Die Weltlage
Die Geschichte des Kolonialismus beginnt mit dem Übergang zum Klassengesellschaft.
Jede Produktionsweise, die die Klassengesellschaft im Laufe ihrer Entwicklung
hervorbringt, beinhaltet ihre eigene Form des Kolonialismus. Je weiter
im Inneren die Ausbeutung einer Klasse und damit verbunden ihre Unterdrückung
zunimmt, desto mehr steigt auch nach außen hin die Ausbeutung anderer
Volksgruppen und deren Unterdrückung. Beginnend mit dem Aufkommen
des Sklavenhaltertums bis zum heutigen Tage hat sich eine Unterdrückung
und eine vom Außen kommende Ausbeutung von menschlichen Gemeinschaften
stetig weiterentwickelt. Gegen diese unterdrückung und Ausbeutung
gab es einen permanenten Kampf und Widerstand.
Die Gewalt spielte im Laufe der Geschichte nicht immer eine reaktionäre
Rolle. In Tranformationsprozessen alter Gesellschaften war Gewaltanwendung
oft unumgänglich. Wird die Gewalt zur Entfaltung der Produktivkräfte
eingesetzt, dann ist sie fortschrittlich; wird sie hingegen herangezogen,
um eine Entwicklung der Produktivkräfte zu behindern und die alten
Produktionsverhältnisse aufrechtzuerhalten, dann ist sie reaktionär.
Ebenfalls reaktionär ist sie dann, wenn sie den Erobern dient, also
der Gründung einer Herrschaft über Stämme, Völker oder
Nationen. Eroberungen sind der Erste Schritt zur Kolonialisierung von Gesellschaften.
Insofern fußt der Kolonialismus stets auf einer reaktionären
Gewalt und bringt, gleichgültig auf welcher Produktionsweise es auch
basiert, die Zerrüttung und Zersetzung der Produktionskräfte
der kolonialisierten Gesellschaften mit sich. Demgegenüber ist die
Form der Gewalt, die jene Gesellschaften anwenden, die sich gegen den Kolonialismus
schützen oder von seinem Joch befreien wollen, immer fortschrittlich
und ein notwendiges Mittel, das bei der gesellschafftlichen Entwicklung
einzusetzen ist. Die Revolution, die sich grundlegend verschiedener Arten
von Gewalt bedient, stellt die racheste, tiefgreifendste und determinierendste
Form der gesellschaftlichen Entwicklung dar. Die Konzentration von Erfahrungen
der sozialen Kämpfe der unterdrückten Klassen und Völker
gegen Unterdrückung und Ausbeutung bahnt unter geeigneten Voraussetzungen
den Weg zu einer revolutionären Entwicklung. Diese Entwicklung aber
drückt sich zunächst als Widerstand gegen innere und äußere
Unterdrückung und Ausbeutung aus und zeichnet sich weiter durch Emanzipations-
und Freiheitsansätze aus. So war es der Fall beim Islam und dem Christentum,
welche die feudalen Gesellschaftsformationen schufen, und so war es auch
bei der französischen Revolution, dem Musterbeispiel unter den bürgerlichen
Revolutionen.
Die Bourgeoisie, die die unterstützung der Bauern und der unterdrückten
Völker in ihrem Kampf gegen den Feudalismus hinter sich hatte, trug
zur Entstehung der Nationen und der Nationalstaaten insofern bei, als sie
im Innern gegen die feudale Teilung und nach außen gegen die Fremdherrschaft
auftrat. Daneben hatte sie, durch die Vollendung der industriellen Revolution
Mitte des 19. Jahrhunderts, erheblichen Anteil an der Entstehung eines
Weltmarktes. Auf diesem Weltmarkt spielten einige wenige westeuropäischen
Nationen die Hauptrolle, und diese brachten einen Großteil der anderen
Völker dieser Welt in einen kolonialisierten Status. Als sich im letzten
Viertel des 19. Jahrhunderts das kapitalistisch-imperialistische Weltsystem
herausgebildet hatte, vermochte kein einziges Land mehr außerhalb
dieses Systems zu verbleiben.
Die ungleiche Entwicklung der einzelnen imperialistischen Nationen
gemeinsam mit der Krise des Systems führte dazu, daß eine neu
umfassende Weltaufteilung durchgeführt wurde. Als für diese neuerliche
Aufteilung nur mehr kriegerische Mittel verblieben, wurde die Welt in einen
großen Krieg verwickelt. Im Verlauf diese Ersten Weltaufteilungskrieges,
welcher der gesamten Menschheit große Leiden zufügte, brach
in Rußland eine Revolution aus.
Die in Rußland verwirklichte Oktoberrevolution führte nicht
nur zu Installation einer neuen gesellschaftlichen Ordnung in Rußland
selbst, sondern gab auch den Impuls für eine revolutionäre Welle
in den kolonialisierten und abhängigen Ländern und stellete so
eine stabile Basis für die revolutionären Entwicklungen im 20.
Jahrhundert dar. Diese Revolution, die innerhalb der gesellschaftlichen
Kämpfe und innerhalb der Geschichte des Sozialismus einen der wichtigsten
Wendepunkte darstellte und historisch betrachtet wohl die freieste und
emanzipatorischste Revolution war, zeigte, daß Arbeiter und Werktätige
die Macht ergreifen konnten und daß es eine Möglichkeit gab,
sich einer Welt ohne ausbeutung anzunähern. Wie sehr auch immer das
in Rußland durch die Oktoberrevolution geschaffene System zerfallen
ist, so wird dennoch der Einfluß dieser Revolution auf den sozialistischen
Kampf der Arbeiter und Werktätigen, wie auch auf die revolutionäre
Entwicklung der Menschheit im algemeinen bestehen bleiben.
Zwischen den beiden Weltkriegen wurde das auf der Oktoberrevolution
basierende System in Rußland auf benachbarte Gebiete der Sowjetunion
übertragen und ausgebaut. Obwohl die revolutionären Ansätze
in Europa besiegt worden waren, verbreitete sich erstmals der Sozialismus
als ideologisch-politischer Machtsfaktor auf der ganzen Welt. In Verbindung
mit den sich entwickelnden objektiven Voraussetzungen begannen sich in
den kolonialisierten Ländern nationale Befreiungsbewegungen herauszuformen
und zu manifestieren, die sich in Ländern wie Vietnam und China unter
der Führung der Arbeiterklasse organisierten. Innerhalb des imperialistischen
Systems entwickelte sich, besonders in jenen Ländern, die im 1. Weltkrieg
besiegt worden waren, der Faschismus als eine neue Form der Diktatur der
Bourgeoisie. Diese Entwicklung führte zur Etablierung faschistischer
Diktaturen in Ländern wie Deutschland, Italien und Japan, als Folge
zu einem neuen imperialistischen Aufteilungskrieg.
Die Angst vor der Entfaltung des Sozialismus und die Widersprüche
zwischen den imperialistischen Mächten brachten die Welt zu einem
Krieg. Der 2. Weltkrieg, der von 1939 bis 1945 andauerte und der größte
Krieg war, den die Menschheit je erlebt hat, endete mit der Niederlage
des faschistischen Lagers - allen voran Deutschlands - und dem Sieg des
demokratischen Lagers, wobei der Sowjetunion eine besonders wichtige Rolle
zukam. Dieser Ausgang brachte einen starken und weltweiten demokratischen
und sozialistischen Aufwind mit sich.
Die aus dem 2. Weltkrieg siegreich heraustretende Sowjetunion, die
sich daranmachte, die ihr im Krieg zugefügten Schäden zu beheben,
versuchte mit Unterstützung der aufkommenden nationalen Befreiungsbewegungen,
ein gleichgewicht zu dem kapitalistischen System zu schaffen. Indem sie
die neuen Verwaltungen in den osteuropäischen Ländern, die sich
auf antifaschistische Kräfte stützten, vereinigte, formierte
sie ihren eigenen Block als Gegengewicht zu dem imperialistischen Block.
Die Bevölkerung der kolonialisierten Länder wandte sich -
beeinflußt von der starken und weltweit spürbaren sozialistischen
und demokratischen Strömung (mit Unterstützung der Sowjetunion)
-rasch der nationalen Befreiung zu, und die Welt erlebte eine Phase der
sich an vielen Stellen verbreitenden nationalen Befreingskämpfe. In
dieser Zeit formierten sich überall in Asien, Afrika und Lateinamerika
siegreiche nationale Befreiungsbewegungen. Einige dieser Bewegungen - wie
an den Beispielen China, Vietnam, Nordkorea und Cuba zu ersehen ist - waren
radikaler als die anderen. Sie organisierten sich unter der Führung
der Werktätigen, aber auch die anderen, die sich mehr auf Ideen des
Patriotismus berufenden Bewegungen, spielten eine spezifische Rolle im
Kampf gegen den Imperialismus. Der Erfolg dieser sich in kurzer Zeit organisierenden
und ausbreitenden Bewegungen führte zu Staatenbildungen, was schließlich
die Liquidation des kolonialistischen Systems mit sich brachte.
Die USA, die nach dem Krieg von Großbritannien die Rolle der
Weltpolizei übernommen hatte, begriff, daß nunmehr der klassische
Kolonialismus am Ende war, und konzentrierte sich auf eine neue Form des
Kolonialismus. Dieser stützte sich auf scheinbare politische Lösungen
und wollte durch Spezialkriegsregimes den revolutionären Ansatz der
nationalen Befreiungsbewegungen brechen. Die imperialistischen Staaten
selbst wurden zu einem Block zusammengeschlossen und entwickelten ein Spezialkriegssystem,
welches die Blockbildung auf jedem nur möglichen Gebiet vertiefen
sollte. Auf diese Weise wurden der Spezialkrieg gegen den Sowjetblock und
die überall aufkeimenden revolutionären Bewegungen intensiviert.
Dieser Machtkampf zwischen den beiden Blöcken der USA und der
Sowjetunion hatte weltweite Auswirkungen und endete schließlich mit
der Auflösung des Sowjetblocks und dem Zerfall der Sowjetunion Anfang
der neunziger Jahre.
Jene Phase des Sozialismus, in der die Sowjetunion dessen Zentrum darstellte,
kann als die niedrigste und brutalste Stufe des Sozialismus bezeichnet
werden. Die sowjetische Revolution stellt innerhalb des Sozialismus eine
Abweichung dar, die mit folgenden Spezifika charakterisiert werden kann:
in ideologischer Hinsicht ein Abrutschen in den Dogmatismus, Vulgärmaterialismus
und großrussichen Chauvinismus; in politischer Hinsicht die Schaffung
eines extremen Zentralismus, das Einfrieren des demokratischen Klassenkampfes
und das Erheben der Staatsinteressen zum alleinigen Bestimmungsfaktor;
in sozialer Hinsicht die Einschräkung des freien und demokratischen
Lebens der Gesellschaft und des Individuums; in ökonomischer Hinsicht
die Dominanz des Staatssektors und das Nichtüberwenden einer dem Ausland
nacheifernden Konsumgesellschaft; in militärischer Hinsicht schließlich
die Erhebung der Armee und der Rüstung gegenüber allen anderen
Bereichen. Diese Abweichung, die sich in den sechziger Jahren immer deutlicher
zeigte, brachte das sowjetische System in einen Zustand der völligen
Stagnation. Im Inneren konnte es sich nicht erneuern oder Neues hervorbringen,
im Ausland hingegen hat es alle revolutionären und fortschrittlichen
Ansätze und Bewegungen an sich gebunden und sich so in eine Ausweglosigkeit
gebracht. Da diese Stagnation nicht durch ein kreatives Herangehen an den
Sozialismus überwunden werden konnte, führte dies in Verbindung
mit reaktionären Strömungen von innen und außen zur Auflösung
und zum Zerfall des sowjetischen Systems.
Obwohl das Zugrundegehen des sowjetischen Systems nicht ein gewünschter
Weg war, ist jedoch die Stagnation der Weltlage eben dadurch überwunden
worden. Dadurch bieten sich für die Entwicklung des Sozialismus und
der Revolutionen neue Möglichkeiten. In theoretischer und praktischer
Hinsicht konnte sich der Sozialismus von den Übergriffen der Sowjetunion
befreien und so in die Phase der freien gedanklichen und praktischen Entwicklung
eintreten. Diese Phase wird die Reifephase des Sozialismus darstellen,
gekennzeichnet durch eine schöpferische und wissenschaftliche Herangehensweise.
Der Sozialismus ist eine Ideologie, deren Wurzeln in der Menschheitsgeschichte
in den Kämpfen aller Unterdrückten und Ausgebeutenen, aller Plebejer
und Sklaven gründet. Jede geschichtliche Phase hatte ihren spezifischen
gesellschaftlichen Kampf. In fast jeder Religion können emanzipatorische
Tendenzen gefunden werden. Verbunden mit dem wissenschaftlichen Fortschritt
in der kapitalistischen Periode hat auch der Sozialismus in dieser Zeit
seine wissenschaftliche Ausformung erlangt. Die Befreiung einer solchen
Ideologie von den engen Grenzen eines Staates und seiner festen Hegemonie
eröffnete den Weg zu einer kreativen und wissenschaftlichen Entwicklung.
Unsere Partei, die sich die schöpferische und wissenschaftliche
Anwendung des Sozialismus zur Grundlage nimmt, trägt mit neuen Interpretationen
bezüglich des Sozialismus einem gewichtigen Teil zur Entfaltung der
Reifeperiode des Sozialismus bei. Das Sozialismusverständnis unserer
Partei und der Sozialismus, der in unserer Partei verwirklicht ist, ist
eine der am weitesten entwickelten Formen des Sozialismus auf der Welt.
Sozialismus ist die freieste Bestimmung der Beziehung des Menschen zu der
Gesellschaft, die Gegnerschaft zu jeglicher Form von Autorität, die
sich von der Gesellschaftlichen Realität trennt und sich über
sie stellt, um sie zu unterdrücken und auszubeuten. Sozialismus hat
im Bereich der Wissenschaften und der Produktion so viel zu nehmen, wie
der Gesellschaft zurückgegeben werden kann. Der Sozialismus ist ein
Problem der Qualität und der Sozialisation des Menschen. Im Sozialismus
ist die ausgewogene gesellschaftliche Entwicklung des Menschen von grundlegender
Bedeutung. Der Sozialismus ist jene Ideologie, die sich am stärksten
für den Menschen interessiert, Dogmen ablehnt und die Möglichkeit
bietet, alle Aspekte des menschlichen Wesens zu umfassen. Sozialismus bedeutet
Arbeit; bedeutet, Theorie, Taktik, Mensch sein, und weiter die Realisierung
des größten Anspruchs, nämlich die Unabhängigkeit
eines Menschen, seine Selbstverwirklichung.
Mit einem solchen Verständnis des Sozialismus läßt
sich die Repräsentation der Führung, jene der Partei, des Volkes
und der Demokratie ausgezeichnet gestalten. In unserer Parteirealität,
die dies zur Grundlage nimmt, wurde ein Menschsein in der Art geschaffen,
in dem der Mensch aus seinem Zustand des heillosen Durcheinanders allmählich
zu einem Zustand des Wachsens und der Problemlösungsfähigkeit
gelangt; es wurde eine leitende militante Persönlichkeit entwickelt,
der große Selbstbeherrschung zu eigen ist, die sich bemüht,
großen Führungspersönlichkeiten ähnlich zu werden,
die sich selbst wieder Vorbilder aus der Geschichte des Mittleren Ostens
nehmen. Eine Persönlichkeit, die mit großer Voraussicht, großem
Verständnis, mit großer Anstrengung und Entschlossenheit jede
Schwierigkeit zu überwinden sucht und Negatives zu Positivem verwandelt;
eine Persönlichkeit, die unter allen Bedingungen mit ihrer starken
Willenskraft Faszination ausübt und die für den Entwicklungskampf
der Menschheit, ohne persönliche Vorteile für sich zu wollen,
sogar ihr Leben hingebt. Diese neue sozialistische Persönlichkeit
und die sozialistische Ethik, die von unserer Partei entworfen wurde, werden
in der Reifezeit des Sozialismus sein grundlegender Maßtab werden.
Im Namen des Sozialismus wurden ein Verständnis und eine Haltung
geschaffen, die diesen von seiner Spezifität entfernte und zu einer
dem Kapitalismus ähnlichen Individualitätssucht führte.
Repräsentant dieses Verständnisses war die Sowjetunion; mit dem
Niedergang der von ihr hervorgebrachten klassischen kommunistischen Parteien
und mit dem Zerfall der Sowjetunion selbst ist eine neue Weltlage eingetreten.
Diese neue Weltlage, in der das Zweiblocksystem aufgehoben ist, kann in
kurzen Zügen wie folgt charakterisiert werden:
a) Die mit dem Zerfall der Sowjetunion einhergegangene Abkehr vom Sozialismus
verlangsamt sich allmählich, und die diskussion um eine wissenschaftliche
sozialistische Weltanalyse und um die schöpferischen Begriffe des
Sozialismus belebt sich. Auf diese Weise entwickelt sich innerhalb des
Sozialismus neues Leben und eine Phase der vielen Richtungen. Gleichwohl
die Regierungen einiger Länder an der Entwicklung einer sozialistischen
Richtung arbeiten, ist der Sozialismus weltweit noch keine wirksame politische
Macht. Während der Sozialismus eine Phase der erneuten Diskussion
erlebt, formieren sich in ideologischer Hinsicht revisionistische Tendenzen
und Ansätze, die eng-nationalistisch und dogmatisch fanatisch sind
und gegenüber den Problemen der Menschheit und der Bürokratie
von Verantwortungslosigkeit gekenzeichnet sind.
b) Mit dem Zerfall der Sowjetunion ist das Anliegen der klassenbezogenen
und der nationalen Befreiung wie auch das wahre Verständnis von Freiheit
und Gleichheit noch mehr ans Tageslicht gerückt worden. Auf basis
dessen und indem die in einem Kolonialstatus lebenden Nationen den nationalen
Befreiungskampf aktivieren, wenden die unterdrückten nationalen Ethnien
sich noch mehr ihrem Freiheitswillen zu. Diese Entwicklungen, die als `regionale
oder lokale Probleme' bezeichnet werden, sind weltweit zu konstatieren.
Diese Art von Freiheitswillen und Kämpfen, die sich auf dieser Basis
entfalten, widerstreben den Plänen der imperialistischen Staaten und
spielen, sofern sie nicht in einen engen Nationalismus verfallen, eine
wichtige Rolle in der revolutionären Entwicklung.
Bei dieser Art von Kämpfen kommt es auch vor, daß die Führung
von religiösen Ideologien übernommen wird. Besonders im Mittleren
Osten ist in den letzten Jahren das Aufkommen und das Aktivwerden einer
neuen islamischen Bewegung zu konstatieren. Diese Strömungen, die
unter anderen daraus Nutzen ziehen, daß in dieser Gegend der Sozialismus
bezüglich der herrschenden Bedingungen seit siebzig Jahren falsch
angewendet wurde, haben eine gewisse historische und soziale Basis und
eine spezifische politische Bedeutung. Wenn diese Strömungen den revolutionären
und emanzipatorischen Aspekt der Religion als grundlegend betrachten und
wenn sie eine aufrechte Haltung gegen den Imperialismus und dessen reaktionäre
lokale Helfer einehmen, können sie innerhalb der revolutionären
Entwicklung eine bestimmte Rolle spielen.
c) Obwohl jene Staaten, die den Sowjetblock gebildet hatten, zerfallen
sind, ist in Ost-Europa und in den Gebieten der alten Sowjetunion noch
keine richtige Ordnung oder Konsolidierung entstanden. Die ständigen
Kämpfe im Kaukasus und auf dem Balkan verstärken auch die Widersprüche
zwischen den imperialistischen Staaten. Die Bevölkerung oben angeführter
Länder, die vom psychologischen Propagandakrieg des imperialistischen
Blocks betrogen wurde uns sich so zum Kapitalismus hin verleiten ließ,
sieht nun dessen Realitäten, wendet sich wieder dem Sozialismus zu
und will ihre sozialen Errungenschaften von früher verteidigen. Es
ist noch immer unklar, welche Form die Entwicklungen in Rußland annehmen
werden; zur selben Zeit erhält Rußland seinen Status als Weltmacht
aufrecht.
d) Der Zerfall des Sowjetblocks hat die Probleme dieser Länder,
die dem Sozialismus zugeschrieben wurden, auf das imperialistische System
übertragen. Dies führt nun dazu, daß sich die Widersprüche
des Kapitalismus mehren und dessen wahren Antlitz noch klarer hervortritt.
Propaganda der Art wie `der Sozialismus ist tot, das beste System ist das
unsere' ist zu ihrem Ende, und es wird immer schwieriger, die Massen auf
solche Weise zu täuschen. Die Anstrengungen, die kapitalistische Ordnung
vorwärts zu treiben, indem man sich auf kulturellem Gebiet entwickelnde
Degenerierung stützt, haben zu einem vollständigen Chaos geführt.
Die enge Einheit unter den Imperialistischen Staaten, die sich auf
die gemeinsame Angst vor dem Sozialismus gründete, wird nunmehr schwächer.
Im Weltmaßstab zeigen sich allmählich vielgestaltige Widersprüche
auch unter den imperialistischen Staaten.
Unter den Aktuellen Verhältnissen wird daran gegangen, jene ökonomischen
und demokratischen Rechte nach und nach zurückzunehmen, die der Bevölkerung
der kapitalistischen Staaten, als Ausgleich zu jenen sozialen Errungenschaften
des Sowjetblocks, zuerkannt wurden. Zusammen mit der wirtschaftlichen Ausbeutung
steigt allmählich auch der Druck des Polizeistaates. Nukleare Bedrohung,
Umweltverschmutzung, vermehrt auftretende ansteckende Krankheiten und anderes
mehr gefährden das Leben der Menschen und der Gesellschaft. Die Zerstörung
der Natur und die Zerrüttung des natürlichen gesellschaftlichen
Gleichgewichts seitens des kapitalistisch-imperialistischen Systems bringt
die Menschheit in eine neue und ernste Gefahrensituation. Dieser Umstand,
der nicht nur die Zukunft der Gesellschaften, sondern noch algemeiner jene
der gesamten Menschheit betrifft, zeigt deutlich, in welches für die
Menschheit zerstörerische System sich der Kapitalismus entwickelt
hat und welche tiefen Widersprüche zwischen dem Kapitalismus und Imperialismus
und der Menschheit existieren.
All diese Widersprüche, in denen Kapitalismus und Imperialismus
verstrickt sind, machen deutlich, daß sie sich in ihrem Inneren nicht
konsolidieren können, und führen dazu, daß die werktätigen
Massen verschiedene Formen ihres demokratischen Kampfes entwickeln werden.
e) Nach dem Zerfall des Sowjetblocks machten sich die USA daran, unter
dem Begriff der `Neuen Weltordnung' alle Regionen dieser Welt unter ihre
Kontrolle zu bringen. Dieses Bemühen um Hegemonie drückt einen
Widerspruch zu jenen Ländern aus, die im System der zwei Blöcke
eine teilweise Unabhängigkeit vom Imperialismus erringen konnten.
Dieser Widerspruch scheint sich zukünftig in verschiedenen Formen
zu manifestieren und den Imperialismus in gewissen Maß herauszufordern.
Die Archillesferse, den Schwachpunkt des imperialistischen Systems,
bilden die neuen kolonialisierten Länder. Diese Länder sind Regionen,
in denen Unterdrückung und Ausbeutung am intensivsten ausgeübt
werden und permanent eine ökonomische, soziale und politische Krise
besteht. Inmitten der schweren Ausbeutung und Plünderung, auf die
sich der Imperialismus und die mit ihm zusammenarbeitende lokale Bourgeoisie
stützen, sowie unter dem Druck der Spezialkriegsregimes sind die dort
lebenden Völker in eine Lage gekommen, die kaum noch zu ertragen ist.
Der Imperialismus kann unter den aktuellen Verhältnissen den neuen
Kolonialismus nicht mehr ohne Schwierigkeiten aufrechterhalten und kann
auch keine seinen Wünschen entsprechende Lösung hervorbringen,
da er schon alle möglichen Methoden versucht hat. Die aktuelle Krisensituation
in den neuen Kolonialländern zeigt, daß die objektiven Voraussetzungen
für eine Revolution eben dort gereift sind. Wenn unter diesen Umständen
die subjektiven Voraussetzungen ein Mindestmaß erreichen, dann öffnet
sich der Weg für die Erhebung von revolutionären Bewegungen.
Unter den herrschenden Voraussetzungen sind es jene Länder, in denen
die revolutionäre Entwicklung am intensivsten sein wird.
f) In der heutigen Welt verköpern die Frauen eine der stärksten
gesellschaftlichen revolutionären dynamischen Kräfte. Die Unterwerfung
der Frauen, die mit dem Übergang zur Klassengesellschaft begonnen
hat, konnte auch im kapitalistischen System nicht überwunden werden,
sie wurde nur mit feineren Methoden fortgeführt und verlor nichts
von ihrer zerstörischen Eigenschaft. Das kapitalistisch-imperialistische
System unterzieht in seinen Zentren die Frauen einer schweren Ausbeutung
und macht sie zu Waren. In den abhängigen Ländern hingegen wird
die Unterwerfung der Frauen systematisch weitergeführt, indem sie
der schwersten Unterdrückung und Ausbeutung unterworfen sind. Man
kann auch nicht behaupten, daß sich in der zurückliegenden Zeit
der Sozialismus in ausreichender Weise mit dem Problemen der Frauen auseinandergesetzt
oder daß der sowjetische Sozialismus diesbezüglich die kleinbürgerlichen
Einstellungen überwunden hat.
Die Frauen erleben ganz besonders und in vielfachem Maße gesellschaftliche
Ungleichheit, Unterdrückung und Ausbeutung. In unserer heutigen Welt
werden Frauen fast überall einer zweifachen Unterdrückung und
Ausbeutung unterzogen. Aus diesem Grund stellen sie auch jene geselschaftliche
Gruppe dar, die am stärksten der Gleichheit und Freiheit bedarf. Gleichzeitig
nimmt der Befreiungskampf der Frauen aus ihrer Unterwerfung im Rahmen der
Entwicklung der Gesellschaftlichen Freiheit und Gleichheit eine der grundlegendsten
Rollen ein. Wenn die Unterdrückung und Ausbeutung der Frau aufgehoben
und sie befreit ist, dann wird dies im wahren Sinn die Entwicklung von
Gesellschaftlicher Gleichheit und Freiheit sichern. Unsere Partei hat in
ihrer Praxis gezeigt, welch tiefgreifend revolutionäre Dynamik die
Frauen besitzen und welch grundlegende Rolle dem Befreiungskampf der Frauen
innerhalb der revolutionären Entwicklung der Gesellschaft zukommt.
Deshalb wird auch die Frauenfrage eines jener Problemfelder sein, die den
Sozialismus in seiner Reifeperiode am stärksten zu interessieren hat.
Gleichfalls besitzt die schöpferische und wissenschaftliche Herangehensweise
an den Sozialismus die Eigenheit, das große revolutioäre Potential
der Frauen zu aktivieren.
g) Das theoretische und praktische Fundament, das die sich durch die
ganze Geschichte hindurchziehenden großen revolutionären Fortschritte
geschaffen haben und die vielfältigen Widersprüche, in denen
sich unsere Welt zur Zeit befindet, zeigen, daß die Voraussetzungen
für eine revolutionäre Entwicklung günstig steht. Unter
diesen Voraussetzungen ist es möglich - aufbauend auf den nationalen,
klassenspezifischen, geschlechterspezifischen, umweltspezifischen und anderen
Widersprüchen -, eine revolutionäre Entwicklung einzuleiten.
Die Wissenschaftliche und schöpferische Herangehensweise an den Sozialismus
ist imstande, eine solche revolutionäre Entwicklung zu schaffen und
anzuführen. |