Nachfolgende Presseerklärung ist vom 21.4.2001. Gestern, 23.4. ist Gazim Gülbag im Nürnberger Krankenhaus verstorben. Ca 120 Personen haben gestern am Ort seiner Verzweiflungstat seiner gedacht und Blumen niedergelegt...In einer Trauerrede wurden die in der Presseerklärung genannten Fakten angesprochen. Neben Blumen Kränzen und Fotos von Gazim hieß es es auf Transparenten und Plakaten u.a. "An den Händen des türkischen Staates klebt Blut!" Und: "Schluß mit der Tolerierung von Folter und Unterdrückung durch die Bundesregierung"
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Presseerklärung

Regensburg, den 21. Apr. 2001

Um gegen die Todeszellen, genannt "F-Typ" Gefängnisse, und die Isolation der politischen Gefangenen in der Türkei zu protestieren, hat sich Kazim Gülbag am Freitag, dem 20. April 2001, verbrannt.

Kazim Gülbag hat gegen 18.00 Uhr vor dem Justizvollzugsgebäude Regensburg ein Transparent mit den Losungen "Ich protestiere den türkische faschistische Staat und die Massaker in den türkischen Gefängnissen " mitgenommen und sich diese Parolen ausrufend verbrannt. Nach ersten erhaltenen Informationen wurde er nach Nürnberg in ein Krankenhaus geflogen und schwebte in Lebensgefahr.

Hintergrund: Die politischen Gefangenen in der Türkei haben gegen die barbarische Politik und die Massaker des türkischen Staates einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Das Todesfasten dauert nun schon seit 186 Tagen an. Auch die Angehörigen der politischen Gefangenen sind aus Solidarität in einen Hungerstreik getreten, der nun auch schon 184 Tage andauert. Bisher hat dieser Widerstand in den Gefängnissen 12 Opfer und bei den Angehörigen zwei Opfer gefordert. Der Zustand vieler politischer Gefangener und deren Angehörigen ist kritisch. Neue Todesopfer werden unausweichlich erwartet. Kazim Gülbag hat mit seiner Aktion, sich zu verbrennen, den Widerstand gegen die barbarische Haltung des türkischen Staates um eine weitere Stufe erweitert, so Leser Demir vom Regensburger Solidaritätskomitee.

Der Hauptgrund für Aktionen, wie unbefristeter Hungerstreik, das Todesfasten und andere, ist der türkische Staat mit der Politik der Isolationszellen, welcher bis jetzt 14 Todesopfer und unendliches Leid gefordert hat.

Um diese "F-Typ Gefängnisse" annähernd erklären zu können, nehmen wir ein Zitat von einem politischen Gefangenen, der ebenfalls im Todesfasten ist: "Ich kann außer meiner Stimme keine andere hören, auch wenn ich schreie hört mich niemand, noch kann ich jemanden hören".

F-Typ heißt:

- Jahrelange Isolation in einer Zelle

- Sehnsucht nach Tageslicht, Sonne, Menschenstimmen und Gesichtern

- kein Kontakt zur Außenwelt und auch fast kein Kontakt zu Verwandten und Anwälten

- Regelmäßige übergriffe der Gefängniswärter gegen die politischen Gefangenen und Erleichterung der Foltermöglichkeit für diese, da jeder einzelne Gefangene auf sich allein gestellt ist und sich unmöglich gegen mehrere Angreifer wehren kann.

Da die Geschichte der türkischen Justiz von übergriffen und Massakern voll ist, muß man zwangsläufig davon ausgehen, daß solche Übergriffe stattfinden werden. Das heißt, der Gefangene wartet in seiner Isolationszelle auf seinen sicheren Tod.

Ein Beispiel, welches auch den barbarischen Zustand der türkischen Justiz zeigt: Bei einem politischen Gefangenen, der im Todesfasten ums Leben gekommen ist, wurde festgestellt, daß er bereits zwei Tage bevor er gestorben war stark gefoltert worden war. Sein Körper hatte Wunden und Knochenbrüche.

Diese und noch viele andere Gründe kann man aufzählen, weshalb man gegen die "F-Typ" Gefängnisse Widerstand leisten muß. Anzeichen für weitere Morde und Massaker hat der türkische Staat vor allem in den letzten vier Monaten gegeben, wie z.B. die zeitgleiche Erstürmung mehrerer Gefängnisse, die Ermordung von 29 Gefangenen und das vielfache "verschwinden lassen" politischer Menschen.

In diesem Kontext muß man auch die Aktion von Kazim Gülbag sehen. Um all diesen Massakern und unmenschlichen Zuständen in der Türkei und in den türkischen Gefängnissen ein Ende zu bereiten, müssen unsere Stimmen und unser Widerstand vereint werden.

Wir als Regensburger Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen in der Türkei rufen die Medien und Öffentlichkeit auf, aufmerksam und aktiv zu werden, um weitere Todesopfer zu vermeiden.

Es darf nicht sein, dass über diese brutalen Menschenrechtsverletzungen nur dann berichtet wird, wenn sich ein Mensch dazu entschließt, durch den Einsatz seines eigenen Lebens darauf aufmerksam zu machen.
Dagegen werden friedliche Proteste von den Medien so gut wie ignoriert.

Regensburger Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen in der Türkei

Kontakt: Leser Demir
Tel.: 01701932822