Tausende protestieren in Semdinli

In der Kreisstadt Semdinli haben ca. 5000 Menschen mit Kerzen und Fackeln Gerechtigkeit und eine Verurteilung der Täter der Bombenanschläge gefordert. Auf einem Protestzug zum Regierungsgebäude riefen Tausende „Gouverneur, tritt zurück“ und „PKK ist das Volk und das Volk ist hier“. Auf Transparenten war zu lesen „Wir suchen die Gerechtigkeit mit Kerzen“ und „Ein Überläufer im Gefängnis, aber wo sind die eigentlichen Schuldigen?“. In einer Ansprache erklärte ein Vertreter der „Volksinitiative Semdinli“, es sei unverständlich, dass die Verantwortlichen für den Bombenanschlag freigelassen wurden, nachdem sie von der Bevölkerung direkt nach der Tat gestellt wurden. „Die Bevölkerung ist beunruhigt, weil der Vorfall aller Beweise zum Trotz vertuscht werden soll“. Die Menschen von Semdinli erwarteten, dass die auf frischer Tat ertappten Täter unabhängig ihres militärischen Ranges bestraft würden. „Es wird versucht, die Schuld nur einem Überläufer zuzuschieben. Der Einsatz des Generalstabs für die auf frischer Tat ertappten Täter noch während der Ermittlungen hat die Bevölkerung erschüttert. Als Bevölkerung von Semdinli werden wir nicht locker lassen und unsere Forderungen weiter auf demokratischem Weg zum Ausdruck bringen, bis eine zufrieden stellende Erklärung der Regierung erfolgt“. Für die ganze Woche sind jeweils um 16 Uhr Demonstrationen geplant.

Schülerdemonstration

Auf einer Schülerdemonstration am Montag forderten Gymnasiasten die Aufklärung der Vorfälle. Die Schulen waren erstmalig wieder geöffnet. Während viele Eltern ihre kleineren Kinder aus Sicherheitsgründen nicht in die Schule schickten, boykottierten SchülerInnen des „Gymnasium der Republik“ den Unterricht und erklärten, sie wollten nicht im Schatten von Bombenanschlägen unterrichtet werden. „Hier ist Susurluk, wo ist der Staat“ skandierten die DemonstrantInnen auf dem Weg ins Stadtzentrum.

Im Namen der SchülerInnen kündigte Fahretin C. an, der Boykott werde fortgesetzt, bis die Vorfälle aufgeklärt seien. Weiterhin kritisierte er die mangelnden Bildungsmöglichkeiten in Semdinli und Umgebung. „Wir müssen durch die gleichen Aufnahmeprüfungen für die Universität wie Schüler in Izmir, Istanbul oder Ankara, denen ein viel höheres Bildungsniveau ermöglicht wird. Mit diesem Bildungssystem werden wir natürlich immer die Letzten sein“.

Die Unruhen in Semdinli dauern zur Stunde weiter an. Auch in anderen Städten der Türkei kam es am Wochenende zu Protesten, die teilweise von der Polizei angegriffen wurden.

Quelle: DIHA, 13./14.11.2005, ISKU

Übersetzung aus dem Türkischen
ISKU | Informationsstelle Kurdistan