Internationale Unabhängige Untersuchungskommission zur Aufklärung der Todesumstände von Andrea Wolf und weiterer Kämpferinnen durch das türkische Militär in Kurdistan und zur Untersuchung der Behandlung von Kriegsgefangenen und Kriegsverbrechen.
Koordinationsbüro München c/o Rechtsanwältin
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Münchner Aufruf
Der Initiativkreis der FreundInnen und GenossInnen von Andrea Wolf ruft zur Unterstützung einer Internationalen unabhängigen Untersuchungskommission auf
Augenzeugen berichten, daß am 22.10.1998 Andrea Wolf, deutsche
Internationalistin in der YAJK, der Frauenarmee des freien Frauenverbandes
innerhalb der Kurdischen Arbeiterpartei PKK bei Keles/Kurdistan während
eines Angriffs der türkischen Armee gefangengenommen wurde. Nach einem
Verhör wurde sie als unbewaffnete Gefangene erschossen, weil sie sich
weigerte mit dem türkischen Militär zu kooperieren.Wie die Augenzeugen
berichten, wurden außer Andrea Wolf mindestens acht weitere kurdische
Guerillas, deren Namen uns noch nicht bekannt sind, kaltblütig hingerichtet.
Die Erschießung von wehrlosen Gefangenen erfüllt nach geltendem,
internationalem Recht den Tatbestand des Mordes. Die Tötung bereits
entwaffneter und kampfunfähiger Gefangener ist ein eklatanter Verstoß
gegen alle Kriterien des internationalen Völkerrechts.Die Mißhandlung
und Tötung gefangener Kombattantinn/en ist ausdrücklich durch
für alle Staaten geltendes, internationales Recht verboten. Das wurde
in der Haager Landkriegsordnung ebenso festgelegt wie in den Zustatzprotokollen
der Genfer Konvention von 1977, die sowohl für zwischenstaatliche
wie innerstaatliche Konflikte gelten.
Die Ermordung von Andrea Wolf und der anderen, noch unbekannten Kriegsgefangenen
ist offensichtlich kein Einzelfall. Es gibt zahlreiche Berichte und Hinweise
auf systematische Verstöße der türkischen Armee gegen das
internationale Völkerrecht im Krieg gegen Kurdistan.
Während von kurdischer Seite die Genfer Konvention 1995 unterzeichnet
wurde und eingehalten wird, verweigert die Türkei bis heute ihre Unterschrift.
Das Ergebnis ist ein schmutziger Krieg in Kurdistan, den das türkische
Militär gegen die Zivilbevölkerung und, unter Verletzung
internationalen Kriegs- oder Völkerrechts, auch gegen die Guerilla
führt: Seit 1984 gibt es eine massenhafte Vertreibung der kurdischen
Bevölkerung und über 3000 zerstörte Dörfer. Menschenrechtler/innen
"verschwinden", im staatlichen Auftrag wird auf Journalist/innen geschossen
und Schriftsteller/innen werden inhaftiert, gefoltert oder ermordet, weil
sie über die Existenz von Kurdistan sprechen und von der blutigen
Realität des türkischen Krieges gegen Kurdinnen und Kurden berichten.
Der türkische Staat betreibt diesen Krieg, die Bundesrepublik
Deutschland unterstützt ihn: Mit Militärhilfe, Ausbildung von
Spezialeinheiten, enger geheimdienstlicher und diplomatischer Zusammenarbeit.
In der Bundesrepublik Deutschland wurde die freie politische Betätigung
von Kurdinnen und Kurden aufgehoben ("PKK-Verbot": Schließung kurdischer
Organisationen und Vereine) und türkische und kurdische Regimegegner/innen
werden in die Türkei abgeschoben.
Nachdem der Tod von Andrea Wolf und die Umstände bekannt wurden,
reagierte die türkische Regierung auf die offizielle Anfrage der Bundesregierung,
in dem sie den Vorfall abstritt. Diese bisherigen Reaktionen machen deutlich:
Wie unzählige Male vorher soll eine Aufklärung und Verurteilung
der Täter nicht stattfinden.
Deshalb unterstützen wir die Internationale Unabhängige Untersuchungskommisssion
Gemeinsam mit Lilo Wolf, der Mutter von Andrea, wollen wir eine unabhängige
Untersuchung: Sie soll aufklären, was am 22.10.1998 in Keles/Kurdistan
genau geschehen ist und die Umstände des Todes von Andrea Wolf und
mindestens acht weitere Kämpferinnen recherchieren. Sie soll die Öffentlichkeit
darüber unterrichten, welche völkerrechtlichen, strafrechtlichen
und politischen Konsequenzen aus den Untersuchungsergebnissen zu ziehen
sind.
Von zentraler Bedeutung bei dieser Untersuchung ist: Die Ermordung
von Andrea Wolf ist kein Einzelfall. Das Massaker vom 22.10.1998 steht
in einer langen Reihe von Kriegsverbrechen. Die Statistiken der international
renommierten IHD-Menschenrechtsvereine lügen nicht. Immer wieder begehen
türkische Militäreinheiten im Krieg gegen die kurdische Guerilla
Greueltaten: Gefangene werden auf entsetzliche Weise mißhandelt,
gefoltert, Frauen vergewaltigt. Die Arbeit der Kommission ist insofern
von grundsätzlicher Bedeutung. Ihre zentrale Aufgabe wird es sein,
die Systematik der Mißhandlung und Hinrichtung von Kriegsgefangenen
zu klären
Die Aufklärungsarbeit der Untersuchungskommission soll eine öffentliche
Verurteilung des türkischen Staates unterstützen. Der türkische
Staat muß gezwungen werden, die Genfer Konvention zu unterschreiben,
anzuerkennen und einzuhalten. Die Verantwortlichen für die Mißhandlung,
Folter und Ermordung müssen zur Rechenschaft gezogen werden, der türkische
Staat wegen seiner ständigen Verstöße gegen das Völkerrecht
und seiner Kriegsverbrechen international geächtet werden.
Zudem fordern wir die sofortige Einstellung der deutschen Militärhilfe
an den türkischen Staat, den Stop der Ausbildung türkischer Spezialeinheiten
und die Untersuchung, Verurteilung und Einstellung der Zusammenarbeit deutscher
und türkischer Geheimdienste. Die Kommission soll mit ihrer Arbeit
und ihren Initiativen dazu beitragen, die Einhaltung der Genfer Konvention
und des internationalen Völkerrechts durchzusetzen, sowie eine lückenlose
Aufklärung und Bestrafung von Kriegsverbrechen zu ermöglichen.
Menchenrechte sind kein Privileg der Mächtigen, Menschenrechte sind
unteilbar: Ob für Zivilist/innen, Journalist/innen, Gewerkschafter/innen,
Politiker/innen, Soldaten oder Guerilla-Kämpfer/innen.
Auch deshalb sind wir der Überzeugung, daß die Aufklärung
der Kriegsverbrechen in Kurdistan, deren internationale Verurteilung und
Beendigung zu einer politischen Lösung des Krieges in Kurdistan beitragen
kann, die die Rechte und Interessen des kurdischen Volkes wahrt.
München, Marburg und Frankfurt, den 22. November 1998
Der Aufruf mit den ErstunterzeichnerInnen wird Anfang Dezember veröffentlicht und danach laufend aktualisiert
Ich/Wir (Einzelpersonen,Initiativen, Organisationen, Parteien, etc.)
unterstützen diesen Aufruf und die Arbeit der Internationalen Unabhängigen
Untersuchungskommission Andrea Wolf:
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Ort, Datum Name (bitte in Großbuchstaben) Unterschrift
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