Schlussfolgerung:
Die demokratische Einheit ist ein neuer historischer Schritt der Republik

Selbst wenn die Generalstaatsanwaltschaft aus meinem Wort: “Alles für die Unabhängigkeit und Freiheit” die Gründung eines separaten Staates schlussfolgert und sich dabei auf das frühe Programm und auf meine Erklärungen stützt, so habe ich doch in meiner Verteidigungsrede versucht, meine Absichten darzulegen und meine historischen Erfahrungen, die ich, der ich große Verantwortung für die demokratische Einheit trage, gewonnen habe.
Wenn ich auch meine früheren Reden nicht zur Hand habe, so habe ich mit meiner Erklärung zum einseitigen Waffenstillstand und zum indirekten Dialog offen zum Ausdruck gebracht und betont, dass die Unabhängigkeit und Freiheit sowohl für das Individuum als auch für das Volk und die Gesellschaft nur unter Wahrung der Integrität der Türkei und im Rahmen des demokratischen Aufbaus der Republik verwirklicht werden können.
Die kurdische Gesellschaft lebt überwiegend auf gebirgigem Territorium, ist ökonomisch, sozial, kulturell und politisch vielfach gespalten und von feudalen Wertvorstellungen geprägt; sie besitzt kein eigenes Alphabet und der größte Teil ihrer Bevölkerung arbeitet in den Metropolen. Für diese kurdische Gesellschaft ist es - wissenschaftlich betrachtet - nicht realistisch, die Forderung nach einem eigenen Staat zu stellen, insbesondere, da sie an vier Seiten von Nachbarn umgeben ist, die dies nicht akzeptieren. Außerdem haben die Erfahrungen der Geschichte der letzten zweihundert Jahre und der letzte PKK-Aufstand deutlich gemacht, dass in Anbetracht des vorhandenen militärischen Gleichgewichts die Abspaltung die Probleme nur noch mehr erschweren wird. Diese Methode würde die Situation der Parteien erschweren und ihnen großen Schmerz und Verlust zufügen. Aber die Abspaltung kann weder verwirklicht werden noch das Problem aus der Welt schaffen. Die Krankheit würde schlimmer werden und nicht heilen. Diese Krankheit kann weder durch die Beseitigung des Kranken geheilt werden noch durch eine Teilbehandlung, d.h. durch die Trennung vom Ganzen, dem Staat, zu dessen Hauptteil sie gehört.
Die Integration in die Republik muss mit der demokratischen Einheit erreicht werden; sie muss geschaffen werden auf der Grundlage der freien Gesellschaft und des freien Individuums, das wahrer verfassungsmäßiger Bürger ist; sie wird erreicht durch das Abstoßen der verfaulten Teile, die nicht demokratisiert werden können und die die Freiheit verhindern, durch die Abschaffung der selbst von staatlicher Seite erwähnten Gesetze, der veralteten Einrichtungen und Auffassungen, die auf Furcht und Verleugnung basieren, durch die Beseitigung des feudalen gesellschaftlichen Aufbaus, unter dem die Bevölkerung der Region lebt, durch die Überwindung der Furcht vor den Geistlichen, den Feudalherren und dem Staat. Sowohl die schwerwiegenden Erfahrungen dieses Aufstandes, den wir in jüngster Geschichte erlebt haben, als auch die zahlreichen Erfahrungen, die in der Welt gemacht werden, zeigen, dass die Lösung im demokratischen System zu suchen ist. Ein Beharren auf Unterdrückung und Widerstand bringt kein anderes Ergebnis hervor als die Vertiefung der Ausweglosigkeit. Was sich zuletzt im Kosovo als richtig erwiesen hat, war die Notwendigkeit der Verständigung. Obwohl unsere Bewegung als Organisation und Aktion anfangs in ihrem Programm und ihren Erklärungen einen eigenständigen politischen Aufbau formuliert hatte, hat die Erfahrung selbst - wie ich auch in meiner Verteidigung vielfach erklärt habe - seit den 90er-Jahren die freiwillige Einheit deutlicher zum Ausdruck gebracht. Der realistische Weg der Unabhängigkeit als Volk innerhalb des ungeteilten Landes und Staates der Türkei ist möglich geworden. Das demokratische System hat dafür die Kraft.
Ich möchte meine Überzeugung betonen, dass der Staat weiß, dass wir zu dieser Entscheidung gekommen sind. Nicht die Worte, auch nicht Programme und Prinzipien, sondern die Lebens- und Kampfrealitäten, die mit den Prinzipien und Programmen verbunden sein müssen, sind wichtig. Das Leben und der Kampf haben uns zu der Schlussfolgerung gebracht: “Wenn du nicht wie ein Sklave verleugnet leben willst, so musst du es verstehen, in einer freien Gemeinschaft zu leben.” Daran wird es nie Zweifel geben. Wenn auch ähnliche Fragen in anderen Teilen der Welt anfänglich mit der Forderung nach Loslösung beantwortet wurden, so hat sich doch gezeigt, dass das Zusammenleben richtiger ist und eine starke Einheit und Bereicherung bedeutet. Die Tendenz zur Einheit wiegt stärker als die Tendenz zur Trennung, und die regionalen Vereinigungen weltweit zeigen kontinuierlich ökonomische, kulturelle und politische Entwicklungen. Kurz gesagt, zwingt uns auch die weltweite Tendenz zur freien und demokratischen Einheit. Wir durchlaufen eine Etappe, in der selbst historische Feinde einen derartigen Konsens anstreben.
Es ist daher ein Fehler, die Probleme in der Realität unserer Völker zu sehen, die zumeist gemeinsam ihre Geschichte gestaltet haben, die in kritischen Etappen von Tod und Überleben die Gefahren und Feinde gemeinsam abwehrten und eng miteinander lebten. Es ist ein Fehler, wenn wir dem Volk in einer sich entwickelnden Demokratie keinen verfassungsmäßigen Ausdruck verleihen können, oder wenn manche Hindernisse, die vor der Freiheit und Gleichheit stehen, nicht beseitigt werden. Diese Fehler führen zu einer Verhärtung der gesellschaftlichen Probleme und zu erbarmungslosen Aktionen und Konsequenzen. Einerseits redet man von dem gemeinsamen konstitutiven Faktor des kurdischen Volkes, andererseits verbietet man ihm die Sprache, was in der Welt beispiellos ist. Dies reicht, um unsere bittere Realität zu erklären.
Unser wichtigstes Fazit ist, dass die Ära der Aufstände beendet ist oder beendet werden muss. Aber dafür muss die historische demokratische und laizistische Bewegung der Republik Türkei erfolgreich sein. In einer Demokratischen Republik kann es keinen Platz für Gewalt geben. Die Sprache der Lösung von Problemen darf nicht Aufstand oder Revolution sein. Im Frieden gilt der Weg der verfassungsmäßigen Evolution. Das ist ein Imperativ des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Den Willen der Geschichte auf diesem Boden und ein Leben in Gesamtheit und Freiheit respektvoll anzuerkennen ist der heilige Weg des Friedens und der fruchtbaren Entwicklung.
In diesem Rahmen kommt auf unser Volk im Osten, auf das kurdische Volk, die Aufgabe zu, sein inneres Bedürfnis, eine demokratische Gesellschaft zu sein, mit einer neuen demokratischen Einheit im Staat zu verbinden. Seine historische Aufgabe besteht darin, die verfaulten feudalen Wertvorstellungen und Institutionen zu überwinden, sich mit den modernen Freiheits- und Gleichheitsmaßstäben der Demokratischen Republik zu emanzipieren und somit seinen Willen zu gewinnen, verfassungsmäßiger Bürger und konstitutiver Teil der Gesellschaft zu sein, so wie es der Tatsache entspricht.
Während die Geschichte der Aufstände zu Ende geht, sollte die begonnene Periode die der großen inneren Demokratisierung sein, in der sich die Prinzipien und Institutionen der Republik wieder mit demokratischen Maßstäben verbinden. Der Weg der Reformen wird ein langsamer Weg sein, aber ihre Ergebnisse werden sich entfalten und kreative Stärke entwickeln. Unsere historische Erfahrung und die Realität zeigen, dass es keinen anderen Weg gibt. Und selbst wenn es einen gäbe, würde er in die Sackgasse führen, wodurch Schmerz und Verlust nur größer würden. Wir sollten uns jetzt auch nicht mit der Frage aufhalten, wer Recht hat und wer nicht, wer wie viele Verluste erlitten oder verursacht hat, wer stark und wer schwach ist. Wir müssen die demokratischen Maßstäbe eines gemeinsamen, freien, solidarischen Lebens, das eine beiderseitige geschichtliche und gesellschaftliche Grundlage hat, darlegen und betonen. Unsere Demokratie müssen wir gemeinsam aufbauen und entwickeln. Alle Märtyrer, die bei der Gründung und Verteidigung der Republik ihr Leben gelassen haben, müssen wir als unsere Märtyrer anerkennen. Des Gründers der Republik mit Dankbarkeit und Respekt zu gedenken und die Fahne mit Stolz zu grüßen, bildet die Grundlage dafür. Aber als jetzt lebende Generation müssen wir unsere zeitgenössische Aufgabe annehmen. Das war es, was wir wirklich machen wollten. Wir wollten die Rückständigkeit, die Unwissenheit, die Sklaverei im Osten durch Fortschritt, Aufklärung und Freiheit überwinden. Das ist eine Aufgabe der Republik. Es darf nicht angezweifelt werden, dass dies das Wesentliche ist.
Aber betrachten Sie das folgende Paradox:
Im Rahmen des formalen Rechts stehen wir wegen des Vorwurfs eines schweren Verbrechens gegen die Republik vor Gericht. Das ist ein Unglück. Es ist nicht ein Ausdruck unseres Wesens. Die Geschichte wird zeigen, dass unsere Bewegung die Heilung des konstitutiven, aber verfaulten und kranken Teils der Republik bewirkt und beide Beine oder jenen Teil, der geheilt werden muss, heilen und kräftigen wird. Auch Atatürk hat die Republik gegen das Sultanat, von dem er sein Amt übernommen hatte, unter dem Todesurteil gegründet. Was er gestürzt hat, war nicht das Wesen des Staates, sondern das Sultanat und das Kalifat, Institutionen, die nicht mehr der Epoche entsprachen. Es soll nicht missverstanden werden, wir stellen keinen Größenvergleich an! Aber folgende Aussage habe ich - haben wir - entschieden von Anfang an getroffen: Wir treten nicht gegen das Wesen der Republik auf, sondern gegen ihre oligarchische, undemokratische Seite und die in der Türkei verinnerlichten feudalen Werte und Überzeugungen sowie gegen die Institutionen der Gesellschaft, in der wir geboren sind. Das Ziel am Ende ist eine Demokratische Republik der unter ihrer Verfassung sich verwirklichenden freien Bürger und die freie Gesellschaft. Die Republik wird damit nur an Stärke gewinnen. Das haben wir unter der epochalen Aufgabe verstanden. Sie nicht zu erfüllen, wäre eine Respektlosigkeit der Republik gegenüber.
Auch wenn Ideologie, Programm und Praxis konträr erscheinen, so sollte doch Respekt davor gezeigt werden, wenn wir als Ergebnis eines großen Kampfes, mit Überzeugung und Entschlossenheit und durch den Beweis der Praxis in dieser Phase angelangt sind. Wenn es notwendig ist, ziehen die Menschen Lehren aus ihren großen Irrtümern und können so zur Wahrheit gelangen. Die Geschichte und die Gesellschaft gehen meist so voran. Ohne einen Fehler zu machen, auf der Straße geradeaus zu laufen, ist einzig und allein Gott vorbehalten. Dass selbst Propheten Fehler unterlaufen können, sagen sie selber. Auch uns und mir persönlich sind viele Fehler und Irrtümer unterlaufen, die großes Leid verursacht haben. In meiner Verteidigung habe ich das im Wesentlichen aufgezeigt. Aber es ist auch eine Tatsache, dass wir mit Entschlossenheit und Beweisen dargelegt haben, dass wir den Willen zur Umkehr besitzen. Dies wird uns vielleicht nicht vor dem Gesetz freisprechen, aber wir sind entschieden überzeugt, dass die Geschichte und die Gesellschaft uns freisprechen werden.
Wäre es überhaupt zu einem solchen Aufstand gekommen, wenn wir in einer demokratischen Gesellschaft erzogen und aufgewachsen wären? Von einem Menschen, der sich selbst als illegal betrachten muss, der jedes Wort, das er in seiner Muttersprache ausspricht, mit Schuldgefühlen begleitet, kann alles erwartet werden. Das muss klar gesehen werden! Ist nicht das die Ursache, dieser Zustand, der in einer modernen Zivilisation beispiellos ist? Ich möchte das noch einmal mit Nachdruck erklären: Wie kann ich die Republik und die gesetzliche Ordnung anerkennen, wie kann ich modern sein, wenn ich sogar Angst habe, mich selbst anzuerkennen? Das ist die Realität des Volkes, die ich erlebe.
Wenn - als Alternative dazu - ein großer Teil nicht türkisiert wurde, kann das nicht die Schuld des Volkes sein. Es ist doch offensichtlich, dass diese Methode weder modern ist noch mit Gewalt durchgesetzt werden kann. So nahmen die Fehler und Irrtümer auf beiden Seiten immer mehr zu. Jeder versuchte in diesem letzten Aufstand sein erbarmungsloses Urteil zu sprechen. Sofern wir noch über unseren Willen verfügen, werden wir mit gesundem Menschenverstand die Lehren ziehen. Wir werden uns gegenseitig, wirklich modernen Maßstäben gemäß, akzeptieren. Unsere Hauptaufgabe wird in dem Versuch bestehen, den Weg zu Freiheit und Gleichheit - auf der Grundlage unseres Vaterlandes und unserer Republik - in einem demokratischen System zu beschreiten, ohne jemals auf die Gewalt zurückzugreifen.
Der Gegenwert für jeden Tropfen unseres Blutes, des Blutes aller Parteien und vor allem unserer Märtyrer, für das große Leid, das sie erlitten, und für ihre Verluste, muss unsere heilige Einheit sein, die mit unerschütterlichem Bewusstsein und freiem Willen errichtet wird. Das ist keine Illusion. Schlagen wir das Buch der Geschichte auf, so werden wir feststellen, dass alle bedeutenden Vereinigungen so entstanden sind. Diese Gerichtsverhandlung betrachte ich unter all diesen Aspekten als ein historisches gesellschaftliches Urteil.
Der letzte Ausbruch eines gravierenden Problems, das immer mehr zunahm, weil es von der Republik nicht rechtzeitig gelöst wurde, die Frage des Ostens, die Kurdenfrage, wird vor Gericht gebracht. Die verehrten Richter werden zweifelsohne in die Gesetzbücher schauen, um alles zu bewerten und zu beschließen. Aber sie sollten Verständnis zeigen, dass ich es nicht für notwendig erachte, diese Frage, ihren historischen und gesellschaftlichen Hintergrund, juristisch zu behandeln. Dies erwarte ich auch von unseren verehrten Staatsanwälten. Wenn erforderlich, werden meine Anwälte von Amts wegen die Verteidigung juristisch betreiben; ich sage, sie sollten dies auch tun.
Ich versuche mit meiner ganzen Kraft, die Frage einer Lösung zuzuführen, ohne dass die Sprache der Gewalt wieder zur Anwendung kommt. Das Gewicht der Argumente und die Thesen meiner Verteidigung habe ich bewusst in diese Richtung gelenkt. Denn das erfordert der Respekt und meine Verbundenheit gegenüber der unsterblichen Gesellschaft und gegenüber ihrem Staat, der als ihr Ausdruck gewürdigt werden soll.
Hochverrat werde ich nie begehen. Wenn überhaupt, sollten die Erfordernisse des Nationalpakts “Misak-i Milli” in modernen Maßstäben angewendet werden; also dieser erweitert werden. In diesem Sinne ist der wichtigste Bestandteil meiner Verteidigung die Notwendigkeit, die Prinzipien der Präambel des Misak-i Milli zu erfüllen. Insbesondere das, was dem kurdischen Volk versprochen wird, in Übereinstimmung mit dessen konstitutivem Anteil bei der Gründung der Republik.
Die Hilfe der Republik Türkei für die kurdischen und turkmenischen Volksgemeinschaften in Gebieten außerhalb des Misak-i Milli ist sowohl eine ethische als auch politische Aufgabe, damit sie zumindest in den Grenzen der jeweiligen Staaten ohne Massaker mit ihrer demokratischen Identität leben können. Das ist keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, sondern eine historische und menschliche Herangehensweise. Ich glaube, dass mit meiner Verteidigung mehr Klarheit bezüglich der Unteilbarkeit des Landes und der unabhängigen Existenz des Staates geschaffen wurde. Ihr Wesen ist die Verankerung der Demokratie. In diesem Sinne habe ich, wie ich meine, einen historischen Dienst geleistet. Die Kurden sowohl in der ganzen Türkei als auch überall, wo sie konzentriert leben, sollten ihre Bemühungen um die Demokratisierung verstärken. So können Resultate erzielt werden. Unter demokratischer Politik wird die ökonomische und sozio-kulturelle Entwicklung zu einer Einheit führen, die innerhalb der Republik stärker und reicher wird. Ich habe meine Überzeugung betont, dass diese Herangehensweise als realistisch zu bewerten ist und dass sie zum Erfolg führt. Immer wieder habe ich in meiner Verteidigung meine Auffassung dargelegt, dass es historisch keinen Sinn mehr hat, mit Gewalt an die Frage heranzugehen. Der Rückgriff auf Gewalt wird eine schwere Verantwortungslosigkeit sein. Ich unternehme große Anstrengungen, um das zu verhindern. Ich muss dafür noch viel leisten; es ist sogar das einzige Argument für mich, zu leben: um das Stadium des Friedens zu erreichen. Ich habe meine Überzeugung betont, dass die Tendenz zum Frieden schwieriger ist als die zum Krieg, aber dass der Frieden sinnvoller und gewinnbringender ist. Von nun ab wird mein einziges Ziel sein, in dieser Richtung große Anstrengungen zu unternehmen. Ich bin mir völlig bewusst, dass es meine wichtigste Aufgabe ist, dies in die organisierten Kräfte und in das ganze Volk hineinzutragen. Ich bin überzeugt und entschlossen, dass nach jedem Krieg ein Frieden kommt und aus diesem Grunde die Demokratische Republik freier Frieden bedeutet und die Lösung in diesem Rahmen zu entwickeln ist.
Ich habe die Notwendigkeit betont, dass die PKK, die den Aufstand führt, durch die Überwindung dieser Etappe sich mit den Maßstäben eines demokratischen Systems, mit einem neuen Programm und neuen Strukturen, den Erfordernissen eines legalen und politischen Prozesses entsprechend auf eine Transformation vorbereitet. Die Organisationen haben ebenso wie die Personen eine Lebenschance und sie können erfolgreich sein, wenn sie auf den geschichtlichen Prozess antworten. Anderenfalls werden sie zurückbleiben und laufen Gefahr, überholt zu werden. Gleichzeitig habe ich in meiner Verteidigung bekräftigt, dass die PKK ihre Existenz den Erfordernissen eines friedlichen Zustandes anpasst und, wenn notwendig, einen Friedenskongress durchführen wird. Vorausgesetzt, der Staat verhält sich offen.
Man sieht, dass meine Verteidigung mehr darauf gerichtet ist, einen Beitrag zu einer möglichen Lösung zu leisten, als eine Antwort auf die einzelnen Punkte der Anklageschrift zu geben. Ich habe versucht, die Vergangenheit zu analysieren und darüber hinaus eine Antwort im Lichte der demokratischen Einrichtungen und Erfahrung des gemeinsamen Lebens, im Rahmen unserer historischen und aktuellen Realität zu suchen. Ich habe insbesondere betont, dass innerhalb der großen demokratischen Bewegung von heute, sowohl als Ursache als auch als Ergebnis die demokratische Lösung die Einheit des Landes und die Kraft der Republik schützt und ihr noch mehr Kraft verleiht. Ich habe angemerkt, dass Vereinigungen, die durch freies Bewusstsein und freien Willen begründet werden, die stabilsten Vereinigungen sind und dass die Republik der demokratischen Einheit der stabilste Unterpfand gegen jeglichen Separatismus ist.
Wenn dieses Problem gelöst wird, welches das schwierigste in der Geschichte der Republik ist, wird die Türkei sicherlich mit der Kraft, die sie durch den inneren Frieden erhalten wird, zu einem Potenzial gelangen, mit dem sie eine führende Macht in der Region wird. Die Führung im Mittleren Osten wird bedeuten, dass man von Mittelasien bis zum Balkan und Kaukasien Einfluss hat. Die Kraft des demokratischen Systems wird es ermöglichen, dass ein gerechtes Eingreifen und eine Unterstützung in dieser Region zur Lösung der zahlreichen Widersprüche und Probleme führen wird, die vor allem Probleme des Friedens sind. Das ist auch wünschenswert. Dies wird gleichzeitig zur Entwicklung der Wirtschaft und Kultur und damit zum Wohlstand führen.
Mit dieser Perspektive tritt die Türkei in das Jahr 2000 ein. Die kurdische Frage war ihr ein Klotz am Bein. Ihre Lösung wird bedeuten, dass sie mit einem riesigen Zuwachs an Kraft die historische Wende erfolgreich meistern wird. Wenn wir von den Spielen des Auslands reden wollen, so ist deren grundlegendes Ziel, diese Wende umzukehren und dazu die kurdische Frage als Mittel zu benutzen. In jeder kritischen Phase der Geschichte wurde versucht, dieses Spiel zu spielen. Wenn keine Lösung erreicht wurde, so war das Spiel gewonnen. Dann liegt also die Aufgabe darin, dass wir das Problem mit unseren eigenen Händen lösen und es in eine starke Waffe gegen diejenigen verwandeln, die ihr Spiel spielen wollen. In meiner Verteidigung habe ich ausgeführt, dass das in hohem Maße möglich und unser einziger Ausweg ist. Gerade unsere Erfahrung belegt das gut. Wir haben recht, wenn wir sagen, dass die Lösung auf der Basis der Völkerverständigung, die wir aus freiem Willen zum ersten Mal verwirklichen werden, eine neue geschichtliche Epoche bildet. Diese Gerichtsverhandlung sollte der wichtigste Friedensprozess in der Geschichte der Republik sein. Dass dieser Prozess alle Schmerzen, Ängste und Rückständigkeiten, welche die Aufstände hinterlassen haben, als Meilensteine zurücklässt, ist durch den Frieden möglich, den das demokratische System realisieren wird.
Meinen Prozess zu einem Motiv für den ehrenhaften Frieden zu machen, ist mein grundlegendes demokratisches Ideal. Meine Verteidigung ist grundsätzlich mit dieser Absicht verbunden und das ist in der Tat das Beste. Wir können unsere Schuld gegenüber diesem Land und unserem ganzen Volk mit nichts Wertvollerem bezahlen. Mit dem tiefen Bewusstsein, dass ohne einen gerechten und ehrenhaften Frieden ein Leben weder im Lande noch in der Welt einen Sinn hat, hat Mustafa Kemal als erster den Grundsatz aufgestellt: “Frieden im Lande, Frieden in der Welt.” Dieses Prinzip ist wie eine brennende Fackel für unser Leben. Wir glauben, dass die von ihm gegründete Republik nur auf demokratischer Basis den Frieden bringen und dies dem Frieden in der Welt und der Region dienlich sein wird.

Verehrte Richter,
mit dieser Anwort auf die Behauptungen in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft habe ich nicht nur in meinem eigenen Namen, sondern auch im Namen der PKK gesprochen, für die ich verantwortlich gehalten werde; ich habe versucht, auf die Fragen derjenigen Volksschichten zu antworten, in deren Namen sie rebellierte.
Wenn auch die Anschuldigungen mit Beweismitteln dokumentiert sind, habe ich angesichts der vorhandenen Probleme versucht, die Notwendigkeit unserer Bemühungen für die Lösung offen zu begründen. Während des Aufstandes gab es sicher beiderseitige Fehler und Irrtümer. Ich habe die Sinnlosigkeit und Unbarmherzigkeit vieler Aktionen zum Ausdruck gebracht. Ich habe versucht, zur Sprache zu bringen, dass mich der Schmerz darüber bis ins innerste Mark getroffen hat und dass ich zu denen gehöre, die es am meisten nach Frieden dürstet. In allen Aufständen gibt es Brutalitäten und Unterdrückung. Unser größter Trost wäre es, wenn wir diese ständig schmerzende Krankheit der Republik wirklich heilen, sie zu einem gesunden Teil und in eine Friedenskraft verwandeln könnten. Ich glaube daran, dass unser Volk dies wie Brot und Wasser braucht. Aus diesem Grunde sage ich, dass dieser Gerichtsprozess ein Meilenstein für den heiligen Frieden sein muss.
Für die Bezahlung der Schulden gegenüber der Republik gibt es keinen anderen Weg als die demokratische Einheit. Man muss aber wissen, dass wir diese Schulden nur als befreite Bürger zahlen können. Es kann keine Republik der Sklaverei und Verleugnung geben. Ich bezweifle nicht, dass unsere Bemühungen und Kämpfe in diesem Sinne mit dem Wesen der Republik verbunden sind und dass sie notwendig waren, um dies zu erreichen.
Ich glaube absolut an die eigentliche Republikanisierung.
In diesem Sinne möchte ich meine Überzeugung bekunden, dass unser Volk, das sich aufgrund der schweren feudalen Bedingungen nicht in ein Volk der Republik verwandeln konnte, nach der Parole “Welch Glück, Volk einer Demokratischen Republik zu sein” in Frieden leben und glücklich sein wird, wenn es die Realität eines freien Volkes, das eine Abtrennung nicht akzeptiert, erreicht und dass dann dieser historische Prozess, wenn er innerhalb der territorialen Einheit der Türkei und innerhalb des Staates mit all seinen Völkern angenommen wird, erfolgreich sein wird.