Sieger am 
        Ende des 20. Jahrhunderts: Die Demokratie
      Die 
        Wurzeln des demokratischen Systems reichen bis in die frühe Geschichte 
        der Menschheit. Seine umfassende Bedeutung als staatliches System erlangte 
        es im Athen der Antike. Die Demokratie ist das realistischste System, 
        das dem Einzelnen die größte Freiheit schenkt, weil es der 
        Gesellschaft die Selbstverwaltung erlaubt. Sie bezieht sich auf den natürlichen 
        Zustand der Gesellschaft und zieht daraus ihre reale Kraft. Autoritäre 
        Regime können zwar sprunghafte Entwicklungen verursachen, aber, wie 
        stark sie auch immer in ihrer Periode sein mögen, ihre Entfremdung 
        von der gesellschaftlichen Realität bewirkt früher oder später 
        ihren Niedergang. Von den gigantischen Sklavenhalterimperien bis zu den 
        kapitalistischen, faschistisch-totalitären Diktaturen, sogar die 
        realsozialistisch-totalitären Systeme - sie alle haben das gleiche 
        Schicksal erlebt. 
        Dass die Demokratie ihren vollständigen Sieg in diesem beachtlichen 
        Zeitalter von Technik und Produktion errungen hat, ist nicht grundlos; 
        es ist mit den Mechanismen des demokratischen Systems eng verbunden. Kein 
        System konnte die Gesellschaften und somit die Individuen in ihrer Echtheit 
        und Kreativität so sehr fördern. Es nimmt seine Kraft aus der 
        Befreiung. Demokratie ist einfach, entwickelt sich aber langsam. Es ist 
        heute aber bewiesen, dass ihre Resultate größer als die der 
        sogenannten starken, schnell fortgeschrittenen Regime sind. 
        Demokratien sind im Besitz einer evolutionären Sprache, aber im Grunde 
        stützen sie sich auf Revolutionen. Wichtig ist, wann die Revolution 
        demokratisiert werden kann. Revolutionen, die nicht imstande waren, sich 
        zu demokratisieren, gehen entweder in eine Diktatur über oder fallen 
        in die Anarchie zurück und degenerieren. Revolutionen, die sich demokratisieren 
        konnten, können kontinuierliche und kreative Entwicklungen vorweisen. 
        Auf der Ebene der Revolution stehen zu bleiben bedeutet, wie die Konterrevolution 
        auch, in jeder Art von konservativem Bürokratismus stecken zu bleiben. 
         
        Damit ist ersichtlich, worin das Geheimnis der historischen und gegenwärtigen 
        Stärke derjenigen Gesellschaften liegt, welche die Demokratisierung 
        gut entwickeln können. 
        Die heute existierenden Demokratien entwickelten sich im 17. und 18. Jahrhundert 
        zunächst auf der Ebene der Idee mit noch sehr einfachen und konfusen 
        Formen. Ihre institutionelle und administrative Ausformung nahm seit Mitte 
        des 19. Jahrhunderts an Geschwindigkeit zu. Während des 20. Jahrhunderts 
        widerstand die Demokratie der grausamen totalitären Diktatur des 
        Faschismus und ihrem Widersacher, dem Realsozialismus. Am Ende des 20. 
        Jahrhunderts erklärte die Demokratie ihren endgültigen Sieg. 
        Die beiden totalitären Systeme, die eine sehr schnelle ökonomische 
        Entwicklung durchliefen, brachen zusammen, weil sie die Freiheit und die 
        kreativen Fähigkeiten des Individuums und der Gesellschaft exzessiv 
        unterdrückten. Zwang kann eine schnelle Entwicklung provozieren, 
        führt jedoch auch schnell zum Zerfall. 
        Das demokratische System entwickelt sich zwar langsam, ist jedoch nicht 
        leicht zu zerstören und zu stürzen, denn das Individuum und 
        die Gesellschaft sind nicht ohne weiteres vom System zu trennen. Daraus 
        zieht die Demokratie ihre Stärke. Dass die Gesellschaft sich entwickelt, 
        d.h. sich eine wissenschaftliche Stärke aneignet, steht vor allem 
        in direktem Zusammenhang mit dem Niveau der Demokratie. Es ist kein Zufall, 
        dass die wissenschaftlichen und künstlerischen Persönlichkeiten 
        sich in den Gesellschaften entwickeln, welche die größte Freiheit 
        geben. 
        Mit der Auflösung des realsozialistischen Systems in den 90er-Jahren 
        und seiner Umwandlung in eine Art von Demokratie, steht der große 
        Fortschritt der Demokratie tatsächlich erst am Anfang. In gewissem 
        Sinne werden die hartnäckigen Überbleibsel der alten Systeme 
        ihren Einfluss weiterhin ausüben, deshalb wird eine reine Demokratie 
        nicht zustande kommen, aber die Entwicklung in diese Richtung wird weiter 
        andauern.  
        Das Wichtigste ist, demokratische Werte anzuwenden, um gesellschaftliche 
        Probleme zu lösen und die Gesellschaft zu regieren. Die beste Politik 
        und der beste Politiker werden ihre Identität bei den Persönlichkeiten, 
        bei der Partei und bei der Führung suchen, die diese Prinzipien vertreten. 
         
        Gesellschaften, in denen nach einer revolutionären Explosion, welche 
        die grundlegendsten Widersprüche offenlegte, die Demokratie aufblühte, 
        versuchen, die Widersprüche und Interessen der Individuen und gesellschaftlichen 
        Gruppen mit gewaltfreien Mechanismen, durch Parteien und staatliche Institutionen 
        zu regeln. Wenn in einer Gesellschaft diese Reife erreicht wird, ist nichts 
        weiter nötig, als die Prinzipien und Institutionen genau zu definieren, 
        um sie dann für die Lösung aktueller Probleme anwenden zu können. 
        Das bedarf der Kreativität der politischen Führer und macht 
        das demokratische Wesen der politischen Führung aus.  
        Die Kunst einer erfolgreichen demokratischen Politik erfordert die Fähigkeit, 
        die Interessengruppen und die Natur sozialer Konflikte genau zu definieren 
        und die Beziehungen zwischen ihnen friedlich auszubalancieren. Sie schließt 
        die Fähigkeit ein, Macht auszuüben und Macht abzugeben. Reichtum, 
        Armut oder die Größe einer Gesellschaft spielen nicht die Hauptrolle 
        für eine demokratische Praxis. Demokratie kann in allen Gesellschaften 
        existieren. Einzig notwendig sind vielleicht eine oder einige revolutionäre 
        Etappen. 
        Demokratie hat wenig mit Staatsgrenzen oder mit der Existenz des Staates 
        zu tun. Demokratische Systeme behandeln weniger diese Themen, sondern 
        vielmehr die Interessen, die Freiheit und Gleichheit gesellschaftlicher 
        Gruppen und Individuen. Demokratie hat zu tun mit den Gesetzmäßigkeiten 
        und Regeln, nach denen politische Institutionen und Regierungen zur Macht 
        gelangen und sie wieder abgeben. Die Staatsgrenzen sind gegeben. Sie sind 
        der Rahmen, innerhalb dessen Politik gemacht wird. Zwang verletzt die 
        Demokratie. Demokratische Politik hat nicht die Existenz und Unteilbarkeit 
        des Staates zum Gegenstand. Sie beschäftigt sich intensiv mit der 
        Form des Staates, seiner Art, mit sozialen Problemen umzugehen, und mit 
        seinen Gesetzen und Mechanismen, wie er politisch-moralische Werte auswählt 
        und abgrenzt; und Demokratie hat mit der Repräsentation von Macht 
        und der harmonisch-friedlichen Übergabe von Macht zu tun. Die Anerkennung 
        derjenigen Gruppen und Individuen, deren Interessen und Freiheiten bisher 
        nicht respektiert werden, sowie ihre Integration in das System sind ebenfalls 
        wesentliche politische und ethische Voraussetzungen der Demokratie. Solange 
        es in der Gesellschaft Individuen gibt, deren Freiheit und Gleichberechtigung 
        nicht anerkannt werden, und Gruppen, die unterdrückt und ihres Willens 
        beraubt werden, ist die Demokratie mit schweren Mängeln behaftet. 
        Werden diese nicht mit demokratischen Methoden - das bedeutet ohne Gewalt 
        - überwunden, so wird eine revolutionäre Etappe, ein Aufstand 
        oder ein Krieg eingeleitet, der sehr viel Blut kosten, aber auch den Weg 
        für eine neue Phase der Demokratie ebnen wird. 
        In Gesellschaften, in denen Dogmatismus, autoritäre Prinzipien und 
        Institutionen verwurzelt sind, erfordert die demokratische Entwicklung 
        vor allem einen Kampf gegen diese Schablonen. Dogmatismus und Traditionalismus 
        sind der Nährboden autoritärer und totalitärer Regime. 
        Demokratie bedeutet nicht gleichzeitig Prinzipienlosigkeit und die Abwesenheit 
        von traditionellen Grundlagen und Institutionen. Ihre Prinzipien sind 
        Freiheit, Gleichberechtigung, keine Gewaltanwendung, evolutionäre 
        Entwicklung, Respekt vor den Rechten und Verantwortlichkeiten sowie Lösungen 
        auf der Grundlage von Konsens. Demokratie ist eng verbunden mit der wissenschaftlichen 
        Beschreibung der Gesellschaft und der Aufklärung. Mit diesen Qualitäten 
        stellt die Demokratie einen wundervollen Weg dar, verantwortungsbewusste 
        Individuen und entwickelte gesellschaftliche Schichten zu schaffen. 
        Mit diesem umfangreichen Rahmen zur Darstellung der Demokratie haben wir 
        aufgezeigt, weshalb sie sowohl verantwortlich für den Fortschritt 
        der Wissenschaft, der Technik und einer aufgeklärten Gesellschaft 
        als auch das Resultat dieser Entwicklung ist. 
        Das Versagen des Faschismus mit seinem erstickenden Totalitarismus und 
        des bürgerlichen Nationalismus, der Demokratiemangel der Arbeiterklasse 
        mit ihrem extrem egalitären Totalitarismus hängen damit zusammen, 
        dass sie den oben beschriebenen demokratischen Rahmen verlassen haben. 
        Es scheint, dass sich das demokratische System im neuen Jahrtausend durchsetzen 
        wird und seine Ausbreitung und Vertiefung in allen Gesellschaften nicht 
        verhindert werden kann. Diejenigen, die sich ihm widersetzen, werden verlieren; 
        aber diejenigen, die die Demokratie praktizieren, werden mit Sicherheit 
        gewinnen. 
       
       
      
       
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