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Erklärung über ein bilaterales Waffenstillstandsabkommen

 

Der Volkskongress Kurdistan (KONGRA GEL) ist der legitime Repräsentant des kurdischen Volkes. Er setzt sich für eine Lösung der kurdischen Frage mit friedlich-demokratischen Mitteln ein. Er bevorzugt für die Probleme in der Region und die Probleme zwischen den Völkern demokratische und friedliche Methoden und will auch die kurdischen Frage in diesem Sinne lösen.
Die Volksverteidigungskräfte (HPG) sind die legitimen Verteidigungsstreitkräfte des kurdischen Volkes, dessen Menschenrechte nicht anerkannt werden, dessen Identität, Kultur und Geschichte ignoriert werden. Als solche sind sie im Rahmen des legitimen Rechts auf Selbstverteidigung, das durch internationale Abkommen garantiert ist, in jedem Teil Kurdistans stationiert.
Die kurdische Frage ist eines der grundlegenden Probleme des Mittleren Ostens. In diesem Sinne ist es kein inneres Problem, das auf irgendein Land beschränkt wäre. Das Problem betrifft die Türkei, den Iran, den Irak und Syrien. Heute wohnen die Kurden auch außerhalb des Mittleren Ostens. Eine bedeutende Zahl von ihnen befindet sich in den Ländern der Europäischen Union. Diese Migration hat die kurdische Frage auch in diese Länder getragen. Durch die Intervention der USA im Irak sind auch die USA aktiv mit der kurdischen Frage befasst. Die USA wurden zu Nachbarn der Kurden. Daher tragen alle diese Länder Verantwortung für eine Lösung der kurdischen Frage.
Es gibt beinahe kein Volk mehr auf der Welt, das nicht von den Prinzipien, die in internationalen Abkommen festgelegt sind, profitiert hat. Dennoch werden die Kurden in der Türkei weiterhin ignoriert. Im Iran und in Syrien gibt es zwar keine Verleugnung und Vernichtung, aber es gibt keinerlei juristische Anerkennung oder Garantie der kurdischen Identität und Kultur und sozialer Rechte. Selbst die Länder der Europäischen Union erkennen den Kurden nicht den Status eines Volks zu und verwehren ihnen so ihre Rechte. Auch die USA tragen ungenügend zur Lösung der Probleme des Mittleren Ostens und der kurdischen Frage bei, indem sie eine Lösung im Sinn haben, die sich nur auf Südkurdistan bezieht. Die Kurden werden geradezu außerhalb des Geltungsbereichs des internationalen Rechts gehalten, die internationale Gemeinschaft schweigt gegenüber der repressiven und von Verboten geprägten Politik der Staaten der Region.
Der KONGRA GEL hat sich zum Prinzip gemacht, alle Probleme im gegenseitigen Dialog mit allen Mächten zu lösen, die das kurdische Volk, seine Führungspersönlichkeit Abdullah Öcalan, seine Grundrechte und Freiheiten nicht angreifen und keine Gewalt anwenden. Dabei wendet er prinzipiell demokratische und friedliche Mittel an. Wenn jedoch demokratisch-friedliche Wege ignoriert werden und Methoden wie Gewalt, Repression und Verbote angewandt werden, sieht er die Anwendung legitimer Selbstverteidigung als ein Recht, das durch internationale Abkommen garantiert wird, und als Notwendigkeit an.
Im Krieg zwischen dem türkischen Staat, der die kurdische Identität verleugnete, und den Guerillakräften, die einen Freiheitskampf führten, haben Zehntausende Menschen ihr Leben verloren. Die Bemühungen unserer Führungspersönlichkeit, Abdullah Öcalan, den Konflikt nicht wie z.B. im Israel-Palästina-Konflikt in einen Konflikt zwischen den Völkern ausufern zu lassen, führten dazu, dass der Krieg kontrolliert ablief. Dabei war entscheidend, dass er sich um eine Lösung bemühte, die nicht auf Nationalismus, sondern auf dem gleichberechtigten, friedlichen und geschwisterlichen Zusammenleben der Völker beruht.
Um das Blutvergießen zu stoppen und einer Lösung eine Chance zu geben, hat er seit 1993 mehrfach einseitige Waffenstillstände erklärt und Wege für einen Dialog gesucht. Er hat sich intensiv bemüht, den bewaffneten Konflikt gänzlich zu beenden. Mit dem Beschluss vom 2. August 1999 wurden die Aktionen der Guerilla eingestellt und die Guerillakräfte zogen sich aus der Türkei zurück. Zwei Friedensgruppen, eine aus den Bergen Kurdistans und die andere aus Europa wurden gesandt, um die Aufrichtigkeit des Interesses an einer Lösung zu unterstreichen. Aber diese Schritte wurden falsch verstanden und blieben ohne positive Antwort. Im Gegenteil wurde weiter hart vorgegangen. Die Mitglieder der beiden Friedensgruppen wurden in der Türkei zu hohen Haftstrafen verurteilt.
Es wurden mehrere Deklarationen über eine Lösung veröffentlicht und Aktionsaufrufe für die Demokratie entwickelt. Auch die jüngsten Appelle Öcalans für eine Lösung blieben ohne positive Antwort. Trotzdem haben wir weiterhin versucht, die demokratische Öffentlichkeit zu sensibilisieren, die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben von Kurden und Türken und den anderen Völkern zu legen, statt auf einen Krieg zwischen den Völkern hinzuarbeiten. Wir haben auf unseren Bemühungen um Kompromisse und Dialog beharrt.
Jedoch wurde die Gelegenheit, die die Friedensbemühungen der letzten fünf Jahren boten, nicht genutzt, um dem Frieden eine Chance zu geben. Stattdessen wurden sie als vorübergehende, taktische Haltungen und als Schwäche der Guerilla angesehen, die Isolation gegen unsere Führung verschärft, die Vernichtungsoperationen gegen die Guerillakräfte ausgeweitet, Verbote und Repression fortgesetzt. Historische Chancen für einen dauerhaften Frieden wurden so verspielt. Auf die am 2. August 2003 von der Leitung des KADEK vorgelegte „Road Map“ wurde nicht reagiert, man ließ den Appell, den einseitigen Waffenstillstand in einen bilateralen Waffenstillstand umzuwandeln, verstreichen. Die zum Frieden ausgestreckte Hand wurde nicht ergriffen. Trotz aller Bemühungen der HPG, den einseitigen Waffenstillstand fortzuführen, setzen die türkischen Streitkräfte ihre Operationen fort und weiten sie gar noch aus. Dass der türkische Staat seine Angriffe fortführt und so auf Vernichtung statt einer Lösung beharrt, hat den einseitigen Waffenstillstand sinnlos gemacht. Der einseitige Waffenstillstand mit der türkischen Republik ist damit faktisch aufgehoben.
Wenn alle Appelle und Warnungen weiterhin unbeantwortet bleiben, wenn die Hoffnungen unseres Volkes auf Freiheit, Gleichheit und Demokratie weiter mit Spezialkriegsmethoden gebrochen werden, wenn man fortfährt, sich in einer Weise zu verhalten, die mit der Einheit des Landes und modernen Kriterien für Staatsbürgerschaft nichts zu tun haben, dann wird die Antwort der legitimen Verteidigungskräfte in Form eines Verteidigungskampfes unausweichlich auf die Tagesordnung kommen. KONGRA GEL betrachtet in diesem Sinne den Beschluss der legitimen Verteidigungskräfte, einen Verteidigungskampf zu führen, als legitim.
Es bestehen immer noch Möglichkeiten für einen Kompromiss und eine friedliche Lösung, wenn Schritte von beiden Seiten unternommen werden. Ein Verteidigungskampf ist nicht die einzige Option.
Wenn ein Dialog entsteht, kann das Blutvergießen unterbunden und neues Leid verhindert werden. Ein Krieg muss immer die letzte Option sein, selbst wenn es um unsere legitimen, demokratischen Rechte und um den Schutz unserer historischen und gesellschaftlichen Werte geht. Aber es wird so getan, als gebe es die kurdische Frage gar nicht, Repression und Vernichtungspolitik werden verschärft. Das heißt nichts anderes, als dass man durchaus keine Lösung will. So schafft man die Umstände, die wiederum ständig als Kriegsgrund dienen können. Ein bewaffneter Konflikt wird sich sowohl auf die verantwortlichen Staaten wie die Türkei, Iran und Syrien auswirken, als auch Auswirkungen auf die USA und die EU haben. Daher müssen alle Länder sich ihrer Verantwortung für die Lösung der kurdischen Frage stellen. Das heißt, dass die bisher geleisteten einseitigen Bemühungen für die Lösung der kurdischen Frage nicht länger ausreichen und dass der Waffenstillstand bilateral werden muss.
Wir als KONGRA GEL glauben, dass ein bilateraler Waffenstillstand, der sich an den folgenden Bedingungen orientiert, den Weg zum Frieden freimachen wird. Der KONGRA GEL ist offen für alle lösungsorientierten Ansätze, inklusive der Legalisierung, wenn unsere beharrlichen Bemühungen eine Antwort erhalten und auf folgende Vorbedingungen in angemessener Weise reagiert wird:
1. Die verschärfte Isolation gegen unsere Führungspersönlichkeit, Abdullah Öcalan, muss aufgehoben werden. Er muss medizinisch behandelt und seine Lebensbedingungen verbessert werden.
2. Die Operationen gegen die Volksverteidigungskräfte müssen eingestellt werden, Banden, die Kriegshetze betreiben und paramilitärische Gruppen müssen aufgelöst werden.
3. Die legalen, demokratischen Aktionen des Volks und seine zivile Organisierung dürfen nicht verboten werden, jede Art von Gewalt gegen das Volk und Spezialkriegspraktiken sind zu beenden.
4. Als Vorbedingung für eine friedliche Lösung müssen Initiativen für die Schaffung einer Atmosphäre des Dialogs gestartet werden.
5. Um einen dauerhaften Frieden zu garantierten müssen die Parteien und die Mächte, die Verantwortung für das Problem tragen, einen neuen, bilateralen Waffenstillstand und ein Nichtangriffs-Abkommen unterzeichnen.
Wenn diese notwendigen Bedingungen für eine Lösung der kurdischen Frage erfüllt werden und die Parteien sich in eine Position begeben, die Gefechte unnötig macht, bedeutet das die Entstehung der Bedingungen für Frieden. Der KONGRA GEL wird dies entsprechend anerkennen.

II. Generalversammlung des Volkskongress Kurdistan (KONGRA GEL)
19. Mai 2004


 
 
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