junge Welt, 19.05.2006 Verhandlung gegen Pinar Selek vertagt Erwartete Urteilsverkündung gegen türkische Friedensaktivistin auf den 26. Mai verschoben Nick Brauns Im Prozeß gegen die türkische Soziologin Pinar Selek wegen eines angeblichen PKK-Bombenanschlags blieb die erwartete Urteilsverkündung vor dem 12. Schweren Strafgericht in Istanbul-Besiktas am Mittwoch aus. Obwohl mehrere Gutachten bestätigen, daß eine defekte Gasleitung und keine Bombe Ursache einer Explosion in einem Istanbuler Basar 1998 war, hatte die Staatsanwaltschaft eine lebenslange erschwerte Haftstrafe für Selek gefordert. Dem türkischen Justizministerium ist die antimilitaristische Arbeit der feministisch orientierten Soziologin ein Dorn im Auge. In ihren Verteidigungsreden legten Pinars Anwälte erneut dar, daß es keine Beweise für eine Täterschaft gibt und sämtliche Aussagen unter Folter und Zwang gemacht wurden. Zahlreiche Pressevertreter, Aktivistinnen von Frauenorganisationen aus der Türkei und Deutschland sowie türkische und kurdische Intellektuelle waren als Prozeßbeobachter anwesend. Vor dem streng bewachten Gerichtsgebäude wurde der Chefredakteur der prokurdischen Tageszeitung Ülkede Özgür Gündem, Hüseyin Aykol, ohne Angabe von Gründen festgenommen. Die Verhandlung wurde auf den 26. Mai 2006 vertagt. An diesem Tag werden die Anwälte von Pinar Selek ihre Plädoyers halten. Vertagt auf den 21. Juni wurde diese Woche auch ein Prozeß gegen die Vorsitzende des Frauenberatungszentrums SELIS in Diyarbakir, Hacire Özdemir. Özdemir war nach den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Diyarbakir am 6. April diesen Jahres unter dem Vorwurf der Unterstützung der PKK verhaftet worden, nachdem eine Antiterroreinheit der Polizei ihr Geschäft durchsucht und dabei Unterschriftenlisten der Kampagne »Abdullah Öcalan repräsentiert meinen politischen Willen« gefunden hatte. Die junge Frau bestreitet, solche Listen ausgelegt zu haben. Am ersten Verhandlungstag am Dienstag wurde Özdemir vorläufig aus der Haft entlassen.
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