara und bei der türkischen
Botschaft zugeleitet worden, sagte Erdmann. Darin heiße es, die
türkische Regierung habe keine Erkenntnisse über den Verbleib
der 33-jährigen Frau ... Erdmann betonte, diese Stellungnahme der
türkischen Regierung stehe im Gegensatz zu anderslautenden Meldungen,
die aber aus unklaren, schwer nachprüfbaren Quellen stammten.
Demonstration vor dem türkischen Generalkonsulat in München
am 14.11.98.
Presse
IV
junge
welt, 16.11.98:
... Über 200 deutsche, kurdische und türkische Freunde und Genossen
der aus München stammenden Internationalistin protestierten am Samstag
vor dem türkischen Generalkonsulat in München gegen diesen Mord.
Sie forderten die sofortige Einstellung der deutschen Militärhilfe
an die Türkei ... Freunde der Ermordeten kündigten unterdessen
die Einrichtung einer internationalen unabhängigen Untersuchungskommission
an ...
Am 22. November erscheint der «Münchner Aufruf» (siehe
S. 8). Darin ruft der Initiativkreis der FreundInnen und GenossInnen von
Andrea Wolf aus München, Marburg und Frankfurt zur Unterstützung
einer IUK auf. Dafür werden auch noch weiterhin neue Unterstützer
und Spender gesucht: Bitte melden!
Presse
V
junge
welt, 26.11.98:
... in Norddeutschland (haben) in verschiedenen Städten Mitglieder
von Kurdistan-Solidaritätsgruppen Büros der Grünen besetzt
..., um die Bundesregierung zu drängen, sich für eine politische
Lösung des Kurdistankonflikts einzusetzen und sich um die Aufklärung
der Todesumstände der deutschen Internationalistin Andrea Wolf zu
bemühen ...
Am 27.11.98 antwortet der Leiter des Strafrechtsreferats im Auswärtigen
Amts den Münchner Grünen: «Der Bundesregierung ist am
12. November 1998 in einer amtlichen Stellungnahme der türkischen
Regierung mitgeteilt worden, dass die Türkei über keine Erkenntnisse
über das Schicksal von Andrea Wolf verfügt. Weitere Informationen
über das Schicksal von Andrea Wolf liegen dem Auswärtigen Amt
nicht vor.»
«Der Tod von Andrea Wolf (Ronahi) muss aufgeklärt werden»:
Kundgebung am 1. Dezember vor dem Auswärtigen Amt in Bonn zur Unterstützung
der IUK
Chronologie
- Fortsetzung von Seite 3
Presse
VI
Der
Spiegel 14.12.98
Aus dem Interview mit Abdullah Öcalan:
Öcalan: ... Das ist doch Augenwischerei. Es wird eben auf andere
Art und Weise hingerichtet, massenhaft und ohne Gerichtsurteil, von Militärs
wie von Zivilfaschisten. Die Türken behaupten, sie hätten 20
000 Kämpfer getötet. Ich sage Ihnen: Die Hälfte dieser
Leute wurde erst gefangen genommen und dann ermordet.
Spiegel: Ist auch die deutsche PKK-Kämpferin Andrea Wolf im Oktober
auf diese Weise getötet worden?
Öcalan: Ehre ihrem Angedenken, ich verneige mich in Hochachtung vor
dieser großen Märtyrerin. Ich wollte nicht, dass sie nach Kurdistan
in den Krieg zog. Aber sie ließ sich nicht abhalten. Soweit wir
wissen, wurde sie mit sechs weiteren Guerilleros lebend festgenommen und
anschließend liquidiert. Die Militärs fürchteten, als
Gefangene würde Andrea Wolf eine Belastung für die deutsch-türkischen
Beziehungen sein.
Kleine
Anfrage der PDS und Antwort der Bundesregierung
Die
PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke hatte bereits am 11. November 1998 der Bundesregierung
eine Kleine Anfrage betreffs Andrea Wolf vorgelegt. In ihrer Antwort vom
11. 12. 1998 behauptet die Bundesregierung, dass sie lediglich über
die «am 28. Oktober vom PKK-Fernsehsender «MED-TV» verbreitete
Nachricht» vom Tod von Andrea Wolf erfahren habe, was sie veranlasst
habe, bei den türkischen Behörden nachzufragen. Am 12. November
1998 hätte dann die türkische Botschaft in Bonn amtlich mitgeteilt,
dass die türkische Regierung über keine Hinweise hinsichtlich
des Verbleibs von Frau W. verfüge. Die PDS war mit siebzehn detaillierten
Fragen zur Gefangennahme und Erschießung von Andrea Wolf und anderen
PKK-KämpferInnen nach ihrer Festnahme durch die türkische Armee
an die Bundesregierung herangetreten. Die Antwort war dürftig:
Sie
verfüge über keine Erkenntnisse von dritter Seite, sondern beziehe
sich lediglich auf die «MED-TV» Meldung, die die deutschen
Sicherheitsbehörden per Fernschreiben am 30. Oktober 1998 erhalten
hätten. Die Bundesregierung hätte am 4. November 1998 den türkischen
Gesandten einbestellt und nachdrücklich um umfassende Unterrichtung
gebeten. Am gleichen Tag hätte der Gesandte der Deutschen Botschaft
in Ankara in gleichem Sinne im türkischen Außenministerium
vorgesprochen. Nach mehreren Nachfragen um Aufklärung des Vorfalls,
ließen dann am 12. November die türkischen Behörden Bonn
wissen, ihnen sei von der ganzen Sache nichts bekannt (« ... dass
die türkische Regierung über keine Hinweise über den Verbleib
von Frau W. verfüge ... »)
«Die
Frage einer Expertenkommission stellt sich angesichts der Mitteilung der
türkischen Botschaft vom 12. November für die Bundesregierung
nicht», heißt es daraufhin in der Beantwortung von Frage 16.
Dort wollte die PDS wissen: «wäre die Bundesregierung bereit,
Untersuchungen über die Umstände der Festnahme und Exekution
von Frau W. durch international anerkannte und unabhängige Expertinnen
und Experten zu unterstützen und wenn nein, warum nicht?»
Die Frage, ob nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Strafverfolgungsbehörden
bzw. Nachrichtendienste vor der Festnahme Informationen über Frau
W. an die türkische Seite übermittelt hätten, wurde dafür
bestätigt: «Das Bundeskriminalamt führt im Auftrag des
Generalbundesanwalts ein Ermittlungsverfahren gegen Frau W. wegen des
Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Im
Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wird gegen Frau W. auch international
gefahndet. Im Juni 1998 erfolgte eine internationale Ausschreibung zur
Festnahme, die auch den Fahndungsraum Türkei erfasst und somit an
Interpol Ankara weitergeleitet worden ist.»
Mittlerweile hat das Landgericht Frankfurt «ein Ermittlungsverfahren
gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Tötung zum Nachteil der Frau
W. eingeleitet».
Auf Nachfrage bleibt das Auswärtige Amt bei der Behauptung, die Information,
dass Andrea Wolf erschossen wurde, nur aus MED-TV bzw. PKK-Kreisen bzw.
aus dem Spiegel-Interview mit Öcalan zu kennen und lässt durchblicken,
dass Andrea Wolf nicht freiwillig in der Türkei war, sondern um der
hiesigen Fahndung zu entgehen, und dass sie deshalb unter Umständen
ein Interesse daran haben könnte, die Fahnder glauben zu machen,
nicht mehr am Leben zu sein. Die Akte Andrea Wolf sei aufgrund der Lage
nicht geschlossen, und es gäbe auf diplomatischen Kanälen weitere
Versuche, Näheres zu erfahren.
In
Berlin findet im Dezember eine Frauen/Lesben-Solidisco für die IUK
statt.
Januar
1999: Konstituierung der IUK (S. 3). Anfang Februar 1999 erscheint der
1. Rundbrief der IUK (zu bestellen bei der Kommission). Darin wird der
Auftrag von Lilo Wolf, der Mutter von Andrea Wolf, und des Initiativkreises
der FreundInnen und GenossInnen von Andrea Wolf aus München, Marburg
und Frankfurt an die Kommission skizziert.
Am
22. Februar 1999 fragt die IUK nochmals beim Auswärtigen Amt in Bonn
nach. Hintergrund: der offensichtliche Widerspruch zwischen der Stellungnahme
der türkischen Behörden und den Presseberichten, zuletzt der
Stellungnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan, der die Meldungen in
einem Spiegel-Interview vom 14. Dezember 1998 nochmals bestätigt.
In ihrer Einladung zur Pressekonferenz am 2. März in Bonn erklärt
die IUK daraufhin:
«Entweder werden der Öffentlichkeit wichtige Informationen
der Dienste vorenthalten oder die Bundesregierung ist nicht ausreichend
um die Aufklärung bemüht ... Sämtliche Kriegshandlungen
werden in der Türkei genau dokumentiert, die Berichte an den Sondergouverneur
für die unter Kriegsrecht stehenden Provinzen weitergeleitet. Zudem
werden über getötete PKK-KämpferInnen Dossiers angefertigt,
die beim Sondergericht in Diyarbakir zusammengetragen werden. Was hat
die Bundesregierung unternommen, um an die Informationen dieser Stellen
zu gelangen?»
Am 2. März 1999 stellt die IUK in Bonn auf einer Pressekonferenz
die Frage nach den Todesumständen von Andrea Wolf nochmals öffentlich
vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Kurdistan nach der Verhaftung
von Abdullah Öcalan. Madame Danielle Mitterand musste ihre Teilnahme
kurzfristig absagen, hat jedoch eine Erklärung an die Presse übermittelt.
(Die Beiträge sind dokumentiert im Rundbrief 2 vom April 1999 der
IUK - zu bestellen über die IUK)
Am
12. März beantwortet Dr. Ludger Volmer vom Auswärtigen Amt die
2. Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Fraktion der PDS
an die Bundesregierung zur «Festnahme und Erschießung einer
deutschen Staatsangehörigen in der Türkei»:
Die Antwort: «Der Bundesregierung liegen keine weitergehenden Erkenntnisse
vor». Mit einem klaren «Nein» wird z.B. die Frage beantwortet,
ob die Bundesregierung beabsichtige, eine Untersuchungskommission ins
Leben zu rufen.
Wesentlich auskunftsfreudiger gibt sich die Bundesregierung auf eine weitere
Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau, Ulla Jelpke und der Fraktion
der PDS am 1. April 1999 zur «Zusammenarbeit zwischen bundesdeutschen
und türkischen Sicherheitsbehörden» - ohne nach Andrea
Wolf direkt gefragt worden zu sein. Diesmal zeichnet das Bundesinnenministerium
für die Beantwortung der Fragen verantwortlich: «Das Bundeskriminalamt
unterhält wegen der besonderen kriminalgeographischen Relevanz der
Türkei für die Kriminalitäts- und Sicherheitslage in Deutschland
Beziehungen zu türkischen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden
im fachlich notwendigen Umfang... ». (...)
Zur Erörterung grundsätzlicher Fragen der polizeilichen Zusammenarbeit
haben jeweils im November der Jahre 1997 und 1998 Treffen auf Leitungsebene
zwischen Bundeskriminalamt und der Generaldirektion der türkischen
Polizei stattgefunden. Bei dem letztgenannten Treffen standen ... Meldungen
über die Tötung einer deutschen Staatsangehörigen im Rahmen
der Auseinandersetzungen zwischen türkischen Sicherheitskräften
und der PKK im Vordergrund. Im Anschluss an dieses Treffen fand ein Informationsbesuch
der türkischen Seite bei der Grenzschutztruppe 9 des Bundesgrenzschutz
statt.»
IUK-Veranstaltung in der «Infokneipe Konstanz» am 16. März
1999
Vertreter der IUK beteiligen sich an der Internationalen Arbeitskonferenz
«Befriedung oder Befreiung? Perspektiven internationaler Solidarität»
der Initiative Libertad vom 1. bis 5. April 1999 in Berlin.
In mehreren kurdischen Zeitungen werden insgesamt fünf Augenzeugenberichte
von Überlebenden des Massakers vom 23. Oktober 1998 veröffentlicht
(siehe S. 4-6).
Die Bundesanwaltschaft stellt das Verfahren gegen Andrea Wolf wegen des
Sprengstoffanschlags auf den Bau der JVA Weiterstadt ein.
Die IUK arbeitet mit der Rechtsanwältin Eren Keskin in der Türkei
zusammen (S.2). Die Anwältin erhält von der Mutter von Andrea
Wolf im November 1999 das Mandat.
Zum ersten Todestag von Andrea Wolf und ihrer GenossInnen findet am 24.
Oktober 1999 in Hamburg eine Gedenkveranstaltung statt - dort wird neben
vielen Rede- und Musikbeiträgen erstmals auch der Film «Ronahi
- Andrea» mit deutschen Untertiteln vorgeführt (Bestelladresse
S. 8).
Benefiz für die IUK: «Konzert & Kino» am 19.11.1999
in München.
Im Dezember 1999 erscheint die 1. Auflage des Buches «Im Dschungel
der Städte, in den Bergen Kurdistans - Leben und Kampf von Andrea
Wolf» (siehe unten).
Februar 2000: Zweite Auflage des Buches.
aus:
Rundbrief Nr. 3
Koordinationsbüro München c/o RAin Angelika Lex, Landwehrstraße 55, 80336
München Tel.: 089/5139-9300; Fax: 089/5139-9399; E-Mail: iuk-andrea.wolf@brd.de
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