Der
wöchentliche Bericht des „Kurdischen Volksrates“ in Syrien
Die Regierung der
Türkei lässt zurzeit keinen Versuch aus, auf sämtlichen Ebenen ihre Politik,
die sich gegen die Sehnsucht und Hoffnungen der kurdischen Bevölkerung
in Westkurdistan [den kurdischen Provinzen in Syrien] richtet, abzusichern
und durchzusetzen. In diesem Rahmen arbeitet sie auf der diplomatischen,
der propagandistischen und der operationellen Ebene, um die Einigung der
kurdischen politischen Akteure gemäß der „Erklärung von Hewler“ (die sowohl
vom „Kurdischen Volksrat“ (TEV-DEM) in Syrien, als auch vom „Kurdischen
Nationalrat“ (ENKS), unter der Schirmherrschaft des Präsidenten von Südkurdistan
/ Nordirak, Masud Barzani, ratifiziert wurde und u. a. die Bildung des
„Kurdischen Hohen Rates“ zur Folge hatte) zu unterwandern.
Darüber hinaus droht die Türkei mit einer Invasion in Westkurdistan und
trägt zudem wesentlich zur Mobilisierung und Schulung desjenigen Teils
der syrischen Opposition bei, der von der „Freien Syrischen Armee“ dominiert
wird – und sich gegen die Sehnsucht der kurdischen Bevölkerung richtet,
ihre legitimen Rechte durchzusetzen und zu entwickeln. Ein solches Vorgehen
ist u. a. auch eine Folge der Besuche der US-amerikanischen Außenministerin
Hillary Clinton in der Türkei.
Eine Zusammenkunft
des „Kurdischen Volksrates“ war unter anderem deshalb notwendig. Als Ergebnis
des Treffens wurden folgende Beschlüsse getroffen und/oder bekräftigt:
Unsere Hauptaufgabe
ist es, den „Kurdischen Hohen Rat“ – der unsere gemeinsame politische
Plattform darstellt – abzusichern und zu schützen
Die Rechte der kurdischen Bevölkerung mit allen Mitteln zu schützen
Wir fühlen uns der „Erklärung von Hewler“ und ihren Prinzipien verpflichtet,
da sie eine Garantie für die Entwicklung und Einhaltung der Rechte der
kurdischen Bevölkerung in einer gemeinsamen Zukunft Syriens bedeutet
Wir sind bereit mit allen demokratischen Organisationen zu kooperieren
und in den Dialog zu treten, die im Interesse der syrischen Bevölkerung
arbeiten – und insbesondere auch die Interessen der kurdischen Bevölkerung
respektieren
Wir werden nicht zulassen, dass ein politischer Akteur die Sicherheit
unserer Region bedroht oder sabotiert
Das Projekt der „Demokratischen Selbstverwaltung“ wird mittlerweile sehr
erfolgreich in die Realität umgesetzt. Wir werden sämtliche Einrichtungen
dieser Selbstverwaltung in den kurdisch dominierten Regionen schützen
und nicht zulassen, dass diese oder andere öffentliche Einrichtungen zerstört
werden
Der „Ständige Rat“
des „Kurdischen Volksrats“ in Westkurdistan
Unter dem Motto „Gemeinsam
unsere Region autonom verwalten“ fand die zweite Tagung des „Ständigen
Rates“ des „Kurdischen Volksrates“ statt.
63 Mitglieder nahmen
am zweiten Treffen des „Ständigen Rates“ des TEV-DEM in Derbasyie teil.
Darunter befanden sich, neben den beiden geschlechterquotierten Vorsitzenden
des TEV-DEM, Vorsitzende lokaler Räte, die zwei geschlechterquotierten
Vorsitzenden der Partei der Demokratischen Einheit PYD und viele weitere
Mitglieder des Rates. Wegen der angespannten Lage in Heleb (Aleppo) und
Efrîn (Afrin) sowie anhaltenden Gefechten zwischen der „Freien Syrischen
Armee“ und den Regierungstruppen Assads, konnten mehrere Mitglieder des
TEV-DEM jedoch leider nicht an der Tagung teilnehmen.
Schwerpunkte der Diskussion waren u. a. Aspekte der Organisierung der
Selbstverwaltung in den letzten Monaten, die zukünftige Vermeidung bisheriger
Fehler sowie die Frage, wie es möglich wird, finanziellen und materiellen
Notstand zu überwinden.
In respektvoller Atmosphäre
wurde Kritik geübt, diskutiert und beschlossen. Zudem riefen die TeilnehmerInnen
dazu auf, ein Gremium zu bilden, dass sich intensiv mit der momentanen
Situation in Westkurdistan, wie auch im gesamten Syrien auseinandersetzt
um den daraus folgenden Anforderungen gerecht werden zu können. Die TeilnehmerInnen
betonten, dass sie fortfahren werden, das Projekt der „Demokratischen
Selbstverwaltung“ umzusetzen und weiter zu entwickeln, dessen positive
Auswirkungen in einigen Städten Westkurdistans bereits im täglichen Leben
spürbar sind.
Weiterhin verlasen VertreterInnen unterschiedlicher Komitees, die seitens
des Kurdischen Volksrat ins Leben gerufen worden waren ihre Berichte:
Das Komitee für rechtliche
Fragen und Justiz berichtete, dass monatlich jeweils mehr als 300 „soziale“
Auseinandersetzungen und Probleme gelöst werden konnten.
Zudem wurde ein Ausbildungsprogramm gestartet, das durch ständige Diskussion
und Supervision verbessert wird. Insbesondere Fragen der Verbesserung
der Schlichtungs- und Mediationsmethoden, wie auch der Gewinnung neuen
Personals und der Eröffnung neuer Ausbildungszentren in diesem Bereich
wurden erörtert.
Das muttersprachliche Komitee hat beschlossen, dass die kurdische Sprache
zukünftig in sämtlichen Lebensbereichen gesprochen werden soll. Zudem
sollen Sprachkurse formal vereinheitlicht und LehrerInnen zusätzlich in
kurdischer Geographie ausgebildet werden.
Auch die Komitees für „Gesundheit“, „Umwelt“, „Statistische Erhebungen“,
„Soziale Sicherheit“, „Religion“, sowie „der Familien, die Angehörige
verloren haben“ berichteten von ihrer Arbeit, ihren Vorstellungen für
zukünftige Entwicklungen und der Verbesserung der eigenen Praxis.
Der „Ständige Rat“
des „Kurdischen Volksrates“ beriet die vorgetragenen Aspekte und entwickelte
in vielen Arbeitsbereichen Perspektiven und Lösungsvorschläge.
Der Ausschluss von
Männern mit zwei Ehefrauen aus dem „Kurdischen Volksrat“
Die wichtigste Entscheidung der Tagung des „Kurdischen Volksrates“ war,
dass die Mitgliedschaft von denjenigen Männern, die mit zwei Ehefrauen
verheiratet sind oder das anstreben, ruht. Diese Entscheidung wurde auf
Antrag des Frauenkomitees getroffen. Das Frauenkomitee betonte, dass durch
eine solche Verfahrensweise sichergestellt werden solle, dass Frauen in
sämtlichen Lebensbereichen Männern gleichgestellt werden.
Das Frauenkomitee berichtete, dass dessen Arbeit momentan hauptsächlich
auf die Eröffnung von Frauenbildungszentren in mehreren Städten konzentriert
ist.
Das Komitee für Öffentlichkeitsarbeit und das Komitee für Wirtschaft gaben
den Impuls zu einer Diskussion über wirtschaftliche Maßnahmen und Mechanismen,
mit deren Hilfe die wirtschaftliche Benachteiligung und Armut in der Region,
insbesondere in der jetzigen Übergangsperiode, überwunden werden können.
Ein Resultat der Eingaben dieser beiden Komitees war, dass es Treffen
mit religiösen Gruppen geben soll, um einen Konsens mit all denjenigen
zu finden, die die Prinzipien der „Demokratischen Selbstverwaltung“ nicht
negieren und bekämpfen.
„Asayish“ (Sicherheitskräfte)
– ein neuer Begriff in Westkurdistan
Im „Ständigen Rat“ wurde beschlossen, die bisherigen zivilen Sicherheitseinheiten
durch Polizeikräfte, Sicherheitskräfte und einen Geheimdienst zu ersetzen.
Deren Arbeit soll umfassen, in den Regionen der „Demokratischen Selbstverwaltung“
die Ordnung aufrecht zu erhalten, den Straßenverkehr zu regeln, und die
Sicherheit der dort lebenden Menschen zu schützen.
Die Mitglieder der Versammlung trafen eine Vielzahl weiterer Entscheidungen.
Eine davon ist, dass die Präsidialebene des „Kurdischen Volksrates“ künftig
berechtigt wird, mit internationalen, regionalen und nationalen Akteuren
in den Dialog zu treten und zu verhandeln, um die besten Wege zu finden,
die kurdische Frage in Westkurdistan auf konstruktive Weise zu lösen –
und eine über die Ratifizierung der „Erklärung von Hewler“ hinausgehende
Zusammenarbeit zwischen dem „Kurdischen Nationalrat“ und dem „Kurdischen
Volksrat“ in die Wege zu leiten.
„Gemeinsam die autonomen
Regionen verwalten“
Das Thema der nächsten Periode wurde „Gemeinsam die autonomen Regionen
verwalten“ benannt. Die Mitglieder fühlen sich der „Revolution der Freiheit“
in Westkurdistan verbunden und werden weiterhin intensiv daran arbeiten,
u. a. die demokratischen und rechtlichen Errungenschaften der Bevölkerung
zu schützen und zu entwickeln und versuchen weitere Städte in die „Demokratische
Selbstverwaltung“ einzubeziehen.
Erklärung der SprecherInnen
des „Kurdischen Hohen Rates“
In Qamişlo (Qamischli) trafen sich das „Gemischte Komitee“, das „Sicherheitskomitee“,
das „Komitee für öffentliche Angelegenheiten“ sowie das „Komitee für nationale
und internationale Beziehungen“ des „Hohen kurdischen Rates“ zu einem
ersten gemeinsamen Beratungstreffen, um Grundlinien für die zukünftige
Zusammenarbeit und deren Supervision/Selbstreflexion zu diskutieren.
Die TeilnehmerInnen sprachen sich für eine intensivere, gemeinsam koordinierte
Zusammenarbeit aus. Sie betonten, dass die Kooperation von- und die Koordination
der unterschiedlichen Interessensgruppen und Akteuren in der kurdischen
Region notwendig ist, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten,
die Stabilität aufrecht zu erhalten und die Gesellschaft mit grundlegenden
Dienstleistungen versorgen zu können.
Ahmed Sulaiman: Sprecher
des „KurdischenHohen Rates“
Sprecher des Kurdischen Hohen Rates
Freitag, 17.8.2012
Massendemonstration für die Rechte der kurdischen Bevölkerung in Qamishlo
Am Freitag demonstrierten mehrere zehntausend Menschen in Qamislo für
die Rechte der kurdischen Bevölkerung in Syrien (Westkurdistan). Der „Kurdische
Hohe Rat“ hatte zum „Freitag der Rechte der kurdischen Bevölkerung“ aufgerufen.
An den Demonstrationen nahmen sämtliche Organisationen, Parteien sowie
Gewerkschaften teil, die im „im „Kurdischen Nationalrat“ und im „Kurdischen
Volksrat“ organisiert sind.
Begonnen wurde die Demonstration mit einer Schweigeminute und darauf folgend
der kurdischen Nationalhymne „Ay Reqib“. Viele TeilnehmerInnen trugen
Fahnen in den kurdischen Farben Grün, Gelb und Rot. Sie forderten die
Einhaltung und Umsetzung der legitimen Rechte der kurdischen Bevölkerung,
die auf dem Land ihrer Ahnen lebt, sprachen sich für eigene Sicherheitseinheiten
aus und forderten die Ablösung des Assad-Regimes, das großes Unrecht begangen
habe, auf demokratischen Weg ohne ausländische Einmischung.
In der Region Efrîn wählte die Bevölkerung im Dorf Demlia eine „Demokratische
Selbstverwaltung“. Von 35 Menschen die kandidierten wurden 15 in den Rat
gewählt.
Auch in der Türkei (Nordkurdistan) finden derzeit in vielen Städten und
Orten Demonstrationen statt, in deren Verlauf die Bevölkerung ihre Solidarität
mit der würdevollen Revolution der kurdischen Bevölkerung in Syrien (Westkurdistan)
zum Ausdruck bringt und deren Forderung nach Selbstbestimmung unterstützt.
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